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Das neue Insolvenzrecht Teil III – Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit des Schuldners

Dieser Aufsatz ist der dritte Teil einer Serie zu den Änderungen der Insolvenzordnung. Teil I beschäftigte sich mit der Zulässigkeit des schriftlichen Verfahrens und der Veröffentlichung im Internet, Teil II mit dem Schriftformzwang für Insolvenzanträge sowie den neuen Sicherungsmitteln im Insolvenzeröffnungsverfahren.

6. Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit des Schuldners (§ 35 InsO)

Eine gewerbliche oder auch freiberufliche Tätigkeit eines insolventen Schuldners bereitete dem Insolvenzverwalter bislang erhebliche Probleme. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit oder auch erworbene Rechte gehören zwar in vollem Umfang zur Insolvenzmasse. Die Regelung in § 35 InsO führt aber dazu, daß dem Schuldner keine Mittel verbleiben, um die aus seiner Tätigkeit resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen, also für die Zahlung von Steuern, Sozialabgaben, Kammerbeiträgen u.ä.
Für alle Verbindlichkeiten aus der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners haftet dementsprechend Insolvenzmasse. Den Insolvenzverwalter treffen zusätzlich die steuerrechtlichen Pflichten aus der Tätigkeit des Insolvenzschuldners, ohne daß er diesem die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit untersagen könnte. In der Praxis ergab sich hier vielfach das Problem, daß der Insolvenzverwalter seitens des Finanzamts zur Erfüllung der steuerlich Pflichten aufgefordert wurde, diese aber mangels Informationen durch den Schuldner gar nicht erbringen konnte.

Zur Abhilfe sieht § 35 Abs. 2 InsO nunmehr die – in der Praxis bereits vielfach genutzte - Möglichkeit einer Freigabe des der gewerblichen Tätigkeit gewidmeten Vermögens vor.

Der Insolvenzverwalter hat bei der (beabsichtigten) Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit durch den Schuldner stets eine Erklärung dazu abzugeben, ob das Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört oder nicht. Erfolgt keine Freigabe, haftet die Insolvenzmasse weiterhin für die im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit begründeten Verbindlichkeiten, diese werden somit Masseverbindlichkeiten. Gibt der Insolvenzverwalter die Tätigkeit frei, entgeht der Masse der Neuerwerb, sie haftet aber auch nicht für Neuverbindlichkeiten jeglicher Art.

Die Freigabeerklärung ist gegenüber dem Schuldner abzugeben. Einen zeitlichen Rahmen für die Freigabeerklärung sieht das Gesetz nicht vor. Es kann aber eine kurzfristige Entscheidung des Insolvenzverwalters erwartet werden, zumal die Erklärung zu den insolvenzspezifischen Erklärungen nach § 60 InsO gehört und daher eine Schadenersatzpflicht des Insolvenzverwalter auslösen kann. Die Veröffentlichung der Freigabeerklärung erfolgt nach Anzeige des Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht auf www.insolvenzbekanntmachungen.de.

Die Entscheidung über die Freigabe kann der Insolvenzverwalter ohne Zustimmung der Gläubigerversammlung treffen. Im Interesse einer zügigen Vorgehensweise und der Abwendung von Masseverbindlichkeiten ist diese Regelung sinnvoll. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht die Freigabe nachträglich für unwirksam erklären. Insofern empfiehlt sich zur Vermeidung von Haftungsrisiken die Entscheidung über die Freigabe von der Zustimmung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung abhängig zu machen.

Dieser Aufsatz wird fortgesetzt mit Teil IV zur Anpassung der Kündigungsfristen bei Miet- und Pachtverhältnissen sowie der Unternehmensveräußerung vor dem Berichtstermin.

Kontakt: kontakt@fasp.de
Stand: Januar 2008


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Portrait Harald-Brennecke Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 35 InsO, § 60 InsO

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