Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 20 – Steuersatz gem. § 12 UStG
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
6.3 Verzicht auf Steuerbefreiung gem. § 9 UStG (Optierung)
Für einen Unternehmer besteht nach § 9 UStG ein Optionsrecht, auf bestimmte Steuerbefreiungen zu verzichten und steuerfreie Umsätze als steuerpflichtig zu behandeln. Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass sich infolge des Ausschlusses des VSt-Abzuges eine Steuerbefreiung bei Leistungen an einen anderen Unternehmer wirtschaftlich negativ auswirken kann. Dieser wettbewerbsverzerrende Nachteil soll ausgeglichen werden.
Die verzichtsfähigen Steuerbefreiungstatbestände sind in § 9 Abs. 1 UStG abschließend aufgezählt. Von besonderer Bedeutung sind die Umsätze, die der Grunderwerbsteuer unterliegen (§ 4 Nr. 9 a UStG) und die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 a UStG). Nach dem Grundsatz der Einzeloptionen kann der Unternehmer seinen Verzicht auf die Steuerbefreiung der Umsätze einer der Befreiungsvorschriften und eines Betriebes beschränken, ein allgemeiner Verzicht ist nicht erforderlich.
Voraussetzung ist aber, dass es sich um einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen handelt. Bei der unentgeltlichen Wertabgabe und beim nichtsteuerbaren Innenumsatz findet § 9 UStG deshalb keine Anwendung.
Beispiel[1]
Der Unternehmer Herr Maier errichtet 2016 in Berlin ein gemischt genutztes Betriebsgebäude und vermietet dieses an
a) einen Arzt für seine Arztpraxis, monatliche Miete 3.000 €,
b) eine Steuerfachangestellte für ihre Wohnung, monatliche Miete 500 € und
c) einen Steuerberater für seine Steuerberatungskanzlei, monatliche Miete 2.800 €.
Herr Maier verzichtet auf seine Steuerfreiheit nach § 4 UStG, soweit dies nach § 9 UStG möglich ist.
- Alle Vermietungsumsätze sind steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3a Abs. 3 Nr. 1a UStG) und nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfrei. Herr Maier kann lediglich für die Miete an den Steuerberater auf die Steuerfreiheit verzichten (optieren), weil der Steuerberater seine Kanzlei für Umsätze verwendet, die den VSt-Abzug nicht ausschließen § 9 Abs. 2 UStG. Für die Vermietungsumsätze an den Arzt und die Steuerfachangestellte kann Herr Maier nicht optieren, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 2 UStG nicht erfüllt sind. Im Ergebnis hat Herr Maier somit einen steuerpflichtigen Umsatz in Höhe von 2.800 €.
7 Steuersatz gem. § 12 UStG
Der Regelsteuersatz für steuerpflichtige Umsätze beträgt 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG). Die in § 12 Abs. 2 UStG abschließend aufgezählten Umsätze unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 UStG gilt dies für
- Lieferungen
- die Einfuhr
- den innergemeinschaftlichen Erwerb und
- die Vermietung der in der Anlage 2 zum UStG abschließend aufgeführten Gegenstände.
Diese Anlage lässt sich in verschiedene Gruppen einteilen:
1. Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse
2. Futtermittel
3. Lebensmittel und Getränke (ausgenommen Luxusartikel)
4. Druckerzeugnisse (ausgenommen jugendgefährdende Schriften und Werbemittel)
5. Körperersatzstücke, Rollstühle und ähnliche Hilfsmittel
6. Kunstgegenstände und Sammlungen.
Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistung teilen Nebenleistungen auch hinsichtlich des Steuersatzes das Schicksal der Hauptleistung (werden z.B. bei einer Lieferung von Büchern Verpackungs- und Versandkosten gesondert in Rechnung gestellt, so unterliegen diese Leistungen ebenso wie die Hauptleistung - Lieferung der Bücher - dem ermäßigten Steuersatz von 7 %).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017