Die strafbefreiende Selbstanzeige – Teil 16 – Umfang der Sperrwirkung, Sperrwirkung bei Steuerverkürzung ab 25 000 Euro je Tat und bei Vorliegen eines besonders schweren Falles
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.6.3 Umfang der Sperrwirkung
Der Umfang der Sperrwirkung richtet sich einerseits nach personellen als auch sachlichen Gründen.
5.6.3.1 Persönlicher Umfang
Der persönliche Umfang des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO erfasst diejenigen Täter, denen nachgewiesen wird, dass sie mit der Entdeckung der Tat wahrscheinlich rechnen mussten. Die Person des Täters muss identifizierbar sein, denn nur für sie ist die strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen.
5.6.3.2 Sachlicher Umfang
Der sachliche Umfang der Sperrwirkung tritt nur hinsichtlich der Tat ein, hinsichtlich der der Täter entweder wusste oder hätte wissen müssen, dass die Tat teilweise oder vollständig aufgedeckt wird. Die Entdeckung der Tat muss für jede einzelne Steuerart und jeden einzelnen Besteuerungszeitraum einzeln beurteilt werden.
Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist also noch möglich, soweit der Amtsträger der Behörde bzw. Dritte lediglich Vorbereitungshandlungen der Steuerhinterziehung aufdeckt.
Beispiel
Der Unternehmer A hat für diverse Mitarbeiter im Jahre 2007 keine Lohnsteuer abgeführt. Der Betriebsprüfer stellt diesen Sachverhalt bei einer Lohnsteueraußenprüfung für das Jahr 2007 fest. A erstattet daraufhin eine Selbstanzeige wegen nicht erklärter Umsätze seines Geschäftsbetriebes im Jahr 2007.
- Die Selbstanzeige des A ist wirksam, auch wenn die nicht erklärten Umsätze den Zeitraum der Lohnsteuerprüfung betreffen. Denn eine Lohnsteueraußenprüfung sperrt nicht eine Selbstanzeige im Bereich der Umsatzsteuer, da beide eigenständige Steuerarten sind.
5.7 Sperrwirkung bei Steuerverkürzung ab 25 000 Euro je Tat (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 AO)
Die Selbstanzeige führt nicht zur Strafbefreiung, wenn die nach § 371 Abs. 1 AO verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25 000 Euro je Tat übersteigt.
§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO stellt auf die jeweilige Tat ab und nicht auf die unverjährten Steuerstraftaten wie § 371 Abs. 1 AO. Gemeint ist damit die Tat im materiellen Sinne, so dass nach Steuerart und Veranlagungszeitraum zu unterscheiden ist.
Die verkürzten Steuerbeträge mehrerer Jahre und Steuerarten werden nicht addiert. Steuerliche Nebenleistungen i.S.v. § 3 Abs. 4 AO bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt.
Beispiel
Der Steuerpflichtige A hat im Jahre 2007 Einkommensteuer in Höhe von 28 000 Euro und im Jahre 2008 in Höhe von 12 000 Euro hinterzogen.
- Die strafbefreiende Selbstanzeige für Einkommensteuer 2007 ist nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO gesperrt, nicht so die strafbefreiende Selbstanzeige für Einkommensteuer 2008. Allerdings kann A unter den Voraussetzungen des § 398a AO für die Einkommensteuer 2007 trotzdem noch Straffreiheit erlangen, wenn er den entsprechenden dort genannten Zuschlag von 10% zahlt.
5.8 Sperrwirkung bei Vorliegen eines besonders schweren Falles (§ 371 Abs. 2 Nr. 4 AO)
Nach § 371 Abs. 2 Nr. 4 AO tritt die Straffreiheit nicht ein, wenn einer der genannten besonders schweren Taten erfüllt ist.
Ein besonders schwerer Fall im Sinne der Vorschrift liegt vor, wenn
- der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht
- die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht
- unter Verwendung gefälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt
- oder als Bandenmitglied die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuerung verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die strafbefreiende Selbstanzeige“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2016