Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 10 – verdeckte Einlage, Einbringung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.2.1.2 verdeckte Einlage
Soweit dem Einbringenden keine Gesellschaftsrechte und keine sonstigen Gegenleistungen gewährt werden, liegt mangels Gegenleistung eine verdeckte Einlage vor, sie ist nach § 4 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu bewerten, auch wenn sie in der Steuerbilanz der Gesellschaft das Eigenkapital erhöht.
Eine Übertragung im Weg der verdeckten Einlage ist dann anzunehmen, wenn die Übertragung des Wirtschaftsgutes auf einem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagenkonto gutgeschrieben wird oder als Ertrag gebucht wird - was handelsrechtlich zulässig sein kann.
In beiden Fällen erhöht dies zwar das Eigenkapital der Gesellschaft, dem Einbringenden werden aber hierdurch keine zusätzlichen Gesellschaftsrechte gewährt. Bei der Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagenkonto erlangt der übertragende Gesellschafter, anders als bei der Buchung auf einem Kapitalkonto, keine individuelle Rechtsposition die ausschließlich ihn bereichert.
Bei der Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto wird vielmehr der Auseinandersetzungsanspruch aller Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung dem Grunde nach gleichmäßig erhöht. Ein Mehrwert fließt also - ähnlich wie bei einer Buchung auf einem Ertragskonto - in das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Personengesellschaft und kommt dem übertragenden Gesellschafter ebenso wie allen anderen Mitgesellschaftern nur als reflexartige Wertsteigerung seiner Beteiligung zugute. Mangels Gegenleistung an den übertragenden Gesellschafter liegt deshalb ein unentgeltlicher Vorgang i.S. einer verdeckten Einlage vor.
Das gilt grundsätzlich auch für die Fälle, in denen auf der Ebene der vermögensmäßig beteiligten Gesellschafter kein Interessengegensatz zu verzeichnen ist, wie es beispielsweise bei den 1-Mann-GmbH & Co. KG-Fällen anzunehmen ist. In Fällen fehlender Interessengegensätze hat es der Gesellschafter selbst in der Hand, eine Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto später wieder rückgängig zu machen (z. B. durch Auflösung der Rücklage gegen Gutschrift auf seinem Kapitalkonto, so dass der ursprünglich angenommene unentgeltliche Vorgang später nicht mehr gegeben ist, weil die im Nachhinein vorgenommene Umbuchung auf das Kapitalkonto gerade nicht zu einem unentgeltlichen Vorgang führt). Insbesondere in den Fällen der Übertragung von Grundstücken auf eine 1-Mann-GmbH & Co. KG ist daher zu prüfen, ob im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO anzunehmen ist, wenn die Übertragung zunächst auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird.
5.2.2 Einbringung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen
Bei der Einbringung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen ist zwischen der unentgeltlichen Übertragung oder der entgeltlichen Übertragung zu unterscheiden.
Die nach § 6 Abs. 5 EStG zwingend zum Buchwert vorzunehmende Übertragung ist allerdings nur möglich in den dort vorgesehenen Konstellationen der
- unentgeltlichen Ãœbertragungen oder
- der entgeltlichen Übertragungen zwischen Betriebsvermögen und Gesamthandsvermögen gegen Änderung der Gesellschaftsrechte, vgl. § 6 Abs. 5 Satz 3, der lex specialis zu § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG ist.
Andere entgeltliche Übertragungen fallen nicht unter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass bei einer teilentgeltlichen Übertragung die Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil zu erfolgen hat, dabei ist die Übernahme von Verbindlichkeiten als gesondertes Entgelt anzusehen.
In § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ist geregelt, dass das Wirtschaftsgut rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung mit dem Teilwert anzusetzen ist, wenn es innerhalb von drei Jahren nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die Übertragung erfolgt ist, veräußert oder entnommen wird. Zu diesem Teilwertansatz kommt es lediglich dann nicht, wenn die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet wurden.
