Besteuerung von Kapitalgesellschaften – Teil 19 – Verzicht auf Pensionsansprüche
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.3.2.3 Verzicht bei teilweise werthaltiger Gesellschafterforderung auf die gesamte Forderung
Für den Fall, dass ein Gesellschafter eine Forderung gegen seine Kapitalgesellschaft hat, die teilweise werthaltig ist und der Gesellschafter auf die gesamte Forderung verzichtet, hat der BFH(Fußnote) entschieden, dass dies bei der Gesellschaft zu einer verdeckten Einlage führt.
Für die Höhe der Einlage kommt es darauf an, welchen Wert der werthaltige Teil der Forderung zum Zeitpunkt des Forderungsverzichts noch hatte. In dieser Höhe kommt es zu einer Einlage. In der Höhe des nicht werthaltigen Teils kommt es zu laufendem Gewinn bei der Gesellschaft.
Handelt es sich bei dem Gesellschafter um eine natürliche Person, die an der Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt ist, also am Stammkapital der Kapitalgesellschaft um mehr als 25 % beteiligt ist, so führt der Verzicht auf eine teilweise werthaltige Forderung grundsätzlich zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung.
5.3.2.4 Forderungsverzicht gegen Besserungsschein
Ein Forderungsverzicht gegen Besserungsschein ist ein Erlassvertrag gemäß § 397 BGB unter der auflösenden Bedingung, dass die Forderung einschließlich Zinsen wieder auflebt, wenn die Krise der GmbH überwunden ist.
Im Zeitpunkt des Verzichts treten damit zunächst die gleichen Wirkungen wie beim normalen Forderungsverzicht ein. Das bedeutet, dass es in Höhe des Verzichts auf den werthaltigen Teil der Forderung auf Ebene der Gesellschaft zu einer verdeckten Einlage kommt und in Höhe des Verzichts des nicht werthaltigen Teils der Forderung zu einem außerordentlichen Ertrag bei der Gesellschaft.
Bei Eintritt der auflösenden Bedingung wird, die verdeckte Einlage wieder rückgängig gemacht und das Eigenkapital der Gesellschaft wieder zu Fremdkapital. Der außerordentliche Ertrag der Gesellschaft wird durch eine Betriebsausgabe in gleicher Höhe ausgeglichen.
Beispiel
A ist Alleingesellschafter der B-GmbH. Er gewährt der B-GmbH ein Darlehen von 50.000,00 €. Die B-GmbH gerät in wirtschaftliche Schwierigkeiten mit der Folge, dass die Rückzahlung des Darlehens nur noch in Höhe von 20.000,00 € gewährleistet ist. A überlegt sich, wie er die Lage der B-GmbH verbessern kann, um ggf. seine Geschäftsanteile besser veräußern zu können. Er zieht dabei die Möglichkeit des Forderungsverzichts gegen Besserungsschein in Betracht.
- In diesem Fall liegt ein Erlassvertrag gemäß § 397 BGB unter der auflösenden Bedingung vor, dass die Forderung einschließlich Zinsen wieder auflebt, wenn die Krise der GmbH überwunden ist.(Fußnote) Ein solcher Erlass stellt eine verdeckte Einlage in Höhe von 20.000,00 € dar, in Höhe von 30.000,00 € liegt ein außerordentlicher Ertrag vor.
- Bei Eintritt der auflösenden Bedingung durch von der B-GmbH erzielte Gewinne wird das Eigenkapital zu Fremdkapital, die verdeckte Einlage wird rückgängig gemacht und der außerordentliche Ertrag in Höhe von 30.000,00 € wird durch eine Betriebsausgabe in gleicher Höhe ausgeglichen. Die bei A mit dem Erlass eingetretene Erhöhung seiner Anschaffungskosten von 20.000,00 € mindert sich um genau diesen Betrag.
- Wurde im Besserungsschein vereinbart, dass die während des Verzichtzeitraums aufgelaufenen Zinsen durch die GmbH nachzuentrichten sind, ist die Nachzahlung der Zinsen steuerlich wirksam möglich, da nach Eintritt der Besserung die Forderung schuldrechtlich als nie erloschen gilt.
- Für die von A in Erwägung gezogene Anteilsveräußerung hat der Besserungsschein den Vorteil, dass die nur noch eingeschränkt mögliche Verlustverrechnung (früher § 8 Abs. 4 KStG, jetzt § 8c KStG) unter Umständen vermieden werden kann. Die Verlustsituation kann durch den Verzicht gegen Besserungsschein vor Verkauf der Anteile zumindest gemindert werden. Im Besserungsfall wird der Verlust später steuerlich reaktiviert und so im Ergebnis auf die Zukunft vorgetragen, ohne dass der Wortlaut des § 8 Abs. 4 KStG dem entgegensteht.
