Das Zwangsverwaltungsverfahren - Besondere Formen
Die Zwangsverwaltung ist eine Form der Zwangsvollstreckung (§ 866 ZPO), wobei die Immobilie jedoch nicht verwertet wird, sondern die Gläubiger aus den Nutzungen der Immobilie befriedigt werden.
Der Zwangsverwalter wird gemäß § 150 Abs.1 ZVG vom Gericht ausgewählt, wobei es in der Regel nicht an die Wünsche und Vorschläge der Gläubiger gebunden ist. Neben der erforderlichen Sachkunde sollte der Zwangsverwalter auch eine unabhängige, sozialkompetente Person sein, die bei allen Betroffenen die nötige Akzeptanz erfährt und in der Lage ist, das Amt interessengerecht zu führen.
1. Der Institutsverwalter
Eine Ausnahme von der Auswahlfreiheit des Gerichts bei der Bestellung des Zwangsverwalters bildet § 150a ZVG. Dieser gibt bestimmten Verfahrensbeteiligten das Recht, eine in ihren Diensten stehende Person als Verwalter vorzuschlagen – den sog. Instituts-Zwangsverwalter.
Zu diesen besonderen Verfahrensbeteiligten gehören öffentliche Körperschaften, unter staatlicher Aufsicht stehende Institute – also Kreditinstitute, die Bankgeschäfte betreiben, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen – sowie Hypothekenbanken. Diese privilegierten Beteiligten haben ein Vorschlagsrecht unabhängig davon, ob sie als Gläubiger selbst das Verfahren (oder den Beitritt) beantragt haben oder ob für sie lediglich ein Recht im Grundbuch eingetragen ist (§ 9 Nr.1 ZVG).
Innerhalb einer vom Vollstreckungsgericht bestimmten Frist, können diese Beteiligten eine in ihren Diensten stehende Person als Verwalter vorschlagen, § 150a Abs.1 ZVG. Wird dem Gericht ein Institutsverwalter vorgeschlagen, muss es ihn bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 150a Abs.2 ZVG bestellen – dem Gericht bleibt kein Ermessenspielraum:
- Der Vorgeschlagene muss im Dienst des Institutes stehen
- Das Institut muss die Haftung für den Verwalter übernehmen, § 154 S.1 ZVG.
- Gegen den Vorgeschlagenen dürfen „mit Rücksicht auf seine Person und die Art der Verwaltung“ keine Bedenken bestehen.
Schlagen mehrere Institute einen Verwalter vor, ist das Gericht in seiner Auswahl frei. Der Vorteil der Institutsverwaltung ist vor allem, dass keine Kosten für einen externen Verwalter anfallen. Außerdem geht ein, für den antragstellenden Gläubiger tätiger Verwalter oft kostenbewusster vor. Dies ist kein unwichtiger Punkt, denn der Gläubiger ist für die Kosten in der Zwangsvollstreckung vorschusspflichtig. Auch sind durch die Zusammenarbeit von Gläubiger und Zwangsverwalter die Entscheidungswege kürzer. Andererseits kann gerade dieses Anstellungsverhältnis zwischen dem angestelltem Institutsverwalters und dem Gläubiger als dessen Arbeitgeber zu Interessenkonflikten führen. Zudem kann sich für das Institut auch die Übernahme der Haftungsrisiken (vgl. § 154 ZVG) nachteilig auswirken.
Der Institutsverwalter unterliegt wie jeder Zwangsverwalter der Aufsicht, Kontrolle und den Weisungen des Gerichts. § 153 ZVG findet also ohne Einschränkung Anwendung. Eine Vergütung erhält der Institutsverwalter gemäß § 150a Abs.2 S.2 ZVG nicht. Dies schließt jedoch nicht aus, dass er in gleicher Weise Vorschüsse auf Aufwendungen verlangen kann, wie ein freier Verwalter. Auch kann er tatsächliche Auslagen aus der Masse entnehmen.
