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Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 17 – Gefährdung der Abzugsteuer, Bannbruch, Wertzeichenfälschung, Schädigung des Umsatzsteueraufkommens

6.4 Gefährdung der Abzugsteuer, § 380 AO

§ 380 Absatz 1 AO bestimmt hinsichtlich der Gefährdung von Abzugsteuern:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig seiner Verpflichtung, Steuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen, nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt.

Der Tatbestand erfasst ausdrücklich nur Abzugssteuern, nicht eigene Steuern des Täters.(Fußnoten) Unter die Gefährdung der Abzugsteuer fällt z.B. das Einbehalten und Abführen von Lohnsteuerabzugsbeträgen gemäß der Regelungen zur Lohnsteuerzahlung durch den Arbeitgeber in §§ 38ff. EStG. Die Lohnsteuer stellt gleichzeitig den Hauptanwendungsfall der Vorschrift dar.(Fußnoten)

Die Tathandlung ist ein Verstoß gegen eine Doppelverpflichtung:

  • Die Verpflichtung, Steuerabzugsbeträge vollständig und rechtzeitig einzubehalten und
  • sie bis zum Fälligkeitstermin vollständig an das Finanzamt abzuführen.(Fußnoten)

Das Delikt ist ein Sonderdelikt, was bedeutet, dass Täter nur der unmittelbar Verpflichtete sowie sein gesetzlicher oder bestimmter Vertreter sein kann. Das heißt also, dass die Organe der juristischen Personen, wie auch schon bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO, die Steuerpflicht der juristischen Person über § 34 AO abgewälzt bekommen und deswegen Täter sein können. Als sogenanntes echtes Unterlassungsdelikt ist hier das Unterlassen der gebotenen Handlung bußgeldbewehrt, andere Handlungsformen unterfallen nicht dem § 380 AO.(Fußnoten)
Für § 380 AO besteht keine Möglichkeit, eine strafbefreiende Selbstanzeige zu erstatten.

6.5 Bannbruch, § 372 AO

Die Norm des Bannbruchs behandelt illegale Formen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs:

(1) Bannbruch begeht, wer Gegenstände entgegen einem Verbot einführt, ausführt oder durchführt.
(2) Der Täter wird nach § 370 Absatz 1, 2 bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften als Zuwiderhandlung gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht ist.

Die Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote dienen überwiegend nichtsteuerlichen, insbesondere

  • gesundheits-
  • sicherheits- und
  • wirtschaftspolitischen

Zwecken.(Fußnoten)

Der Zweck der Verbote ist für die Anwendung des § 372 AO gleichgültig, die Verbote können z.B. zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung oder Sicherheit bestehen, aber auch zum Schutze des gewerblichen und kommerziellen Eigentums.

Die Bedeutung des Begriffs Einfuhr bestimmt sich nach Ansicht der Rechtsprechung nicht einheitlich, sondern nach den jeweiligen Verbotsgesetzen.(Fußnoten) Im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts beispielsweise bedeutet Einfuhr bereits das Verbringen eines Betäubungsmittels aus dem Ausland über die Grenze in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland.(Fußnoten) Durchfuhr ist das Verbringen von Gegenständen, ohne dass diese Gegenstände in dem Gebiet, in dem die Durchfuhr stattfindet, in den freien Verkehr gelangen.(Fußnoten)

Diese Definitionen können jedoch auch weiter bzw. enger gezogen werden, was sich auf eine mögliche Strafbarkeit auswirkt. Während beispielsweise nach einem Verbotsgesetz die Einfuhr mit dem Betreten des deutschen Bodens schon vollzogen wurde, gibt es andere Verbotsgesetze, die die Einfuhr erst mit Passieren des zollrechtlichen Kontrollgebiets ansehen.

Für den Bannbruch kann keine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO erlangt werden.

6.6 Wertzeichenfälschung, § 148 StGB

Die Wertzeichenfälschung in § 148 StGB soll zum einen fiskale Interessen schützen, zum anderen aber auch sicherstellen, dass man sich auf die Echtheit von amtlichen Wertzeichen verlassen kann.(Fußnoten) Die Norm stellt mehrere Tathandlungen unter Strafe. Zunächst wird gemäß Absatz 1 Nr. 1 bestraft, wer Wertzeichen in der Absicht nachmacht, um sie dann als echt zu verwenden oder in den Verkehr zu bringen. Dem Nachmachen gleichgestellt ist zudem, ein Wertzeichen so zu verfälschen, dass der Anschein eines höheren Wertes hervorgerufen wird.
Für die Strafbarkeit ist die Vorstellung des Täters über die Amtlichkeit des Wertzeichens entscheidend: Er muss wissen, dass er Fälschungen herstellt, mit denen er den Eindruck erweckt, sie wären amtlich.(Fußnoten) Nach den Nummern 2 und 3 der Vorschrift wird derjenige bestraft, der die Gegenstände zwar nicht selbst nachmacht, sie sich aber verschafft und verwendet. Ebenfalls verboten ist es, bereits verwendete und entwertete Wertzeichen als zu gültig zu verwenden.

Tatgegenstand sind amtliche Wertzeichen. Amtlich sind Wertzeichen, die von staatlichen bzw. kommunalen Stellen, juristischen Personen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts herausgegeben oder zugelassen worden sind.(Fußnoten) Das sind Marken und ähnliche Zeichen, die Zahlung von Gebühren, Beiträgen oder sonstigen Beträgen vereinfachen, sicherstellen oder nachweisen sollen.(Fußnoten)

Beispiele dafür sind:

  • Steuerzeichen
  • Beitragsmarken der Sozialversicherung
  • Gerichtskostenmarken.(Fußnoten)

Postwertzeichen, also z.B. Briefmarken, sind nach der Postprivatisierung keine "amtlichen" Wertzeichen mehr und unterfallen damit nicht dem § 148 StGB.(Fußnoten)

6.7 Die Schädigung des Umsatzsteueraufkommens, § 26b UStG

§ 26b UStG ist eine speziell ausgestaltete Norm im Bereich der Umsatzsteuer und der Sicherung korrekter Anwendung von Vorsteuerabzugsmöglichkeiten. Die Ordnungswidrigkeit ist als Unterlassungsdelikt ausgestaltet, sanktioniert also die Untätigkeit des Täters:

Ordnungswidrig handelt, wer die in einer Rechnung im Sinne von § 14 ausgewiesene Umsatzsteuer zu einem in § 18 Absatz 1 Satz 4 oder Absatz 4 Satz 1 oder 2 genannten Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet.

Die Tathandlung besteht in dem nicht (vollständigen) Entrichten einer bereits erklärten Umsatzsteuer, die fällig geworden ist. Das in § 26b UStG normierte Unterlassungsdelikt sanktioniert nicht die fehlende Erklärung einer geschuldeten Umsatzteuer, sondern die fehlende Bezahlung einer zuvor bereits erklärten Steuer.(Fußnoten) Die Umsatzsteuerzahllast muss also bereits angemeldet worden sein. Daher unterfallen Leistungen ohne Rechnung nicht von vornherein der Norm, dies stellt mutmaßlich eine Steuerhinterziehung dar, sofern der Unternehmer den entsprechenden Umsatz nicht erklärt.(Fußnoten)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.


 

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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