Die Pflichten des Handelsvertreters - ein Überblick - Teil 1 - Allgemeines
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
1. Allgemeines zu den Pflichten des Handelsvertreters
Die Pflichten des Handelsvertreters sind gesetzlich in § 86 HGB [Pflichten des Handelsvertreters] geregelt. Die Pflichten sind recht unvollkommen, da sie sich im Einzelnen bereits aus dem Dienstvertragsrecht nach §§ 611 ff. BGB [Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag] ergeben. § 86 HGB dient im Grunde genommen nur der Klarstellung.
Die Pflichten des Handelsvertreters aus dem Vertragsverhältnis bestehen während der Dauer der vertraglichen Beziehung. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung kann sich auch eine nachvertragliche Pflicht des Handelsvertreters ergeben. Eine nachvertragliche Pflicht kann beispielsweise ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (§ 90 a) sein.
Jedoch ist ohne eine Vereinbarung dem Handelsvertreter freier Wettbewerb gestattet. Grenzen werden dem Handelsvertreter durch § 90 HGB [Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse] gesetzt, wonach eine Verwertung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht erfolgen darf.
Der Unternehmer ist berechtigt, die Pflichten des Handelsvertreters durch Weisungen zu konkretisieren; er darf aber nur bereits bestehende Pflichten konkretisieren. Der Handelsvertreter ist an diese Weisungen gebunden.
Der Weisungsgebundenheit des Handelsvertreters sind aber Grenzen gesetzt: Die erteilten Weisungen dürfen die Selbstständigkeit des Handelsvertreters nicht beeinträchtigen .
Des Weiteren trifft den Handelsvertreter auch eine sog. „Sorgfaltspflicht“ à
2. Der Handelsvertreter - die Hauptpflichten
Die Hauptpflichten bestehen in der Vermittlungs-, Abschluss- und Bonitätsprüfungspflicht, der Interessenwahrnehmungs-sowie der Berichtspflicht.
2.1. Die Vermittlungs- und Abschlusspflicht
Die Vermittlungs- und Abschlusspflicht ist die wohl Wichtigste des Handelsvertreters und ergibt sich aus § 86 I 1 Halbs.1 HGB [ Pflichten des Handelsvertreters] .
2.1.1. Die Geschäftsvermittlung des Handelsvertreters
Was umfasst die Vermittlungspflicht genau?
Zur Vermittlung gehören alle Tätigkeiten, die geeignet sind, den späteren Geschäftsabschluss zwischen dem Dritten und dem Unternehmer vorzubereiten und herbeizuführen. Ziel der Vermittlung ist, dass der Dritte Geschäfte abschließt.
Beispiele:
- Pflege des Altkundenstamms;
- Erschließen neuer Kundenschichten durch Kontaktaufnahme;
Eine Vermittlungstätigkeit wird entfaltet, wenn der Handelsvertreter den Geschäftsabschluss vorbereitet, ermöglicht oder herbeiführt. Er muss diesen Geschäftsabschluss konkret fördern.
Fraglich ist, ob die ledigliche Herstellung von Geschäftsbeziehungen von einer Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters gedeckt wird und deshalb Handelsvertreterrecht (§§ 84 ff HGB) überhaupt Anwendung finden kann.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs findet in solchen Fällen ausschließlich Dienstvertragsrecht Anwendung. Gegenstand des Dienstvertrages ist dann eine Geschäftsbesorgung für einen anderen. Die Handelsvertretereigenschaft wird deshalb vom Gericht verneint, weil es hier um keine konkreten Einzelaufträge geht (wie beim Handelsvertreter ansonsten der Fall!), sondern nur um die allgemeine Geschäftsverbindung zu dem Kunden. Im konkreten Fall fehlte eine Vereinbarung zwischen den Parteien, bzgl. der Verpflichtung ständig Geschäfte für den Auftraggeber zu vermitteln oder in dessen Namen Geschäfte abzuschließen. Dieser Aspekt lässt das Handelsvertreterrecht komplett ausscheiden .
In diesem Zusammenhang ist noch die Mitursächlichkeit anzusprechen.
Was versteht man unter „Mitursächlichkeit“?
Darunter versteht man, dass nicht allein die Bemühungen des Handelsvertreters, sondern erst zusätzliche Bemühungen des Unternehmers zum Geschäftsabschluss geführt haben:
Beispiel: Der Handelsvertreter hat nur die zum Vertragsschluss führenden Verhandlungen veranlasst.
Der Umfang der Vermittlungspflicht, d.h. welche Geschäfte der Handelsvertreter zu vermitteln hat, bestimmt sich in erster Linie aus dem Handelsvertretervertrag. Ist dort keine genaue Bestimmung getroffen, erstreckt sich die Vermittlungspflicht im Zweifel auf das gesamte Leistungsspektrum (auch: Produktionsprogramm) des Unternehmers .
Probleme tauchen auf, wenn dieses Leistungsspektrum erweitert wird. Dem Handelsvertreter würde in diesen Fällen bezüglich dieser neu hinzukommenden Produkte auch ein Provisionsanspruch zustehen.
Deshalb ist dem Unternehmer bereits bei Abschluss des Vertrages zu raten, dass er die Vollmacht des Handelsvertreters auf das gegenwärtige Produktionsprogramm beschränkt.
Eine diesbezügliche Bestimmung im Handelsvertretervertrag könnte lauten:
„Gegenstand der Vertretung“
Die Vertretung erstreckt sich auf alle Produkte des Unternehmens, die in der Anlage zu diesem Vertrag aufgeführt sind und die gegenwärtig zu dem Produktionsprogramm des Unternehmens gehören. Hinsichtlich der Einbeziehung von Produkten, die künftig zu dem Produktionsprogramm des Unternehmens gehören werden, kann nach Absprache ein Nachtrag zu diesem Vertrag vereinbart werden .
Was ist unter eine Vermittlungstätigkeit zu fassen?
In der Rechtssprechung ist als Vermittlungstätigkeit beispielsweise anerkannt:
- Der Betreiber eines Reisebüros;
- Anlageberatung;
- Kreditvermittlung, etc.
Keine Vermittlungstätigkeit liegt dagegen vor, wenn
- der Handelsvertreter dem Unternehmer lediglich Personen benennt, die an einem Vertragsabschluss interessiert sind,
- der Handelsvertreter auf den Unternehmer einwirkt, damit dieser das Angebot eines Kunden annimmt, der aber nicht von ihm geworben wurde.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.
Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.
Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.
Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
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- Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
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- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
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