Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 16 – Entnahmen für außerunternehmerische Zwecke, Sachzuwendungen an das Personal, andere unentgeltliche Zuwendungen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.1.2 Entnahmen für außerunternehmerische Zwecke gem. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG
Eine Entnahme eines Gegenstandes aus dem Unternehmen liegt dann vor, wenn der Vorgang bei entsprechender Ausführung an einen Dritten als Lieferung - einschließlich Werklieferung - anzusehen wäre. Im umsatzsteuerlichen Sinn versteht man unter einer Entnahme die "endgültige Überführung eines zuvor dem Unternehmen dienenden Gegenstandes in den außerunternehmerischen Bereich". Nicht ausreichend ist, dass ein Gegenstand das Unternehmen nur in räumlicher Hinsicht verlassen hat. Der Unternehmer muss beim Verbringen des Gegenstandes von vornherein mit dem Wissen und Wollen gehandelt haben, diesen Gegenstand dauerhaft der unternehmerischen Zweckbindung zu entziehen.
Gegenstände der Entnahme müssen nicht zur Lieferung vorgesehene Waren sein, es kann sich auch um andere im Unternehmen genutzte Gegenstände handeln (Einrichtung, Maschinen). Es muss sich aber um Gegenstände handeln, die vom Unternehmer zuvor dem unternehmerischen Tätigkeitsbereich zugeordnet worden sind.
Bei der Zerstörung eines dem Unternehmen dienenden Gegenstandes während der Dauer einer außerunternehmerischen Nutzung liegt keine Entnahme dieses Gegenstandes vor, wenn die Zerstörung auf einer äußeren Einwirkung beruht. Vielmehr fällt das Schadensereignis in den Vorgang der außerunternehmerischen Nutzung und beendet diese wegen Untergangs der Sache. Eine Entnahmehandlung in Bezug auf den unzerstörten Gegenstand ist dann nicht mehr möglich.
Eine Entnahme setzt nicht den Fortbestand des Unternehmens voraus. Unter den Tatbestand des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG fällt auch die Entnahme aller dem Unternehmen dienenden Gegenstände bei der Beendigung des Unternehmens.
Beispiel
Der Karlsruher Einzelhändler Herr Maier nimmt aus seinem Supermarkt Waren mit, die er für 100 € + 19 € USt = 119 € erworben hat, für seinen Privathaushalt. U hat einen Vorsteuerbetrag in Höhe von 19 € abgezogen.
- Die Entnahme der Waren stellt eine steuerbare unentgeltliche Lieferung dar. Bei einer entsprechenden Ausführung an einen Dritten würde eine Lieferung vorliegen.
5.1.3 Sachzuwendungen an das Personal gem. § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG
Die Regelung umfasst Sachzuwendungen an das Personal für dessen privaten Bedarf. Entgeltliche Lieferungen, auch wenn mit erheblichem Rabatt, sind hiervon folglich nicht umfasst. Diese sog. Personalverkäufe fallen vielmehr unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Nicht steuerbar sind nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG Zuwendungen, die für Zwecke des Unternehmens erbracht werden. Sie erfolgen also für den privaten Bedarf, wenn sie nicht im überwiegenden betrieblichen Interesse erfolgen.
Weiterhin sind Aufmerksamkeiten ausgenommen. Das sind Zuwendungen des Arbeitgebers, die nach ihrer Art und nach ihrem Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Zu den Aufmerksamkeiten rechnen demnach gelegentliche Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 60 €.(Fußnote)
Beispiel
Herr Maier, Einzelhändler aus Karlsruhe schenkt seinem Arbeitnehmer zu Weihnachten einen Präsentkorb mit einem Wert von 250 €. Herr Maier hat beim Kauf der Waren die volle Vorsteuer abgezogen.
- Es liegt eine unentgeltliche Lieferung nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG vor, die der Umsatzsteuer unterliegt, da sie die Wertgrenze von 60 € übersteigt.
5.1.4 Andere unentgeltliche Zuwendungen gem. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG
Durch § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG werden unentgeltliche Zuwendungen von Gegenständen besteuert, die aus unternehmerischen Gründen (zu Werbezwecken, zur Verkaufsförderung oder zur Imagepflege) erbracht werden. Die Besteuerung von unentgeltlichen Zuwendungen aus unternehmerischen Gründen soll der Vermeidung eines unbelasteten Letztverbrauchs dienen.
Unter diese Regelung fällt grundsätzlich die regelmäßige unentgeltliche Lieferung von Werbematerial und Verkaufshilfen durch einen Produzenten an seine Händler, wenn diese auch nichtunternehmerisch genutzt werden können.(Fußnote) Die unentgeltliche Abgabe von Werbe- und Dekorationsmaterial, das nach Ablauf der Werbe- oder Verkaufsaktion vernichtet wird oder bei dem Empfänger nicht zu einer (privaten) Bereicherung führt ist somit regelmäßig nicht steuerbar gem. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG.
Eine Steuerbarkeit entfällt bei Zuwendungen von geringwertigen Geschenken und Warenmustern. Die Geringwertigkeit orientiert sich dabei an der Regelung in § 4 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 EStG. Danach dürfen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten je Empfänger und Kalenderjahr insgesamt 35 € netto nicht übersteigen.(Fußnote)
Als Besonderheit erweist sich hier die ebenfalls notwendige VSt-Abzugsberechtigung gem. § 3 Abs. 1b S. 2 UStG. Nach § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG sind Geschenke von höherem Wert als 35 € i. S. d. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG vom VSt-Abzug ausgeschlossen. Da bereits der VSt-Abzug ausgeschlossen ist, wird die Zuwendung höherwertiger Geschenke an Geschäftsfreunde letztendlich also nicht besteuert.
Beispiel(Fußnote)
Der Buchhändler Herr Schmidt aus Bonn, hat im Kalenderjahr 2016 einem Kunden ein Sachgeschenk (Buch) im Wert von 24 € und ein Geldgeschenk von 30 € gemacht.
- Da die Freigrenze von 35 € überschritten ist, entfällt der VSt-Abzug nachträglich. Herr Schmidt hat eine VSt-Berichtigung von 1,57 € (7 % von 24 €) auf das Buch vorzunehmen. Der Vorgang ist nicht steuerbar.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.
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Carola Ritterbach
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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