Steuerberaterhaftung – Teil 18 – Mitverschulden
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
4.5 Mitverschulden
Der Haftungsanspruch des Mandanten kann unter Umständen gekürzt werden oder vollständig entfallen, wenn den Mandanten ein Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft.[1] Dies kommt in Betracht, wenn der Mandant etwas versäumt hat, das ausschließlich in den Bereich seiner Eigenverantwortung fällt.[2]
4.5.1 Informationsverpflichtung
Der Mandant hat die Pflicht, dem Steuerberater die für ihn notwendigen Unterlagen rechtzeitig und vollständig zu übergeben.[3] Der Mandant trägt damit die Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der übermittelten Informationen. Gegebenenfalls kann den Steuerberater eine Hinweispflicht treffen. Ändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse oder andere steuerrelevante Tatsachen des Mandanten, hat der Mandant den Steuerberater zu unterrichten.
4.5.2 Mitverschulden bei der Steuererklärung
Der Mandant muss sowohl die erklärungserheblichen Angaben für die Erstellung der Steuererklärung zur Verfügung stellen, als auch im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren eine weitgehende Überwachung des Steuerberaters vornehmen.[4] Die besondere Bedeutung der Steuererklärung wird dadurch deutlich, dass der Mandant die Versicherung abgeben muss, dass die Angaben nach besten Wissen und Gewissen gemacht wurden.
Die Prüfungspflicht des Mandanten umfasst
- Familienstand,
- Anzahl der Kinder und
- Zahlenangaben.[5]
Beispiel
Mandant A und Steuerberater B schließen einen Steuerberatervertrag über die Erstellung einer Steuererklärung. B unterläuft hierbei ein Fehler, sodass er die Entfernung zwischen der Wohnung des A und dessen Arbeitsstätte nicht mit 15 km, sondern mit 115 km angibt. Aufgrund dessen wird die Steuer durch das Finanzamt zu niedrig festgesetzt. Der Irrtum fällt auf, sodass das Finanzamt sowohl die noch ausstehende Steuer als auch Zinsen von A fordert.
- A wäre verpflichtet gewesen, die Zahlenangaben in seiner Steuererklärung zu prüfen. Dies hat er nicht getan, sodass ihn ein Mitverschulden daran trifft, dass die Steuer durch das Finanzamt zu niedrig bemessen wurde. Sein Schadensersatzanspruch wird um seinen Mitverschuldensanteil gekürzt.
Der Mandant ist nicht verpflichtet, die steuerlichen Bewertungen des Steuerberaters zu prüfen. Seine Prüfpflicht bezieht sich nur auf die Teile der Steuererklärung, die er aus eigener Kenntnis beurteilen kann.
4.5.3 Mitverschulden beim Buchführungsauftrag
Der Mandant hat bei einem Buchführungsauftrag mitzuwirken. Seine Mitwirkungspflicht bezieht sich auf
- das geordnete Vorhandensein von Belegen,
- die ordnungsgemäße Führung der Kasse und
- Buchungen in den Grundaufzeichnungen.[6]
Hierbei handelt es sich um buchungstechnische Vorgänge, deren Erledigung dem steuerlichen Laien zumutbar und möglich ist.[7] Der Mandant hat sich bereits bei Beginn seiner Tätigkeit über die steuerlichen Pflichten, insbesondere Aufzeichnungspflichten, die sein Beruf oder das Gewerbe mit sich bringen, zu informieren.
Beispiel
Steuerberater B wurde von Mandant A zur Buchführung beauftragt. Er weist A auf die umsatzsteuerlichen Anforderungen an eine Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) hin. A hält die Anforderungen nicht ein.
- B hat die Pflicht, im Rahmen der übernommenen Buchführungsarbeiten Eingangsrechnungen auf die Einhaltung der umsatzsteuerlichen Anforderungen zu überprüfen. Wird A auf die umsatzsteuerlichen Anforderungen hingewiesen und vernachlässigt er seine Pflicht, wird B nicht von der Haftung entbunden. Er kann sich allerdings auf ein Mitverschulden des A berufen.
4.5.4 Mitverschulden beim Beratungsauftrag
Grundsätzlich trifft den Mandanten kein Mitverschulden bei der fehlerhaften Beratung seines Steuerberaters. Er darf der Auskunft seines Steuerberaters vertrauen.[8] Eine Ausnahme besteht, wenn der Mandant nicht schutzwürdig ist.[9] Dies ist der Fall, wenn
- sein Vertrauen bereits erschüttert ist,
- erkennbare Risiken bestehen oder
- er weitere Erkundigung unterlassen hat.
Beispiel
Steuerberater B hat seinen Mandanten A vor einigen Monaten falsch beraten. Dies weiß A. A beauftragt ihn nun ein weiteres Mal, um hinsichtlich der möglichst steuergünstigen Umwandlung seines Unternehmens beraten zu werden. C, ein ehemaliger Mandant des B, warnt A vor der schlechten Beratung des B. A lässt sich dennoch von B beraten und folgt seinen Empfehlungen, wodurch ihm ein Schaden entsteht.
- B hat A bereits vor einigen Monaten falsch beraten, sodass das Vertrauen des A bereits erschüttert ist. Neben seiner eigenen schlechten Erfahrung wurde er zusätzlich von C gewarnt. Das Risiko einer Falschberatung ist daher erkennbar. Darüber hinaus handelt es sich bei der Umwandlung seines Unternehmens um einen wirtschaftlich bedeutsamen Vorgang. Dementsprechend hätte A der Beratung des B nicht blind vertrauen dürfen, sondern hätte diese kritisch betrachten und ggf. weitere Erkundigungen einholen müssen. Sein Schadensersatzanspruch gegenüber B ist um seinen Mitverschuldensanteil zu kürzen.
[1] Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 701.
[2] BGH, Urteil vom 18.01.2001, IX ZR 223/99.
[3] Carstens/Flick/von Loeper-Goez, Steuerberater-Handbuch, 2. Aufl. 2011, 805, S. 38.
[4] Vgl. BFH, Urteil vom 16.01.1973, VIII R 52/69.
[5] Carstens/Flick/von Loeper-Goez, Steuerberater-Handbuch, 2. Aufl. 2011, 805, S. 38.
[6] Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 713.
[7] Vgl. LG Osnabrück, Urteil vom 04.06.2002, 5 O 1186/01.
[8] Vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2006, IX ZR 37/04.
[9] Vgl. Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 724.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerberaterhaftung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Anika Wegner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9.
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Carola Ritterbach
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Monika Dibbelt
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Stand: Januar 2016
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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