5.3.3 Verzicht auf Pensionsansprüche
Der Verzicht eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft auf seine Pensionsansprüche wird als verdeckte Einlage angesehen. Die Höhe der Einlage berechnet sich nach dem Teilwert der Pensionsanwartschaft. Der Teilwert ist nach den Wiederbeschaffungskosten zu ermitteln. Das heißt, es ist darauf abzustellen, welchen Betrag der Gesellschafter zum Zeitpunkt des Verzichts hätte aufwenden müssen, um eine gleich hohe Pensionsanwartschaft gegen einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben. Die Bonität des Forderungsschuldners ist dabei zu berücksichtigen, außerdem spielt es nach Auffassung des BFH eine Rolle, ob die Pension unverfallbar ist oder nicht.(Fußnote)
Der Gesellschafter erlangt einen unverfallbaren Pensionsanspruch, wenn er zwar vor Eintritt des Versorgungsfalls (aufgrund von Alter, Invalidität, Tod) aus dem Unternehmer ausscheidet, aber zu diesem Zeitpunkt mindestens sein 35. Lebensjahr vollendet hat. Das Recht auf betriebliche Altersversorgung bleibt trotz des Ausscheides bestehen. Von einer Verfallbarkeit wird dagegen gesprochen, wenn der Gesellschafter vor einem bestimmten Stichtag, wie z.B. vor dem 35. Lebensjahr, aus dem Unternehmen ausscheidet und daher sein Pensionsrecht verliert. Der Gesellschafter hat in Fall des verfallbaren Pensionsanspruches keine verdeckte Einlage, auf die er verzichten kann.
Beispiel(Fußnote)
Der Gesellschafter-Geschäftsführer Herr Müller hat gegen die A-GmbH einen unverfallbaren Pensionsanspruch. Er möchte die Anteile an die B-GmbH veräußern. Die B-GmbH weigert sich allerdings, beim Erwerb die Pensionsverpflichtung mit zu übernehmen. Aus diesem Grund verzichtet Herr Müller im Januar 2012 auf seine Pensionsansprüche. In der Bilanz zum 31.12.2011 ist die Pensionsverpflichtung - zutreffend - mit 180.000 € passiviert, während der Teilwert des Pensionsanspruchs 200.000 € beträgt.
- Der Verzicht auf einen Pensionsanspruch beinhaltet eine verdeckte Einlage, die anhand des Teilwertes im Zeitpunkt des Verzichts zu berechnen ist. Daneben führt sie beim Gesellschafter - sofern sie werthaltig ist - zu einem Zufluss als Arbeitslohn.
- Bei der A-GmbH führte der Verzicht auf den Pensionsanspruch im Jahr 2012 zu einer verdeckten Einlage in Höhe von 200.000 €. Der Ertrag aus der Auflösung der Pensionsrückstellung wird außerbilanziell korrigiert. Daher ergibt sich eine Auswirkung auf das Einkommen nur i. H. v. -18.000 €.
- Die nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung belaufen sich auf 200.000 €, die sich bei Veräußerung der Anteile mindernd auf den Veräußerungsgewinn auswirken.
Besteht eine Differenz zwischen dem Teilwert der Pensionsanwartschaft und der Pensionsrückstellung ergeben sich nach dem BFH die folgenden steuerlichen Auswirkungen:
- Ist der Teilwert der Pensionsanwartschaft niedriger als der Buchwert der Pensionsrückstellung, so entsteht in Höhe des Unterschiedsbetrages auf Ebene der Kapitalgesellschaft ein steuerpflichtiger laufender Gewinn.
- Ist der Teilwert der Pensionsanwartschaft höher als der Buchwert der Pensionsrückstellung, so führt der Unterschiedsbetrag zum Stichtag des Forderungsverzichts gleichzeitig zu einem Aufwand auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und zu einer Einlage des Gesellschafters.
Im Rahmen des Verzichts auf eine Pensionszusage müssen die allgemeinen Grundsätze zum Forderungsverzicht eingehalten werden, d. h., wenn die Pensionszusage nicht mehr in voller Höhe werthaltig ist, können sich Zufluss und Einlage nur auf den werthaltigen Teil beschränken. Gleiches gilt bei dem nicht werthaltigen Teil.
In Pensionszusagen sind häufig Vorbehalte geregelt, die zur Minderung oder zum Entzug der Pensionsleistung führen können, wenn nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung des billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist. Ein solcher Vorbehalt steht der Bildung einer Rückstellung in der Steuerbilanz nicht entgegen, vgl. § 6 a Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Sofern aufgrund eines derartigen Vorbehalts die Pensionsleistungen gekürzt oder eingestellt werden, dürfte dies nicht zu einem steuerpflichtigen Lohnzufluss beim Pensionsempfänger führen, da dieser nicht einseitig auf den Anspruch verzichtet, sondern ihm das Anwartschaftsrecht ohnehin nur unter diesem vereinbarten Vorbehalt zusteht. Voraussetzung ist jedoch, dass die Voraussetzungen des entsprechenden Vorbehalts auch tatsächlich erfüllt sind.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Besteuerung von Kapitalgesellschaften“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-66-3.
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Carola Ritterbach
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
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Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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