Erbschaft- und Schenkungsteuer – Teil 06 – Erbrecht des Fiskus, Gewillkürte Erbfolge
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
4.1.2.2.5 Besonderheiten
Ist der Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so erhält er über seinen gesetzlichen Erbteil hinaus die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände und die Hochzeitsgeschenke als Voraus (sogenanntes Voraus des Ehegatten) § 1932 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ist er neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm diese Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt (§ 1932 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Das Ehegattenerbrecht und der Voraus des Ehegatten ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933 BGB).
Der geschiedene Ehegatte sowie Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind keine gesetzlichen Erben. Nur im Wege der gewillkürten Erbfolge können sie als Erben berufen werden.
4.1.2.2.6 Lebenspartnerschaft
Vom 1.8.2001 bis zum 30.9.2017 konnten Partner einer gleichgeschlechtlichen Beziehung eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Dieses familienrechtliche Institut sollte eine weitgehende Gleichstellung von eingetragenen homosexuellen Paaren und Ehepaaren erreichen.
§ 1 Abs. 1 Satz 1 LPartG definiert den Begriff „Lebenspartner und Lebenspartnerinnen”. Dies sind zwei Personen gleichen Geschlechts, die gegenseitig und bei gleichzeitiger Anwesenheit vor der zuständigen Behörde erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen.
Seit dem 1.10.2017 können gleichgeschlechtliche Paare nur noch die Ehe eingehen, eine eingetragene Lebenspartnerschaft kann nicht mehr begründet werden. Solange eine bereits bestehende eingetragene Lebenspartnerschaft nicht in eine Ehe umgewandelt wird, bleibt sie bestehen.
Die erbrechtlichen Folgen der Lebenspartnerschaft sind in § 10 LPartG geregelt.
Die Folgen entsprechen im Wesentlichen dem Erb- und Pflichtteilsrecht der Ehegatten.
Der überlebende Lebenspartner wird gesetzlicher Erbe (§§ 1933, 1931 Abs. 2 BGB), wenn bei Eintritt des Erbfalls kein Verfahren auf Aufhebung der Lebenspartnerschaft läuft, ihm steht ein sogenanntes Voraus zu (§ 10 Abs. 1 S. 2 LPartG, § 1932 BGB) und die Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten (§ 10 Abs. 4 LPartG, §§ 2266 ff. BGB).
4.1.2.3 Erbrecht des Fiskus § 1936 BGB
Wenn kein gesetzlicher Erbe vorhanden ist, erbt der Fiskus, der das Erbe nicht ausschlagen kann.
Damit haftet der Fiskus mit der Erbschaft für die Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers. Er ist gegenüber den Nachlassgläubigern verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen (§ 1966 BGB; Weidlich in: Palandt, § 1966 Tz. 1). Soweit der Nachlass für die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten aufgebraucht wird, gehen darüber hinaus nicht vollständig beglichene und andere Nachlassverbindlichkeiten ins Leere.
4.1.3 Gewillkürte Erbfolge
Die gewillkürte Erbfolge durch
- Testament (einseitige Verfügung von Todes wegen) oder
- Erbvertrag (zweiseitiges Rechtsgeschäft)
geht der gesetzlichen Erbfolge vor.
Ein Testament kann der Erblasser aufsetzen durch
- öffentliches
- eigenhändiges
- außerordentliches oder
- gemeinschaftliches
Testament
4.1.3.1 öffentliches Testament
Ein öffentliches Testament wird vor einem Notar zur Niederschrift errichtet. Dabei kann der Erblasser seinen letzten Willen mündlich erklären oder eine offene oder verschlossene Schrift (handschriftlich oder elektronisch geschrieben) mit der Erklärung überreichen, dass sie seinen letzten Willen enthalte.
4.1.3.2 eigenhändiges Testament
Ein eigenhändiges Testament wird nicht vor einem Notar errichtet, sondern vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben. Die Wahl des Schreibmittels (Tinte, Bleistift) ist frei. Ungültig ist ein eigenhändiges Testament, wenn es mit einer Schreibmaschine oder PC geschrieben wurde. Orts- und Zeitangaben sind kein Gültigkeitserfordernis, aber aus Beweisgründen zweckmäßig.
Minderjährige können ein Testament erst errichten, wenn sie das 16. Lebensjahr vollendet haben (Testierfähigkeit). Sie bedürfen dann nicht mehr der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Davor ist der Minderjährige testierunfähig. In diesem Fall müssen seine gesetzlichen Vertreter für ihn handeln. Testierfähige Minderjährige und Personen, die nicht schreiben oder lesen können, dürfen nur ein öffentliches Testament durch mündliche Erklärung (Minderjährige auch durch Übergabe einer offenen Schrift) errichten.
Wer ein Testament, das sich nicht in amtlicher Verwahrung befindet, im Besitz hat, ist verpflichtet dieses an das Nachlassgericht abzuliefern. Die Eröffnung des Testaments nimmt das Nachlassgericht vor.
4.1.3.3 außerordentliches Testament
Außerordentliche Testamentsformen kennt das BGB für besondere Lebenssituationen, wie z.B.
- das Nottestament bei Todesgefahr vor dem Bürgermeister und zwei Zeugen oder
- das Seetestament vor drei Zeugen.
Diese außerordentlichen Testamente werden drei Monate nach ihrer Errichtung hinfällig (beschränkte Gültigkeitsdauer), falls der Verfügende noch lebt. Der Beginn und der Lauf dieser Frist sind gehemmt, solange der Erblasser außerstande ist, ein Testament vor einem Notar zu errichten.
4.1.3.4 gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten (nicht von Verlobten, Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, Geschwistern und anderen Personen) errichtet werden. Lebenspartner sind dagegen zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments berechtigt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbschaft- und Schenkungsteuer“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-78-6.

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Carola Ritterbach
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2017