Erbschaft- und Schenkungsteuer – Teil 08 – Erwerb durch Vermächtnis, Erwerb durch Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs
Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
4.2 Erwerb durch Vermächtnis
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch ein Vermächtnis. Ein Vermächtnis ist die vom Erblasser angeordnete Zuwendung eines Vermögensvorteils im Wege eines Testaments oder Erbvertrags, ohne dass der Bedachte Erbe wird. Die häufigsten Vermächtnisse stellen das Geldvermächtnis und das Sachvermächtnis dar. Das Vermächtnis wird mit dem Todesfall zugewendet, es sei denn, der Vermächtnisnehmer schlägt das Vermächtnis aus.
Während der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt, entsteht für den Vermächtnisnehmer nur ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses. Andere Rechte und Pflichten entstehen beim Vermächtnisnehmer nicht. Der Anspruch gegen den Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses muss durch den Erben erfüllt werden, d.h. dass zum Beispiel bei einem Grundstücksvermächtnis das Grundstück nach den zivilrechtlichen Vorgaben vom Erben auf den Vermächtnisnehmer übertragen werden muss.
Beispiel
Der verstorbene A hat in seinem Testament seinen Sohn B (Fußnote) zum Erben berufen. Der Nachlass setzt sich wie folgt zusammen:
Bankguthaben 510.000 EUR
unbebautes Grundstück (Fußnote).
A hat des Weiteren durch testamentarische Anordnung seinem Bruder C das Grundstück als Vermächtnis zugewandt.
- Für B ergibt sich folgende Steuerlast:
Bankguthaben 510.000 EUR
+ unbebautes Grundstück 200.000 EUR
Vermögensanfall 710.000 EUR
./. Vermächtnis ./. 200.000 EUR
./. Pauschbetrag Beerdigung ./. 10.300 EUR
Bereicherung 499.700 EUR
./. Persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 99.700 EUR
ErbSt 10.967 EUR - Für C ergibt sich folgende Steuerlast:
unbebautes Grundstück 200.000 EUR
Bereicherung 200.000 EUR
./. Persönlicher Freibetrag ./. 20 000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 180.000 EUR
ErbSt 54.000 EUR
Beispiel
Die verstorbene A hat in ihrem Testament ihre Kinder B (Fußnote) und C (Fußnote) zu zu gleichen Teilen Erben berufen. Der Nachlass setzt sich wie folgt zusammen:
Bankguthaben (Fußnote)
unbebautes Grundstück (Fußnote).
Die Nachlassverbindlichkeiten inklusive Bestattungskosten betragen 50.000 EUR.
Aufgrund eines Vermächtnisses soll die langjährige Lebensgefährtin D das Grundstück erhalten.
- Für B und C ergibt sich folgende Steuerlast:
Bankguthaben 1.050.000 EUR
+ unbebautes Grundstück + 450.000 EUR
Vermögensanfall 1.500.000 EUR
./. Nachlassverbindlichkeiten ./. 50.000 EUR
./. Vermächtnis ./. 450.000 EUR
Bereicherung 1.000.000 EUR
je Anteil B und C 500.000 EUR
./. Persönlicher Freibetrag 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 100.000 EUR
ErbSt je 11.000 EUR - Für D ergibt sich folgende Steuerlast:
unbebautes Grundstück 450.000 EUR
Bereicherung 450.000 EUR
./. Persönlicher Freibetrag ./. 20.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 430.000 EUR
ErbSt 129.000 EUR
4.3 Erwerb durch Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs
Macht ein Pflichtteilsberechtigter seinen Pflichtteil geltend, so ist dieser Erwerb als Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 3 ErbStG erbschaftssteuerpflichtig.
Das Pflichtteilsrecht wird in den §§ 2303 bis 2338 BGB geregelt. Danach ist die Testierfreiheit des Erblassers durch das Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Das Pflichtteilsrecht greift ein, wenn ein potenzieller gesetzlicher Erbe durch das Testament des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird, sei es durch ausdrückliche Enterbung oder durch Einsetzung anderer Erben.
Als Pflichtteil enthält der Berechtigte aus dem Nachlass des Erblassers eine Geldzahlung in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Wurde ihm weniger als der gesetzliche Erbteil vererbt, kann er den Zusatzpflichtteil verlangen.
Der Pflichtteilsanspruch entsteht zivilrechtlich mit dem Erbfall und ist übertragbar und vererbbar.
Zur Berechnung des Pflichtteils sind die Höhe des gesetzlichen Erbteils und der Geldwert des Nachlasses festzustellen. Maßgebend sind der Bestand des Nachlasses (Fußnote) und der Verkehrswert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls. Zu den abzugsfähigen Verbindlichkeiten gehören insbesondere die Erblasserschulden, die Beerdigungs- und andere Nachlassregelungskosten in tatsächlicher Höhe. Nicht abzugsfähig sind die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen oder aus geltend gemachten Pflichtteilsansprüchen, da sie lediglich eine Verteilung des Nachlasses darstellen.
Beispiel
Erblasser E hat sein Vermögen durch Testament seinem besten Freund vermacht. Er hinterlässt eine lebende Mutter, einen lebenden Sohn und eine verstorbene Tochter. Der lebende Sohn hat ein Kind (Fußnote). Die bereits verstorbene Tochter hinterlässt zwei Kinder (Fußnote).
- Die gesetzlichen Erben wären der Sohn und die Kinder der verstorbenen Tochter, Enkel 2 und Enkel 3. Ihnen steht folgender Pflichtteil zu:
Sohn | Enkel 2 | Enkel 3 | |
Gesetzlicher Erbteil | 1/2 | 1/4 | 1/4 |
Pflichtteil | 1/4 | 1/8 | 1/8 |
Ein Pflichtteilsrecht besteht nicht, wenn der gesetzliche Erbe die Erbschaft ausschlägt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbschaft- und Schenkungsteuer“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-78-6.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2017
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Über die Autoren:
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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