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Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 19 – Verjährungsfrist Steuerordnungswidrigkeiten, Unterbrechung der Verjährung

7.3 Verjährungsfrist Steuerordnungswidrigkeiten

Die Verjährungsfrist von Ordnungswidrigkeiten orientiert sich an dem Höchstmaß der Geldbußen, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, was für einen Teil der Steuerordnungswidrigkeiten der Fall ist: Die Verfolgung von Steuerordnungswidrigkeiten nach den §§ 378, 379 und 380 AO verjährt gemäß der ausdrücklichen Anordnung von § 384 AO nach fünf Jahren.
Für die in § 26b und 26c UStG geregelte Schädigung des Umsatzsteueraufkommens gelten hingegen die allgemeinen Regeln. § 26b UStG verjährt nach Ablauf von drei Jahren (§ 31 Absatz 2 Nr. 3 OWiG). Für § 26c UStG gilt eine fünfjährige Regelverjährungsfrist, die sich aus § 78 Absatz 3 Nr. 4 StGB ergibt.

7.4 Unterbrechung der Verjährung

Die Verjährung der genannten Frist kann unterbrochen werden. Das Gesetz kennt eine Reihe von Gründen, die eine laufende Verjährung zu unterbrechen.

Eine Unterbrechung auslösen können die in § 78c Absatz 1 Nr. 1 bis 12 StGB genannten Konstellationen:

  • die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe
  • jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung
  • jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist
  • jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten
  • den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten
  • die Erhebung der öffentlichen Klage
  • die Eröffnung des Hauptverfahrens
  • jede Anberaumung einer Hauptverhandlung
  • den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung
  • die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht
  • die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht oder
  • jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.

Ergänzt werden diese allgemein geltenden Gründe durch § 376 Absatz 2 AO:

Die Verjährung der Verfolgung einer Steuerstraftat wird auch dadurch unterbrochen, dass dem Beschuldigten die Einleitung des Bußgeldverfahrens bekannt gegeben oder diese Bekanntgabe angeordnet wird.

Die einschlägige Unterbrechungshandlung muss jedoch gegen den konkreten Täter einer konkretisierten Tat gerichtet sein.(Fußnote) Eine Ermittlung „gegen unbekannt“ ist damit ausdrücklich nicht gemeint und unterbricht die Verjährung nicht.

Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung grundsätzlich von neuem, so dass ab diesem Zeitpunkt wieder die volle Verjährungsfrist läuft. Allerdings ordnet das Gesetz eine sogenannte „absolute Verjährung“(Fußnote) an. Nach Ablauf einer absoluten Verjährungsfrist tritt die Verjährung in jedem Fall ein. Die absolute Verjährungsfrist tritt ein, wenn seit Verjährungsbeginn mehr als das Doppelte der gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist verstrichen ist (Beispielsweise bei einer gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist von fünf Jahren spätestens nach zehn Jahren).

Beispiel
In den Jahren 1999 bis 2001 stand die X-GmbH und ihr damaliger Geschäftsführer unter dem Verdacht, in großem Stil Umsatzsteuern hinterzogen zu haben, es stand also der Verdacht einer Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall im Raum. Deswegen wurde im Jahr 2004 mehrmals durch die Steuerbehörden durchsucht und der Geschäftsführer zu den Vorwürfen als Beschuldigter vernommen, jedoch reichten die Beweise für eine Verurteilung nie aus.

  • Die Straftat der Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall hat eine reguläre Verjährungsfrist von 10 Jahren gemäß § 376 AO. Die absolute Verjährungsfrist beträgt damit 20 Jahre, endet also im spätesten Fall 2024. Die im Raum stehenden Taten aus den Jahren wären eigentlich gem. § 376 AO verjährt, da über zehn Jahre vergangen sind. Jedoch ist der mögliche konkrete Täter, der Geschäftsführer, als Beschuldigter vernommen worden. Damit wurde die Verjährungsfrist im Jahr 2004 unterbrochen und begann neu zu laufen bis zum Jahre 2014. Da eine weitere Unterbrechung nicht durchgeführt wurde, sind die Taten im Jahr 2016 bereits verjährt, die absolute Verjährungsfrist greift nicht ein, da kein zweites bzw. drittes Mal unterbrochen wurde.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.


 

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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