Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 14 – Fortführung der Wertansätze
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.3.2.2.3 Zwischenwert
Neben dem Buchwert und dem gemeinen Wert ermöglicht das Gesetz über einen entsprechenden Antrag auch den Ansatz eines beliebigen dazwischen liegenden Wertes, den sog. Zwischenwert, vgl. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Um zu diesem Zwischenwert zu gelangen, bedarf es einer teilweisen Wertaufstockung und somit einer teilweisen Realisierung von stillen Reserven. Eine solche Aufstockung kann jedoch von der Personengesellschaft nicht willkürlich auf einzelne Wirtschaftsgüter beschränkt werden, vielmehr verlangt die Finanzverwaltung eine gleichmäßige Aufstockung nach der sog. modifizierten Stufentheorie aller Wirtschaftsgüter.
Es ist zu untersuchen, in welchen eingebrachten Wirtschaftsgütern überhaupt stille Reserven enthalten sind und wie hoch diese insgesamt sind. Diese stillen Reserven sind dann gleichmäßig um einen einheitlichen Prozentsatz aufzulösen. Dieser bestimmt sich aus dem Verhältnis des aufzustockenden Betrages (Unterschied zwischen dem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens und dem Wert, mit dem es von der Personengesellschaft angesetzt wird) zum Gesamtbetrag der vorhandenen stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens. Bei der Aufstockung ist grundsätzlich sowohl das Anlagevermögen (einschl. der vom Einbringenden hergestellten immateriellen Anlagegüter) als auch das Umlaufvermögen zu berücksichtigen. Ein bestehender selbst geschaffener Geschäftswert ist nur zu berücksichtigen, soweit die übrigen Wirtschaftsgüter und Schulden schon mit dem gemeinen Wert angesetzt sind, aber gegenüber dem Wert, mit dem eingebrachte Betriebsvermögen von der Personengesellschaft angesetzt werden soll, noch eine Differenz verbleibt. In Höhe dieser Differenz ist dann ein Ansatz des Geschäftswertes vorzunehmen.
Beispiel
Ein Einzelunternehmen mit einem Buchwert von 200.000 € und einem gemeinen Wert von 1.000.000 € (davon originärer Firmenwert 400.000 €) soll in eine oHG eingebracht werden. Der zweite Gesellschafter erbringt eine Bareinlage. Es soll ein Zwischenwertansatz in Höhe von 500.000 € für das eingebrachte Betriebsvermögen gewählt werden.
- Insgesamt sind in dem eingebrachten Betrieb 800.000 € stille Reserven enthalten. Davon entfallen 400.000 € auf einen selbst geschaffenen (originären) Firmenwert und die verbleibenden 400.000 € auf übrige Wirtschaftsgüter des Betriebs. Um einen Zwischenwert von 500.000 € zu erreichen, sind somit 500.000 € ./. 200.000 € Buchwert = 300.000 € stille Reserven aufzudecken. Dies entspricht einem Anteil von 75 % der gesamten stillen Reserven (ohne Firmenwert). Daher sind die stillen Reserven aller Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens in Höhe von 75 % aufzudecken. Der Firmenwert ist nicht zu aktivieren.
5.3.2.3 Fortführung der Wertansätze
Um im Anschluss an die Eröffnungsbilanz eine zutreffende Besteuerung zu gewährleisten, müssen sowohl die Wertansätze in der Gesamthandsbilanz als auch die Korrekturen der Ergänzungsbilanzen berücksichtigt und fortgeführt werden. § 24 Abs. 4 UmwStG schreibt zur Wertfortführung die entsprechende Anwendung des § 24 Abs. 1, 3, 4 und 6 UmwStG vor.
5.3.2.3.1 Buchwertfortführung
Nach § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3, 1. Halbs. UmwStG tritt die übernehmende Personengesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden ein (sog. Fußstapfentheorie). Dies gilt insbesondere bezüglich der Bewertung der übernommenen Wirtschaftsgüter, der AfA und der den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen.
5.3.2.3.1.1 Abschreibung
Wesentliches Anwendungsgebiet der Fußstapfenregelung ist jedoch die Bindung an die
- ursprünglich gewählten Anschaffungs- und Herstellungskosten (z. B. auch als Wertobergrenze einer möglichen Wertaufholung)
- bisherige AfA-Bemessungsgrundlage
- gewählte AfA-Methode und
- zugrunde gelegte Nutzungsdauer.
Die weiteren Abschreibungen sind grundsätzlich so vorzunehmen, als wären die Wirtschaftsgüter weiterhin dem Einbringenden zuzurechnen. Entscheidend ist dabei, dass der sich aus der Abschreibung des betreffenden Wirtschaftsgutes in der Gesamthandsbilanz zzgl. etwaiger Mehr- bzw. Minderabschreibungen aus den Ergänzungsbilanzen insgesamt konstituierende Abschreibungsbetrag dem Betrag entspricht, der sich bei unveränderter Zugehörigkeit des Wirtschaftsgutes beim Einbringenden ergeben hätte.
5.3.2.3.1.2 steuerliche Rücklagen
Hinsichtlich steuerlicher Rücklagen bedeutet der Eintritt in die Rechtsstellung des Einbringenden, dass die seitens des Einbringenden gebildeten Rücklagen von der übernehmenden Personengesellschaft fortgeführt und ggf. übertragen werden können. Hier ist insbesondere an Rücklagen gemäß § 6 b EStG zu denken.
5.3.2.3.1.3 Besitzzeitanrechnung
Darüber hinaus ermöglicht die Buchwertfortführung auch die Besitzzeitanrechnung. Nach § 23 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen des Einbringenden bei der übernehmenden Personengesellschaft anzurechnen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung ist. Diese Besitzzeitanrechnung kann beispielsweise im Fall der späteren Veräußerung eines Wirtschaftsgutes die Bildung einer Rücklage gem. § 6 b EStG ermöglichen, da Voraussetzung hierfür eine mindestens sechsjährige Zugehörigkeit zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte der Personengesellschaft ist, vgl. § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Grundlagen Besteuerung Personengesellschaften
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017