Beispiel
Einzelunternehmer A überträgt am 01.01.01 ein Grundstück seines Einzelunternehmens mit einem Teilwert von 500.000 € und einem Buchwert von 250.000 € in das Gesamthandsvermögen der AB oHG gegen zusätzliche Gesellschaftsrechte im Wert von 500.000 €. Im Jahr 02 gibt A seine Steuererklärung für das Jahr 01 ab und im Jahr 03 veräußert die oHG das Grundstück für 600.000 €.
- Die Ãœbertragung des Grundstücks auf die oHG erfolgte zunächst gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zwingend zum Buchwert. Da das Grundstück durch die oHG jedoch innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG veräußert wurde, ist rückwirkend zum 01.01.01 der Teilwert von 500.000 € anzusetzen.
Beispiel
Der Sachverhalt ist wie vor, allerdings wird das Grundstück in das Gesamthandsvermögen der AB oHG bereits mit dem Teilwert von 500.000 € eingebucht. Gleichzeitig wird für A eine negative Ergänzungsbilanz aufgestellt, in der das Minderkapital von 250.000 € abgebildet wird. Saldiert sind mithin die stillen Reserven nicht aufgelöst worden, die zwingende Buchwertfortführung ist auch bilanziell dargestellt.
- Die Veräußerung des Grundstücks führt in diesem Fall nicht zum rückwirkenden Ansatz des Teilwerts in dem Jahr der Überführung (01), da der Teilwert im Gesamthandsvermögen der AB oHG bereits zum Ansatz gekommen ist.
- Die oHG realisiert lediglich den Wertanstieg seit 01.01.01, so dass lediglich der seit diesem Zeitpunkt erfolgte Wertanstieg der oHG zuzurechnen ist.
- Im Jahr 03 realisiert A durch die Auflösung der negativen Ergänzungsbilanz die 250.000 € stillen Reserven.
- Es ist somit festzuhalten, dass sowohl im Fall 1 als auch in Fall 2 die stillen Reserven allein dem A zugewiesen werden. Der Unterschied besteht darin, dass dies im Fall 1 rückwirkend im Jahr 01 und Fall 2 erst mit Veräußerung im Jahr 03 stattfindet.
Die zwingende Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wird anteilig nicht gewährt, soweit durch die Übertragung des Wirtschaftsgutes der Anteil einer Körperschaft an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht. In diesen Fällen ist insoweit der Teilwert anzusetzen, vgl. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG. Darüber hinaus ist der Teilwert (rückwirkend) anzusetzen, soweit zu einem späteren Zeitpunkt der Anteil der Körperschaft an dem übertragenen Wirtschaftsgut aus einem anderen Grund unmittelbar oder mittelbar begründet ist oder sich dieser erhöht, vgl. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG.
Beispiel
Einzelunternehmer A bringt ein unbebautes Grundstück seines Betriebsvermögens mit einem Buchwert von 100.000 € und einem tatsächlichen Wert von 500.000 € gegen Erhöhung eines Kapitalkontos in die AB oHG ein, an der er 10 % und die AB GmbH 90 % der Anteile hält.
- Gäbe es die Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG nicht, würde zwingend der Buchwert fortzuführen sein. Bei späterem Verkauf des Grundstückes aus der A oHG würde die AB GmbH anteilig 90 % der stillen Reserven aufdecken, die bei der GmbH jedoch lediglich mit 25 % Körperschaftsteuer bzw. im Ausschüttungsfall letztlich nur nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert würden. Diese Folge soll durch § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG verhindert werden, in den 90 % der stillen Reserven bei der Ãœbertragung des Grundstücks in die A oHG aufgelöst werden müssen. Der Ansatz des Grundstücks in der A oHG erfolgt somit mit einem Betrag von 460.000 €. A hat einen Gewinn von 360.000 € (460.000 ./. 100.000 = 360.000 €) zu versteuern.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Grundlagen Besteuerung Personengesellschaften
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0