2. Der Schuldner als Zwangsverwalter
Bei einer weiteren Form der Zwangsverwaltung wird der Schuldner selbst zum Zwangsverwalter bestellt. Gemäß § 150b Abs.1 ZVG ist bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, fortwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks der Schuldner selbst zum Zwangsverwalter zu bestellen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Erfahrung und die Arbeitskraft des interessierten Schuldners für eine ordnungsgemäße Wirtschaftsführung auszunutzen. Wird ein Fremder eingestellt, der die Verhältnisse nicht kennt, ist dies in der Regel nachteilig. Auch müsste ein fremder Verwalter eine Vergütung erhalten, wohingegen der Schuldner nur einen geringen Unterhalt bekommt. Der Schuldner muss jedoch zur Übernahme dieses Amtes bereits sein – er kann nicht dazu gezwungen werden. Außerdem muss nach der Lage der Verhältnisse eine ordnungsgemäße Führung der Verwaltung durch ihn zu erwarten sein, § 150b Abs.3 ZVG. Liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht den Schuldner zum Verwalter bestellen. War der Schuldner zunächst nicht bereit oder geeignet, so kann er noch nachträglich in Ablösung eines Dritten bestellt werden.
Gleichzeitig mit der Bestellung des Schuldners zum Zwangsverwalter hat das Gericht von Amts wegen eine Aufsichtsperson zu bestellen. Für die Aufsichtsperson gelten die Vorschriften des § 153 Abs. 2 und § 154 S.1 ZVG entsprechend, § 150 c Abs. 2 ZVG. Die gewählte Person muss fachlich, räumlich und zeitlich in der Lage sein den Betrieb zu überwachen. Aufsichtsperson kann auch eine Behörde oder juristische Person sein. Der Schuldner ist der Aufsichtsperson über alle Vorgänge Rechenschaft schuldig, andererseits hat die Aufsichtsperson kein Weisungsrecht gegenüber dem Schuldner. Bei Problemen muss sie diese dem Gericht mitteilen, das dem Schuldner dann Weisungen erteilt oder diesen wenn nötig entlässt. Allerdings bedürfen bestimmte Geschäfte über Nutzungen und Erlös der Zustimmung der Aufsichtsperson, § 150 d ZVG. Auch hat der Schuldner gemäß § 150c Abs. 4 S. 3 ZVG rechtzeitig die Entschließung der Aufsichtsperson einzuholen, wenn es sich um Geschäfte handelt, die über den Rahmen der laufenden Wirtschaftsführung hinausgehen.
3. Alternativen zur gerichtlichen Zwangsverwaltung
Oft stellt die gerichtliche Zwangsverwaltung lediglich die letzte Möglichkeit dar. Es gibt auch andere außergerichtliche Arten oder Vorstufen der Zwangsverwaltung, die in der Regel für den Schuldner weniger einschneidend sind. In vielen Fällen lassen sich finanzierende Banken und Kreditinstitute z.B. bei vermieteten oder verpachteten Immobilien über AGB-Pfandrechte den Zugriff auf laufende Miet-bzw. Pachteinnahmen sichern oder sie lassen sich die Einnahmen abtreten. So kann es auch zu einer sog. „außergerichtlichen Institutsverwaltung“ kommen, wenn das Kreditinstitut im Einvernehmen mit dem Schuldner das Mietaufkommen an sich zieht, um so eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Immobilie zu sichern. Die für die Bank hierdurch entstehende Mehrarbeit wird oft in Kauf genommen, da das gerichtliche Zwangsverwaltungsverfahren erheblich kostenintensiver ist. Die Zwangsverwaltung kann auch mit einem Insolvenzverfahren zusammentreffen. In solchen Fällen kann eine sog. „kalte Zwangsverwaltung“ durchgeführt werden. Dabei wird der Insolvenzverwalter wie ein gerichtlich bestellter Zwangsverwalter für das Kreditinstitut auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages tätig.
4. Fazit
Es gibt mehr als eine Alternative zur klassischen Zwangsverwaltung, bei der das Gericht den Zwangsverwalter aussucht und bestellt. Oftmals sind die abweichenden Varianten kostengünstiger für den Gläubiger und/oder weniger einschneidend für den Schuldner. Aus diesem Grund sollten sich alle Beteiligten eines bevorstehenden Zwangsverwaltungsverfahrens über andere Wege als die klassische Zwangsverwaltung beraten lassen. Welcher Weg im Einzelfall am geeignetsten ist, hängt von vielen Faktoren ab und sollte unter Hinzuziehung eines Fachmannes entschieden werden.
Stand: 04/2010
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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Mandanten in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Im Bereich Kapitalanlegerrecht prüft Sie, ob Ansprüche gegen Vermittler, Kreditinstitute oder freie Anlageberater wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen und macht etwaige Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich für Sie geltend.
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Darüber hinaus berät und prüft Frau Rechtsanwältin Dibbelt, ob für eine Erlaubnis der Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) erforderlich ist und erstellt ggf. die notwendigen Anträge.
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