Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Dieser Text ist dem Buch "Die Regelinsolvenz" von Harald Brennecke und Markus Jauch entnommen, das in 2006 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, erscheint.
Für das Insolvenzverfahren ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig. Für das Insolvenzverfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht ausschließlich zuständig (§ 2 I InsO).
Beispiel: Schubert betreibt ein Unternehmen in Spaichingen (Landkreis Tuttlingen). Sowohl in Spaichingen als auch in Tuttlingen gibt es ein Amtsgericht. Das zuständige Landgericht ist Rottweil (Landkreis Rottweil). Will Schubert Insolvenzantrag stellen, so ist nicht das Amtsgericht in Spaichingen oder das Amtsgericht in Tuttlingen zuständig, sondern das Amtsgericht Rottweil. Grund hierfür ist, dass das Amtsgericht zuständig ist, das seinen Sitz am zuständigen Landgericht hat. Da für Spaichingen das Landgericht Rottweil zuständig ist, ist in diesem Fall auch das Amtsgericht Rottweil für die Insolvenzanmeldung von Schubert zuständig.
1. Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit aus § 3 InsO ist ausschließlich. Eine andere Parteivereinbarung ist nicht gültig. Die örtliche Zuständigkeit gilt sowohl für juristische als auch für natürliche Personen. Bei juristischen Personen ist sie unabhängig von der Rechtsform eines Unternehmens. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags. Ändert der Schuldner seinen Sitz, so kann dies die zunächst begründete örtliche Zuständigkeit nicht beseitigen. Dass in der Praxis ein Schuldner seinen Sitz absichtlich in einen fremden Landgerichtsbezirk verlegt, um auf dieser Weise der Aufmerksamkeit seiner Gläubiger zu entgehen, kommt vor. Der Umstand alleine, dass der Schuldner an seinem neuen Sitz keine nennenswerte werbende Tätigkeit aufgenommen hat, schließt die Ernsthaftigkeit der Sitzverlegung nicht aus. Dies kann allenfalls ein Indiz sein, die tatsächliche Verlegung des Sitzes in Zweifel zu ziehen.
2. Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit
Liegt der Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort als seinem allgemeinen Gerichtsstand, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt (§ 3 I S. 2 InsO).
Beispiel: Der allgemeine Gerichtsstand des selbständig tätigen Schuldners Schubert ist Pforzheim. Allerdings betreibt Schubert in Karlsruhe ein Antiquitätengeschäft. Dies bedeutet also, dass der Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit von Schubert in Karlsruhe liegt. Im Falle einer eintretenden Insolvenz wäre somit nicht das Amtsgericht in Pforzheim für den Insolvenzantrag von Schubert zuständig, sondern das Amtsgericht in Karlsruhe.
Die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Schuldners muss nicht gewerblicher Natur sein. Es ist ausreichend, dass der Schuldner einer nachhaltigen, auf Erwerb zielende unternehmerischen Tätigkeit (z.B. Freiberufler) nachgeht. Der Mittelpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist dort zu finden, wo die Geschäfte nach außen hin abgewickelt werden. Die Eintragung ins Handelsregister, die Satzungsmäßige Sitzregelung etc. können allenfalls Indizcharakter besitzen. Maßgeblich ist hier der tatsächliche Geschäftsablauf. Wenn der Schuldner verschiedene Niederlassungen oder Betriebsorte betreibt, so ist in der Regel der Ort der zentralen Verwaltung maßgeblich. Der Ort der zentralen Verwaltung ist als Mittelpunkt der geschäftlichen Betätigung nach außen anzusehen. Konzernrechtlich ist eine Muttergesellschaft nur dann für die insolvente Tochtergesellschaft zuständig, wenn sie diese wirklich wirtschaftlich geleitet und gelenkt hat. Wurde die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens beendet, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand und nicht mehr nach dem Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit. Für eine GmbH ist das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz hat. Der Wohnsitz eines Geschäftsführers ist nicht maßgebend, auch wenn er mit der Abwicklung der Gesellschaft betraut wurde und die Geschäftsbücher an sich genommen hat und die weitere Korrespondenz führt.
3. Örtliche Zuständigkeit mehrerer Insolvenzgerichte
Der eben behandelte § 3 der Insolvenzordnung kann dazu führen, dass mehrere Insolvenzgerichte gesetzlich zuständig sind. Dies kann z.B. dann passieren, wenn der Schuldner zwei Wohnsitze hat. Auch möglich ist es in dem Fall, in dem der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit an mehreren Orten ausführt und nicht erkannt werden kann, ob an einem besonderen Standort ein Mittelpunkt dieser selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit besteht. In dem Falle, in dem eine örtliche Zuständigkeit an mehreren Gerichten bestehen kann, ist der Antragsteller berechtigt auszuwählen, an welchem Gericht er den Insolvenzantrag stellt (dies ergibt sich aus § 4 InsO i.V.m. § 35 ZPO). Wird Antrag bei einem der örtlich zuständigen Insolvenzgerichte gestellt, so schließt diese Antragstellung die übrigen Gerichte aus (§ 3 II InsO). Die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem Insolvenzantrag gestellt worden ist, bleibt auch dann bestehen, wenn der Schuldner beispielsweise seinen Wohnsitz dort aufgibt.
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
- Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts
Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
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