Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 05 – Steuerobjekt (Überblick): Umsatzart Lieferung und sonstige Leistungen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3 Steuerobjekt (Überblick)
Objekt der USt sind die steuerpflichtigen Umsätze. Das sind alle wirtschaftlichen Verkehrsvorgänge (z.B. Verkäufe und Dienstleistungen), die steuerbar und nicht von der Steuer befreit sind. Nicht jeder steuerbare Umsatz ist auch steuerpflichtig.
Ob ein Umsatz steuerbar ist, richtet sich zunächst nach § 1 UStG. In dieser Vorschrift werden verschiedene wirtschaftliche Verkehrsvorgänge (Umsatzarten) tatbestandlich geregelt. Nur solche wirtschaftlichen Verkehrsvorgänge, die diese tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen, sind steuerbare Umsätze.
In § 1 UStG werden drei Umsatzarten - abschließend - unterschieden, deren praktische Bedeutung sehr unterschiedlich ist. Wichtig sind die Umsatzarten
- Lieferung und sonstige Leistung
- Einfuhr sowie
- innergemeinschaftlicher Erwerb.
3.1 Umsatzart: Lieferung und sonstige Leistungen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG
Bei den Lieferungen und sonstigen Leistungen wird zwischen
- entgeltlichen
- unentgeltlichen Lieferungen und
- sonstigen Leistungen
unterschieden.
3.1.1 Entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen
Entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen stellen die Hauptumsatzart dar. Bei Lieferungen handelt es sich im Wesentlichen um die Veräußerung von Waren, fertigen Werken und anderen Gegenständen. Sonstige Leistungen sind insbesondere Dienstleistungen jeder Art. Aus dem Begriff "sonstige Leistungen" ist zu entnehmen, dass auch die Lieferung eine Leistung ist. Die Begriffe Lieferung und sonstige Leistung müssen jedoch deutlich voneinander abgegrenzt werden, da beide Leistungsarten unterschiedlichen Einzelbestimmungen unterliegen.
3.1.2 Gleichgestellte Lieferungen und sonstige Leistungen
Einen wirtschaftlichen Verkehrsvorgang stellt auch der private Endverbrauch durch den Unternehmer selbst dar. Aus wirtschaftlicher Sicht macht es keinen Unterschied, ob eine Wurst nach einer Veräußerung im Magen des Kunden oder nach einem Verbrauch zum Eigenbedarf im Magen des Fleischers landet. In beiden Fällen ist die Wurst wirtschaftlich umgesetzt (verbraucht) worden.
Vor dem 1.4.1999 stellten diese Vorgänge mangels Entgelt eine eigene Umsatzart „Eigenverbrauch“ dar. Diese Umsatzart ist in Angleichung an die europäische Umsatzbesteuerung der Fiktion einer Leistung gewichen. Ab 1.4.1999 sind unentgeltliche Wertabgaben in § 3 Abs. 1b UStG bzw. § 3 Abs. 9a UStG den entgeltlichen Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen gleichgestellt.
Nach § 3 Abs. 1b UStG ist die Entnahme eines Gegenstandes für private Zwecke und grds. jede weitere unentgeltliche Zuwendung als Lieferung anzusehen.
Durch § 3 Abs. 9a UStG wird insbesondere die vorübergehende Verwendung von Gegenständen für private Zwecke in Abgrenzung zu deren Entnahme und Zuwendung als sonstige Leistung angesehen. Dies gilt auch für die sonstigen Leistungen, die für den privaten Bedarf des Unternehmers oder dessen Personal ausgeführt werden.
3.2 Umsatzart: Einfuhr gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG
Die Umsatzart der Einfuhr nimmt eine Sonderstellung ein. Anders als die anderen Umsatzarten, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, wird die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) von der Zollverwaltung (Bundesebene) erhoben und verwaltet (§ 21 AO). Bei der Berechnung der Umsatzsteuerschuld ist daher nur von Umsätzen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG (Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt vornimmt und innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland gegen Entgelt) auszugehen (§ 16 Abs. 1 Satz 3 UStG). EUSt fällt an, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt. Es soll dadurch sichergestellt werden, dass Waren aus Drittländern nicht unversteuert an den Letztverbraucher gelangen, sondern unmittelbar bei Grenzübertritt mit deutscher USt belastet werden.
3.3 Umsatzart: innergemeinschaftlicher Erwerb gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG
Der innergemeinschaftliche Erwerb ist eine mit Einführung des EU-Binnenmarktes neu geschaffene Umsatzart. Einfuhren aus anderen EU-Ländern sind seit Wegfall der innergemeinschaftlichen Grenzen begrifflich nicht mehr möglich. Eine Besteuerung des Warenbezuges aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet erfolgt durch Erhebung von USt für den innergemeinschaftlichen Erwerb (Erwerbsteuer). Zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips wird der innergemeinschaftliche Erwerb unter Unternehmern im Ursprungsland von der USt freigestellt (§§ 4 Nr. 1b, 6a UStG) und der Erwerb im Bestimmungsland besteuert. Erwerbsteuer fällt demnach an, wenn ein inländischer Unternehmer von einem Unternehmer in einem anderen EU-Land einen Gegenstand erwirbt und dieser Gegenstand aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Umsatzsteuerrecht
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0