Steuerberaterhaftung – Teil 19 – Grad des beidseitigen Verschuldens, Ausschluss des Mitverschuldens bei Schadensverhütungspflicht, Beweislast, Schadensminderungspflicht des Mandanten
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
4.5.5 Grad des beidseitigen Verschuldens
Zur Bestimmung des Grads des Mitverschuldens ist eine wertende Abwägung zwischen den Verursachungsbeiträgen der Parteien vorzunehmen.(Fußnote) Der Schaden wird sachgerecht entsprechend der Verantwortungsanteile aufgeteilt. Berücksichtigt werden muss dabei sowohl der Beitrag der Parteien zur Entstehung des Schadens als auch die Schwere des Verschuldens.(Fußnote) Entscheidend ist die Frage, wer den Schadenseintritt in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. Der Haftungsanspruch gegen einen Steuerberater muss regelmäßig dann ausscheiden, wenn er im Gegensatz zu seinem Mandanten nur fahrlässig gehandelt hat. Den vorsätzlich Handelnden trifft dementsprechend in der Regel den größeren Verantwortungsanteil.
4.5.6 Ausschluss des Mitverschuldens bei Schadensverhütungspflicht
Ein Mitverschulden des Mandanten ist ausgeschlossen, wenn die Verhütung des entstandenen Schadens dem Steuerberater oblag.(Fußnote) Deswegen wird grundsätzlich dem Mandanten kein Mitverschulden angerechnet, wenn er eine Gefahr, zu deren Vermeidung er den Steuerberater hinzugezogen hat, bei genügender Sorgfalt selbst hätte erkennen und abwenden können.(Fußnote) Eine Ausnahme besteht, wenn eine Schadensursache in den Bereich der Eigenverantwortung des Mandanten fällt.(Fußnote)
Eine Schadensverhütungspflicht besteht ferner, wenn der Steuerberater seinen Mandanten zu der potentiell mitverschuldensrelevanten Handlung geraten hat.
Beispiel
Der Steuerberater B hat seinem Mandanten A geraten, keine Rechtsbehelfe einzulegen. A legt aufgrund dessen keinen Einspruch gegen einen fehlerhaften Steuerbescheid ein.
- Grundsätzlich kann A zugemutet werden, Einspruch einzulegen. Aufgrund dessen würde ein Mitverschulden des A in Betracht kommen, weil er keinen Einspruch eingelegt hat. Die Anrechnung des Mitverschuldens ist aufgrund des Rats des B, keine Rechtsbehelfe einzulegen, allerdings ausgeschlossen. A kann B auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
4.5.7 Beweislast
Ein Mitverschulden des Mandanten ist durch den Steuerberater zu beweisen, da sich ein Mitverschulden zugunsten des Steuerberaters auswirkt (§ 286 ZPO). Der Umfang des Anrechnungsbeitrags muss nur glaubhaft gemacht werden (§ 287 ZPO).
4.6 Schadensminderungspflicht des Mandanten
Ferner hat der Mandant die Pflicht, nachteilige steuerliche Folgen durch Maßnahmen abzuwenden oder zu mindern.(Fußnote) Diese Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) hat der Mandant bei jeder Pflichtverletzung des Steuerberaters zu beachten.
Beispiel
Aufgrund eines Fehlers des Steuerberaters B wird zuungunsten des Mandanten A ein Steuerbescheid erlassen, der eine zu hohe Steuer aufweist.
- A ist zur Schadensminderung verpflichtet. Es besteht die Möglichkeit, gegen den Steuerbescheid Einspruch einzulegen, damit der Steuerbescheid unter Umständen noch nachträglich geändert wird. Hierzu ist A nur verpflichtet, wenn eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerberaterhaftung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Anika Wegner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9.

Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Steuerberaterhaftung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2016