Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 20 – Rentenantrag
6. Rentenantrag und Rentenbescheid
6.1 Rentenantrag
So banal es auch klingt: Personen, die eine EM-Rente erhalten möchten, müssen diese selbstständig bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen. Selbst wenn die Rentenversicherung von einem Betroffenen Kenntnis erlangt, dem eine EM-Rente zusteht, ist sie ohne dessen Antrag nicht verpflichtet, tätig zu werden.
Den Antrag sowie alle erforderlichen Anlagen können Versicherte über die Rentenversicherung, Versicherungsämter oder die Kommunalverwaltung erhalten. Am einfachsten ist jedoch der Weg über das Internet. Auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung stehen alle Anträge und Anlagen als PDF zum Download bereit.[1]
Die Antragstellung ist leider sehr aufwendig. Schnell stellen Betroffene fest, dass neben dem eigentlichen Antrag auf EM-Rente, zahlreiche Anlagen existieren. Nicht jede Anlage ist für jeden Versicherten erforderlich. Betroffene sollten sich deshalb viel Zeit nehmen und die Anträge gewissenhaft und wahrheitsgemäß ausfüllen. Falsche Angaben können dazu führen, dass die Rente später gekürzt oder sogar gestrichen wird. Der Betroffene muss die zu Unrecht gezahlte Rente zudem zurückerstatten.
Betroffene, die aufgrund einer dauerhaften Erwerbsminderung davon ausgehen, dass ihnen eine unbefristete EM-Rente zusteht, sollten dringend die Frist der Antragstellung beachten. Die unbefristete EM-Rente wird ab dem Monat gezahlt, in dem die Erwerbsminderung eintritt. Dies gilt jedoch nur, wenn der Antrag spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Erwerbsminderung gestellt wird (siehe dazu schon Kapitel 4). In einem solchen Fall empfiehlt sich zunächst eine formlose Antragstellung per Brief oder Fax. Der Antrag gilt dann als an dem Tag gestellt, an dem der Brief oder das Fax der Rentenversicherung zugehen. Diese schickt daraufhin alle Anträge und Anlagen zum Versicherten heraus.
Beispiel
Der selbstständige S ist nach einem Verkehrsunfall am 10.10.2008 voll erwerbsgemindert. S würde somit eine volle EM-Rente ab Oktober 2008 zustehen, jedoch nur, wenn sein EM-Rentenantrag bis zum 10.01.2009 bei der Rentenversicherung eingeht. Nach seinem Unfall liegt S jedoch lange Zeit im Krankenhaus. Erst nach seiner Entlassung im Januar kann S sich mit dem Rentenantrag befassen. Er fühlt sich jedoch hilflos überfordert und merkt schnell, dass er den Antrag nicht mehr vollständig bis zum 10. Januar einreichen kann. S schickt der Deutschen Rentenversicherung somit am 05.01.2009 folgendes Schreiben:
Hiermit möchte ich nach meinem Unfall am 10.10.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten.
Mit freundlichen Grüßen, S.
Die Rentenversicherung schickt S daraufhin alle erforderlichen Unterlagen und S reicht den vollständigen Antrag im Februar ein. S kriegt die volle EM-Rente deshalb rückwirkend zum Oktober 2008 genehmigt.
Wer beim Ausfüllen der Antragsunterlagen Unterstützung benötigt, kann sich helfen lassen. Erster Ansprechpartner kann dafür die Rentenversicherung sein. Diese ist verpflichtet, Versicherte kostenlos und umfänglich zu beraten und zu unterstützen. Ausgefüllte Anträge können dazu gleich entgegengenommen werden. Kostenlose Hilfe bieten zudem die ehrenamtlich tätigen Versicherungsberater/Versicherungsältesten der Deutschen Rentenversicherung. Professionelle Hilfe finden Versicherte bei Rechtsanwälten oder Rentenberatern.
Der ausgefüllte Antrag muss vom Versicherten persönlich bei der Rentenversicherung oder dem Versicherungsamt eingereicht werden. Der Antrag wird erst vor Ort unterschrieben, damit die Identität des Versicherten überprüft werden kann. Nach § 16 SGB I gilt der Antrag jedoch auch dann als eingereicht, wenn er bei einem anderen Sozialleistungsträger gestellt wird. Dieser muss den Antrag dann an die Rentenversicherung weiterleiten.
Beispiel
S hat nach einem Unfall Probleme mit dem Gehen. Er möchte einen Antrag auf EM-Rente einreichen. Die Rentenversicherung hat ihren Sitz jedoch weit außerhalb der Stadt, in der S wohnt. S reicht seinen vollständigen Antrag deshalb beim Jugendamt um die Ecke ein. Dieses ist nun verpflichtet, den Antrag des S an die Rentenversicherung weiterzuleiten.
Kann ein Versicherter seinen Antrag nicht selbstständig einreichen, muss eine andere Person beauftragt werden. Diese Person braucht für die Antragstellung dann jedoch eine amtlich beglaubigte Vollmacht oder den Beschluss eines Vormundschaftsgerichtes.
[1] Alle erforderlichen Anträge finden sich unter www.Deutsche-Rentenversicherung.de --> Services --> Formulare&Anträge -->Rente --> Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Erwerbsminderungs- und Berufsunfähigkeitsrente
Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2014