Erbschaft- und Schenkungsteuer – Teil 11 – Abgrenzungen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
6.3 Abgrenzungen
Bei Schenkungen unter Lebenden ist zwischen mittelbaren und gemischten Schenkungen sowie der Schenkungen unter Auflage zu unterscheiden.
6.3.1 Mittelbare Grundstücks- oder Geldschenkung
Die Hingabe von Geld zum Erwerb eines Grundstücks oder zur Errichtung eines Gebäudes kann als Schenkung von Grundbesitz anzusehen sein (mittelbare Grundstücksschenkung), wenn dem Bedachten nach dem erkennbaren Willen des Zuwendenden im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein bestimmtes Grundstück oder Gebäude verschafft werden soll. In diesen Fällen ist das Grundstück Gegenstand der freigebigen Zuwendung, da der Beschenkte keine uneingeschränkte Verfügungsmacht über das zweckgebundene Geld hat. Den Geldbetrag muss der Schenker grundsätzlich bis zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks oder des Beginns der Baumaßnahme zugesagt haben. Zwischen der Bereitstellung des Geldes und seiner bestimmungsgemäßen Verwendung muss ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen.
Wird dem Beschenkten ein Betrag zum Erwerb eines unbestimmten Grundstücks geschenkt, liegt eine mittelbare Geldschenkung (unter einer Auflage) vor, wenn der Beschenkte von dem zugewendeten Geldbetrag im eigenen Namen und für eigene Rechnung ein Grundstück erwerben soll, ohne dass das Grundstück bereits feststeht.
Entsprechendes gilt, wenn der Schenker den Beschenkten verpflichtet, auf einem dem Schenker gehörenden Grundstück nach eigenen Vorstellungen des Schenkers ein Gebäude zu errichten beziehungsweise den Geldbetrag für die Errichtung eines solchen Gebäudes mit zu verwenden, ohne dass bei Ausführung der Zuwendung bereits ein konkretes Bauvorhaben besteht.
Ein konkretes Bauvorhaben liegt hingegen vor, wenn bereits
- eine Bauvoranfrage
- ein Kostenvoranschlag oder
- ein Finanzierungsplan
vorliegt.
Die Schenkung gilt mit der Geldhingabe als ausgeführt. Deshalb unterliegt der volle Geldbetrag der Besteuerung. Der Umstand, dass die Geldschenkung unter einer Auflage gemacht wird, schließt die Steuerpflicht der Schenkung nicht aus.
Beispiel
A schenkt seiner Nichte B folgende Grundstücke beziehungsweise Geldgeschenke:
- Einfamilienhaus, gemeiner Wert 600.000 EUR, Bedarfswert 300.000 EUR. A hatte das Grundstück einige Tage zuvor erworben.
- Geldschenkung über 600.000 EUR unter der Auflage, mit dem Geld ein Einfamilienhaus zu erwerben. Im Zeitpunkt der Schenkung steht das zu erwerbende Grundstück noch nicht fest.
- Geldschenkung über 600.000 EUR unter der Auflage, mit dem Geld ein bestimmtes Einfamilienhaus zu erwerben.
- Geldschenkung über 500.000 EUR unter der Auflage, mit dem Geld ein Einfamilienhaus zu erwerben, das 600.000 EUR kostet.
- Geldschenkung über 50.000 EUR unter der Auflage, mit dem Geld ein Einfamilienhaus zu erwerben, das 600.000 EUR kostet.
- Geldschenkung über 500.000 EUR zum Bau eines Einfamilienhauses auf einem Grundstück, das B bereits gehört. Der Grundbesitzwert des unbebauten Grundstücks beträgt 100.000 EUR, der des bebauten Grundstücks 300.000 EUR.
- Geldschenkung über 100.000 EUR zur Errichtung eines Anbaus an einem Einfamilienhaus.
- 1. Es handelt sich um eine Grundstücksschenkung.
- 2. Es handelt sich um eine Geldschenkung, da kein bestimmtes Grundstück gemeint ist.
- 3. Es handelt sich um eine mittelbare Grundstücksschenkung, da ein bestimmtes Einfamilienhaus damit erworben werden soll.
- 4. Es handelt sich um eine mittelbare Grundstücksschenkung, da ein Grundstück für 600.000 EUR zu erwerben ist.
- 5. Es handelt sich um eine Geldschenkung, da es sich lediglich um einen Geldzuschuss handelt.
- 6. Es handelt sich um eine mittelbare Grundstücksschenkung, weil die Kosten der Errichtung eines Gebäudes auf einem dem Beschenkten gehörenden Grundstücks übernommen werden.
- 7. Es handelt sich um eine mittelbare Grundstücksschenkung, da bereits ein Teil der Errichtung übernommen wird.
6.3.2 Gemischte Schenkung oder Schenkung unter Auflage
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG gilt bei der gemischten Schenkung oder Schenkung unter einer Auflage als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Bedachten.
Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn bei einem gegenseitigen Vertrag Leistung und Gegenleistung in einem offenbaren Missverhältnis stehen und sich die Parteien darüber einig sind, dass der übersteigende Teil unentgeltlich zugewendet wird.
Bei einer Schenkung unter Auflage wird der Schenkung eine Bestimmung hinzugefügt, dass der Bedachte nach Erhalt des Schenkungsgegenstands zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet ist.
Beispiel
Der sechzigjährige A überträgt seiner Tochter B im Dezember 2016 ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert von 1 Mio. EUR. Der steuerliche Grundbesitzwert beträgt 900.000 EUR.
- A und B schließen einen Kaufvertrag ab. Als Kaufpreis wird lediglich ein Betrag in Höhe von 300.000 EUR vereinbart.
- A und B schließen einen Schenkungsvertrag ab. Als Auflage wird vereinbart, dass B ihrem Vater eine Leibrente von monatlich 2.000 EUR zahlt.
- A und B schließen einen Schenkungsvertrag ab. Als Auflage wird vereinbart, dass A sich das lebenslängliche Nießbrauchrecht (Jahreswert 35.000 EUR) an dem Einfamilienhaus vorbehält. Der Nießbrauch hat sich nicht auf den Bedarfswert des Einfamilienhauses ausgewirkt.
- 1. Es handelt sich um eine gemischte Schenkung. Die Bereicherung ermittelt sich nach Abzug der Gegenleistung, d.h. dem Kaufpreis. Danach ergibt sich eine Bereicherung von 600.000 EUR (900.000 EUR ./. 300.000 EUR).
- 2. Es handelt sich um eine Schenkung unter einer Leistungsauflage. Die Bereicherung ermittelt sich nach Abzug der Leistungsauflage. Die Leistungsauflage ermittelt sich nach dem Kapitalwert. Der Kapitalwert der Rente beträgt 303.024 EUR (24.000 EUR (Jahreswert) x 12,626 dem Kapitalisierungsfaktor). Es liegt eine Bereicherung von 596.976 EUR (900.000 EUR ./. 303.024 EUR) vor.
- 3. Bei dem dritten Fall handelt es sich um eine Schenkung unter einer Nutzungsauflage. Die Bereicherung ermittelt sich nach Abzug der Nutzungsauflage. Die Nutzungsauflage ermittelt sich nach dem Kapitalwert. Der Kapitalwert des Nießbrauchs beträgt 441.910 EUR (35.000 EUR (Jahreswert) x 12,626 dem Kapitalisierungsfaktor). Es liegt demnach eine Bereicherung von 458.090 EUR (900.000 EUR ./. 441.910 EUR) vor.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbschaft- und Schenkungsteuer“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-78-6.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2017
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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