Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 14 – Werklieferung/Werkleistung gem. § 3 Abs. 4 UStG; Tausch, tauschähnlicher Umsatz und Hingabe an Zahlung statt gem. § 3 Abs. 12 UStG
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.7.3 Werklieferung/Werkleistung gem. § 3 Abs. 4 UStG
Lieferungen und sonstige Leistungen treten im Wirtschaftsverkehr oft in gemischter Form auf. Solche Vorgänge dürfen nach dem System des Umsatzsteuerrechts nicht aufgeteilt werden. Es gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung.
Insbesondere handelt es sich um Vorgänge, bei denen die Herstellung eines Werkes geschuldet wird. Solche Werkleistungen setzen sich aus der Lieferung eines Gegenstandes und der Arbeitsleistung (sonstigen Leistung) bei der Herstellung dieses Gegenstandes zusammen.
Zu beachten ist die Unterscheidung zu gegenständlich konkretisierten geistigen Leistungen, bei denen die geistige Leistung im Vordergrund steht und die Übereignung z.B. einer Bauzeichnung keine Lieferung, sondern nur Mittel einer geistigen Leistung ist.
4.7.3.1 Form der Werklieferung/Werkleistung
Ob ein Vorgang als Werklieferung oder Werkleistung zu beurteilen ist, hängt nach § 3 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) allein von der Art und der Beschaffung der verwendeten Stoffe ab:
- Hat der Unternehmer den zur Be- oder Verarbeitung erforderlichen Hauptstoff ganz oder zum Teil selbst beschafft, so handelt es sich um eine Werklieferung.
- Hat dagegen der Besteller den Hauptstoff beschafft, und verwendet der Unternehmer zur Herstellung des Werkes lediglich Nebenstoffe, so handelt es sich um eine Werkleistung (mit Materialgestellung).
Um einen Hauptstoff handelt es sich, wenn das Material die Eigenart des Gegenstandes bestimmt, für dieses also von entscheidender Bedeutung ist. Nebenstoffe lassen demgegenüber die Eigenart eines Gegenstandes unberührt, auch wenn sie für dessen Herstellung erforderlich sind. Meist handelt es sich um kleinere technische Hilfsmittel.
Beschafft hat den Hauptstoff derjenige, der ihn selbst erworben oder hergestellt hat. Es kommt darauf an, in wessen Namen und auf wessen Rechnung der Hauptstoff erworben wurde. Hat der Werkhersteller den Hauptstoff zwar besorgt, dies aber im Namen und auf Rechnung des Bestellers, so liegt keine Werklieferung, sondern eine Werkleistung vor.
Man spricht von einer Materialgestellung in den Fällen, in denen der Besteller sämtliche Hauptstoffe beschafft und von einer Materialbeistellung, wenn der Besteller nur einen Teil des Hauptstoffes oder nur Nebenstoffe beschafft.
Es ergibt sich damit folgende Abgrenzung:
- Werklieferung: Der Hersteller beschafft den gesamten Haupt- und Nebenstoff.
- Werklieferung mit Materialbeistellung: Der Hersteller beschafft den gesamten Hauptstoff oder einen Teil davon, der Besteller beschafft den Nebenstoff und/oder Teile des Hauptstoffs.
- Werkleistung mit Materialgestellung: Der Hersteller beschafft nur Nebenstoffe, der Besteller den Hauptstoff.
Zu beachten ist, dass in den Fällen der Materialbeistellung das vom Werkbesteller beigestellte Material aus der Lieferung ausscheidet und nicht in die Bemessungsgrundlage des Umsatzes einfließt.
Beispiel
Herr Maier aus Karlsruhe beauftragt Herrn Schmidt aus Offenburg mit der Errichtung eines Zauns. Herr Schmidt stellt das für den Zaun erforderliche Material zur Verfügung.
- Herr Schmidt erbringt durch den Bau des Zaunes eine Werklieferung, weil er das für den Zaun erforderliche Material selbst zur Verfügung stellt.
4.7.3.2 Ort der Werklieferung/Werkleistung
Bei Werklieferungen gelten die Grundsätze für Lieferungen, bei Werkleistungen die Grundsätze für sonstige Leistungen. Der Ort einer Werklieferung richtet sich deshalb ebenfalls nach § 3 Abs. 6, 7 UStG. § 3 Abs. 6 UStG greift ein, wenn das fertige Werk befördert oder versendet wird. Auf die Verschaffung der Verfügungsmacht kommt es demnach nur noch in den Fällen des § 3 Abs. 7 UStG an. Darunter fällt insbesondere eine Werklieferung durch Erbringen von Bauleistungen.
Voraussetzung für eine Anwendung des § 3 Abs. 6 Umsatzsteuergesetz ist, dass das fertige Werk Gegenstand der Beförderung/Versendung ist.
Ein sog. "montagefertiges Werk" kann nicht befördert oder versendet werden. Demnach kommt es nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG auf die Verschaffung der Verfügungsmacht an. Der Ort, an dem die Verfügungsmacht verschafft wurde, ist Ort der Lieferung.
Wenn eine bereits betriebsfertig hergestellte Maschine lediglich zum Zwecke eines besseren Transportes zerlegt und beim Besteller wieder zusammengesetzt wird, so greift wieder § 3 Abs. 6 UStG ein und es kommt zur Vorverlegung des Ortes der Lieferung.
Der Ort einer Werkleistung an beweglichen körperlichen Gegenständen ist dort, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird (§ 3a Abs. 3 Nr. 3c UStG), bezogen auf die konkrete Leistung. Bei Werkleistungen an unbeweglichen körperlichen Gegenständen ist Leistungsort der Belegenheitsort des Grundstückes (§ 3a Abs. 3 Nr. 1c UStG).
4.7.4 Tausch, tauschähnlicher Umsatz und Hingabe an Zahlung statt gem. § 3 Abs. 12 UStG
Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht (§ 3 Abs. 12 S. 1 UStG). Bei einem tauschähnlichen Umsatz besteht das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG). Bei der Hingabe an Zahlungs statt wird die ursprünglich vereinbarte Geldzahlung durch Hingabe eines Wirtschaftsgutes ersetzt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.

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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017