Erbschaft- und Schenkungsteuer – Teil 17 – Lohnsummenklausel, Behaltensfrist, Optionsverschonung von 100 % Steuerfreiheit, Verschonung bei Großerwerben, Bewertungs- und Besteuerungsebene
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
7.4.1.4 Lohnsummenklausel im Sinne des § 13a Abs. 3 ErbStG
Ein maßgebendes Kriterium der sachlichen Rechtfertigung einer Steuerverschonung ist das sogenannte Lohnsummenerfordernis.
Für die Gewährung des Verschonungsabschlags ist es erforderlich, dass innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400?% der Ausgangslohnsumme nicht unterschritten werden (Mindestlohnsumme) darf.
Die Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf Wirtschaftsjahre.
Die Lohnsummenregelung stellt darauf ab, dass innerhalb der Lohnsummenfrist die Mindestlohnsumme nicht unterschritten werden darf. Allerdings kann ein Verstoß gegen die Lohnsummenregelung erst nach Ablauf der fünfjährigen Lohnsummenfrist festgestellt werden, sodass es in einzelnen Jahren dieser Frist durchaus möglich ist davon abzuweichen, soweit in den fünf Jahren insgesamt die gesetzliche Lohnsumme eingehalten wurde.
Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit zuständige Finanzamt stellt die
- Ausgangslohnsumme
- die Anzahl der Beschäftigten und
- die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest,
wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung von Bedeutung sind.
7.4.1.5 Behaltensfrist
Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit innerhalb von fünf Jahren nach dem Besteuerungszeitpunkt (Behaltensfrist) gegen eine der Behaltensregelungen verstoßen wird.
Die sogenannten Behaltensregelungen sind in § 13a Abs. 6 ErbStG geregelt.
Sofern der Erwerber innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des §?15 Abs.?1 Satz?1 Nr.?2 und Abs.?3 EStG, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA oder einen Anteil daran veräußert, verstößt er gegen die Behaltensregelungen.
Eine Veräußerung setzt den entgeltlichen oder teilentgeltlichen Übergang eines Wirtschaftsguts von einer Person auf eine andere voraus (BFH vom?7.7.2004, II B 32/04; BStBl.?II 2004, 747).
7.4.1.6 Optionsverschonung von 100 % Steuerfreiheit
Die Optionsverschonung räumt die Möglichkeit ein, eine vollständige Steuerbefreiung zu erreichen, soweit das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % beträgt.
Die Verschonungsregelungen nach §§ 13a und 13b ErbStG gelten dann unter anderem mit folgenden Maßgaben:
- Verschonungsabschlag beträgt 100 %
- siebenjährige Behaltensfrist
Der Erwerber muss die Optionsverschonung bei dem für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich oder zur Niederschrift beantragen. Der Antrag kann nach Zugang dieser Willenserklärung beim Erbschaftsteuerfinanzamt nicht mehr widerrufen werden.
Beispiel
A hat von seinem Großvater am 17.12.2016 ein Einzelunternehmen (Wert 7.400.000 EUR) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Das Verwaltungsvermögen des Betriebs beträgt 5 %. A optiert für die 100 %ige Steuerbefreiung.
- o Der erworbene Betrieb ist begünstigtes Vermögen. Da das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % beträgt, kann A die 100 %ige Steuerbefreiung beantragen (Optionsverschonung). Das steuerpflichtige Betriebsvermögen berechnet sich wie folgt:
Wert des Betriebsvermögens 7.400.000 EUR
./. 100 % Verschonungsabschlag ./. 7.400.000 EUR
Steuerpflichtiges Betriebsvermögen 0 EUR
Für A ergibt sich damit im Zeitpunkt der Schenkung keine schenkungssteuerliche Belastung.
7.4.1.7 Verschonung bei Großerwerben
Übersteigt der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens die Prüfschwelle in Höhe von 26 Mio. EUR, erfolgt keine Verschonung.
Auf Antrag gibt es allerdings
- einen verminderten Verschonungsabschlag nach § 13c ErbStG oder
- eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung beim Erwerber nach § 28a ErbStG.
Der Verschonungsabschlag nach § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG knüpft dort an, wo der Anwendungsbereich der Verschonungsregeln nach §?13a Abs.?1 Satz?1 ErbStG endet, nämlich bei einem Erwerb von begünstigtem Vermögen mit einem Wert von mehr als 26 Mio.?EUR.
§ 28a ErbStG regelt den antragsgebundenen Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer, wobei die Erlasswürdigkeit auf Grund einer vorherigen Bedürfnisprüfung positiv festgestellt werden muss.
7.4.1.8 Bewertungs- und Besteuerungsebene
Die Bewertung der Anteile an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft richtet sich nach den Bewertungsregelungen des BewG.
Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 BewG ist der gemeine Wert für Anteile an einer Personengesellschaft anzusetzen. Der gemeine Wert ist der Wert, der bei einer Veräußerung unter fremden Dritten vereinbart worden wäre.
Wird ein Anteil an einer Personengesellschaft durch Schenkung oder Erwerb von Todes wegen auf den Nachfolger übertragen, prüft das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt, ob die Regelverschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG greift.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbschaft- und Schenkungsteuer“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-78-6.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2017