Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 31 – Grundlagen im Schenkungs- und Erbschaftsteuerrecht
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
8 Grundlagen im Schenkungs- und Erbschaftsteuerrecht
Sowohl bei der unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften bzw. Mitunternehmerschaften als auch bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung kann das Schenkungs- und Erbschaftsteuerrecht relevant werden.
8.1 Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung
Sofern im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft keine Regelung zur Abfindung enthalten ist, richtet sich die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters grundsätzlich nach § 738 BGB. Danach hat ein Gesellschafter Anspruch auf das, was ihm im Rahmen einer fiktiven Liquidation zum Zeitpunkt seines Ausscheidens zukommen würde. Er hat somit Anspruch auf Abfindung in Höhe des tatsächlichen Liquidationswerts.
Da die Regelung über die Abfindung das Innenverhältnis der Gesellschaft betrifft, gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit. In vielen Personengesellschaftsverträgen werden deshalb Abfindungsregelungen dergestalt getroffen, dass die Ermittlungen der Abfindung für einen ausscheidenden Gesellschafter berechenbar ist. Vielfach wird eine Abfindung bewusst niedrig angesetzt, um für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters den Fortbestand der Gesellschaft gewährleisten zu können. Häufig finden sich daher Regelungen, die etwa eine Abfindung zum Buchwert oder zu einem Vielfachen des Buchwertes vorsehen.
Grenzen werden gesellschaftsvertraglichen Regelungen lediglich durch die §§ 134, 138 BGB gesetzt. Eine Abfindung darf nicht sittenwidrig sein und sie darf nicht gegen Gesetze verstoßen.
Ebenfalls zu berücksichtigen ist bei Unternehmensbewertungen der zu ermittelnde Ertragswert. Dieser kann schenkungssteuerlich problematisch werden. § 7 Abs. 7 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) ordnet an, dass als Schenkung auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft gilt, soweit der Wert, der sich für den Anteil zur Zeit des Ausscheidens des Gesellschafters nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt.[1]
Diese Rechtsfolge ist insbesondere in den Fällen, in denen ein Gesellschafter aus wichtigem Grund ausgeschlossen wird, zum Teil unerfreulich. Für derartige Konstellationen wird deshalb häufig in Gesellschaftsverträgen eine (zulässige) niedrigere Abfindung vorgesehen. Schädigt ein Gesellschafter die Gesellschaft beispielsweise durch „den Griff in die Kasse“, kann so die an ihn zu zahlende Abfindung geringer sein, als wenn er ordentlich aus der Gesellschaft ausscheiden würde.
8.2 Personengesellschaft ohne Betriebsvermögen
Personengesellschaften ohne Betriebsvermögen sind solche Personengesellschaften, die keine Gewinneinkünfte erzielen. Es sind vermögensverwaltende Gesellschaften.
Für derartige Gesellschaften gilt § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG. Diese Vorschrift schreibt vor, dass der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft, die nicht unter § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes fällt, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt. Die dabei übergehenden Schulden und Lasten der Gesellschaft sind bei der Ermittlung der Bereicherung des Erwerbers wie eine Gegenleistung zu behandeln.
In § 97 Abs. 1 Nr. 5 Bewertungsgesetz (BewG) ist geregelt, dass ein Gewerbebetrieb i.S. des BewG vorliegt bei Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 Satz 2 des EStG. Dabei gehören zu diesem Gewerbebetrieb auch die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen und Schulden des Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter (soweit die Wirtschaftsgüter und Schulden bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören). Daraus folgt, dass bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften die einzelnen Wirtschaftsgüter nach den jeweiligen für sie geltenden Bewertungsmaßstäben des Bewertungsgesetzes zu beurteilen sind.
Für Wertpapiere ist auf die Vorschrift des § 11 BewG hinzuweisen, im Übrigen spielen die Bewertungsvorschriften für Grundvermögen, §§ 68 bis 94 BewG eine entscheidende Rolle.
8.3 Personengesellschaft mit Betriebsvermögen
Die erbschaftsteuerlichen Rahmenbedingungen für Betriebsvermögen haben sich durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 grundsätzlich gewandelt.[2]
8.3.1 Ziel der Reform
Ziel der Reform war es, unternehmerisches Vermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Jedenfalls sollte ein verkehrswertnaher Wert der Besteuerung zugrunde liegen. Diese Vorgabe ist aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich gewesen, eine Gleichbehandlung verschiedener Vermögensarten sollte erreicht werden.
Vor der Erbschaftsteuerreform war die erbschaftsteuerrechtliche Behandlung ein maßgebendes Kriterium für die Rechtsformwahl.
Während für Kapitalgesellschaften das sogenannte Stuttgarter Verfahren, eine Mischung aus Ertrags- und Substanzwertverfahren, zur Anwendung kam, wurden hinsichtlich der Bewertung der Personengesellschaften die Einheitswerte des Betriebsvermögens zugrunde gelegt. Das führte dazu, dass Personengesellschaften häufig sehr viel günstiger in der erbschaftsteuerlichen Betrachtung waren als Kapitalgesellschaften.
Darüber hinaus bestand bis zur Reform der Erbschaftsteuer die Möglichkeit, vermögensverwaltende Gesellschaften erbschaftsteuerlich zu privilegieren. Dazu war lediglich erforderlich, das ertragsteuerliche Privatvermögen in ertragsteuerliches Betriebsvermögen umzuwandeln. Dies konnte leicht durch die Einbringung des Vermögens in eine GmbH & Co. KG als gewerblich geprägte Gesellschaft erfolgen.
Diese „gewillkürte“ Privilegierung von Vermögen, das nicht zu unternehmerischen Zwecken genutzt wurde, ist ebenfalls mit der Reform abgeschafft worden.
Statt der bisherigen Systematik der Vergünstigung für Betriebsvermögen, die an den einkommensteuerlichen Begriff des Betriebsvermögens angeknüpft haben, ist nunmehr eine Unterscheidung zwischen Produktiv- und Verwaltungsvermögen getreten.
8.3.2 Bewertung von Personengesellschaften
Für die Bewertung unternehmerischen Vermögens von Personengesellschaften gilt gem. § 109 Abs. 2 BewG grundsätzlich die Bewertungsregel des § 11 Abs. 2 BewG entsprechend. Bei der Regel nach § 11 Abs. 2 BewG handelt es sich um eine für Kapitalgesellschaften geschaffene Regelung. Danach ist der gemeine Wert in erster Linie aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Sollte dies nicht möglich sein, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln, dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde, als Mindestwert ist dabei der Substanzwert anzusetzen.
Die Problematik des reformierten Erbschaftsteuerrechts ist darin zu sehen, dass ein funktionierendes typisierendes Verfahren fehlt. Das Gesetz sieht zwar in den Regeln der §§ 199 f. BewG mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren ein solches Verfahren vor, dieses Ertragswertverfahren wird jedoch eine erforderliche Akzeptanz kaum erlangen können. Gerade im mittelständischen Bereich dürften die aufgrund des vereinfachten Ertragswertverfahrens ermittelten Werte nicht realistisch sein, es werden zu hohe Werte der Besteuerung unterworfen.
Hinzu kommt, dass trotz der durch die Erbschaftsteuerreform massiven Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Steuertarif nicht abgesenkt, sondern insbesondere in den Steuerklassen II und III sogar erheblich erhöht wurde.
[1] Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz § 7 Rn. 332.
[2] BGBl. I 2008, 3018.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.
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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017