Befristung und Leiharbeit Anschlussfragen
Besprechung vonBUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 17.1.2007, 7 AZR 20/06
Befristung - Vorübergehender betrieblicher Bedarf
Leitsätze
Die für einen späteren Zeitpunkt geplante Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer ist kein Sachgrund für die Befristung im Arbeitsvertrag mit einem vorübergehend auf diesem Arbeitsplatz eingesetzten Arbeitnehmer. Die Befristung ist weder wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG noch durch einen sonstigen, in dem Katalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund gerechtfertigt.
Flexibler Personaleinsatz mittels Arbeitnehmerüberlassung und Befristung
Sie finden auf unseren Seiten mehrere Hinweise auf eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes und damit einhergehend die Möglichkeit den Kostenapparat eines Unternhemens auftragsbezogen zu steuern.
Im vorligenden Fall hat ein Arbeitgeber die beieden Instrumente Arbeitnehmerüberlassung und Befristung kombiniert, jedoch in der Weise, dass die Befristung durch eine Arbeitnehmerüberlassung "abgelöst" werden sollte.
Das ist an sich kein unüblicher Vorgang, jedoch lag im vorliegenden Fall die Besonderheit darin, dass die Befrsitung mit einem sachlichen Grunde erfolgte und dieser wie folgt fomuliert war:
" ... zur Deckung eines vorübergehenden Personalbedarfs bis zur Betriebsaufnahme der am 16. Juli 2004 neu gegründeten Tochtergesellschaft am 1. Oktober 2004"
Ab 1. Oktober 2004 sollte zur Erledigung der Arbeiten in der Flugzeugabfertigung aus Gründen der Personalkosteneinsparung Arbeitnehmer von der C zu entliehen werden. Die Befristung erfolgte also aus dem Grunde, dass nach Ablauf der Befristung ein Leiharbeitnehmer die Tätigkeit des befristet eingestellten Arbeitnehmers hätte fortführen sollen.
Vor Gericht kam die Sache im Rahmen einer Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 TzBfG.
Für diese Klage bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses, jedoch immer eines Rechtsschutzbedürfnisses. Klagen aus Langeweile haben keine Aussicht auf Erfolg. Sie sind schlicht unzulässig.
Ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich immer dann, wenn die Überprüfung einer Befristung zu einem Ergebnis führen würde, das die Stellung des klägers beeinträchtigt. Zum beispiel in dem Fall, in dem der Kläger mehr Lohn erhalten würde, wenn er schon länger dem Betrieb zugehörig wäre.
Im vorliegenden Fall war das so.
Zur Entscheidung führte das Gericht aus:
Der Sachgrund des nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) liegt nicht vor.
Die für einen späteren Zeitpunkt geplante Übertragung der Tätigkeit in der Flugzeugabfertigung an Leiharbeitnehmer rechtfertigt die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht. Die Befristung ist auch nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG oder durch einen sonstigen, in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund gerechtfertigt.
Die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein Bedarf mehr besteht (st. Rspr., vgl. etwa BAG 5. Juni 2002 - 7 AZR 241/01 - BAGE 101, 262 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 13 = EzA BGB § 620 Nr. 193, zu I 3 a der Gründe; 4. Dezember 2002 - 7 AZR 437/01 - AP BAT § 2 SR 2y Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 1, zu A II 2 der Gründe; 11. Februar 2004 - 7 AZR 362/03 - BAGE 109, 339 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 256 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 9, zu I 2 a der Gründe mwN) . Der vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung kann sich daraus ergeben, dass für einen begrenzten Zeitraum in dem Betrieb zusätzliche Arbeiten anfallen, die mit dem Stammpersonal allein nicht erledigt werden können, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringert, zB wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Entschließt sich der Arbeitgeber, in seinem Betrieb anfallende Arbeitsaufgaben künftig nicht mehr Mitarbeitern zu übertragen, mit denen er selbst einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, sondern Leiharbeitnehmern, führt dies nicht dazu, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung von diesem Zeitpunkt an nicht mehr besteht. Denn der Arbeitgeber erledigt die Tätigkeiten nach wie vor selbst innerhalb seiner betrieblichen Organisation und benötigt dazu weiterhin Arbeitskräfte, die diese Arbeitsaufgaben für ihn ausführen. Er schließt mit diesen Mitarbeitern lediglich nicht selbst Arbeitsverträge ab, sondern deckt seinen Arbeitskräftebedarf mit Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers, der sie ihm auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zur Förderung seiner Betriebszwecke zur Verfügung stellt
Beachten Sie bitte den Fall der sachgrundlosen Befrsitung. Die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist arbeitgeberbezogen, nicht betriebsbezogen. Das zeigt das Anschlussverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wonach die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. In einer solchen Kostellation würde sich die oben aufgeworfene Frage nicht stellen.
Für den Arbeitnehmer stellt sich also immer im Falle einer Weiterbeschäftigung beim selben Arbeitgeber die Frage, ob er das beendete oder gerade im auslaufen befindliche befristete Arbeitsverhältnis prüfen lässt.
Alternativ kann und soll sich der Arbeitnehmer die Überprüfung im neuen Arbeitsvertrag ausdrücklich vorbehalten.
Nach ständiger Rechtsprechung ist bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre Rechtfertigung zu prüfen. Durch den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die künftig für ihr Arbeitsverhältnis allein maßgebend ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben. Dies gilt nicht, wenn die Parteien in einem nachfolgenden befristeten Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer - ausdrücklich oder konkludent - das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung prüfen zu lassen. Haben die Parteien einen derartigen Vorbehalt vertraglich vereinbart, ist die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle auch für den davor liegenden Vertrag eröffnet (BAG 5. Juni 2002 - 7 AZR 205/01 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 236 = EzA BGB § 620 Nr. 195, zu I 2 c der Gründe; 10. März 2004 - 7 AZR 402/03 - BAGE 110, 38 = AP TzBfG § 14 Nr. 11 = EzA TzBfG § 14 Nr. 9, zu II 1 der Gründe mwN) .
Die gleichen Grundsätze gelten bei Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags für die Zeit nach Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags. Auch durch den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage, nach der sich ihre Vertragsbeziehung künftig allein richten soll. Will der Arbeitnehmer trotz des Abschlusses eines unbefristeten Arbeitsvertrags die Wirksamkeit der in einem vorangegangenen Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung gerichtlich überprüfen lassen, weil dies für seine Rechtsposition von Bedeutung sein kann, muss er mit dem Arbeitgeber - ausdrücklich oder konkludent - einen entsprechenden Vorbehalt vereinbaren.
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Stand: 03/07
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Rechtsanwalt Tilo Schindele
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt Harald Brennecke
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