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Fehlerhafte Zinsberechnung von Banken - Teil 03 - Die Abnahmepflicht und Nichtabnahmeentschädigung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


1.5. Abnahmepflicht und Nichtabnahmeentschädigung

Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, das vom Darlehensgeber zur Verfügung gestellte Darlehen abzunehmen. Nimmt der Darlehensnehmer das Darlehen nicht ab, ist er dem Darlehensgeber gegenüber zur Zahlung von Schadensersatz in Form von einer Nichtabnahmeentschädigung verpflichtet.

Beispiel

Die A-GmbH lässt sich von der B-Bank bezüglich eines Kredites beraten, um den Einkauf für einen großen Auftrag zu finanzieren. Obwohl die Bestellung des Kunden bei der A-GmbH noch nicht vorliegt, ist sich der Geschäftsführer der A-GmbH sicher, dass sein Kunde ihm den Auftrag erteilt. Deshalb nimmt er den Kredit mit der Bitte auf, das Geld erst in einem Monat zu überweisen. Entgegen der Erwartungen der A-GmbH beauftragt der Kunde die A-GmbH dann allerdings doch nicht. Die B-Bank überweist die Darlehenssumme auf das Konto der A-GmbH. Die A-GmbH weigert sich, das Darlehen anzunehmen, weil sie es nicht mehr benötigt.
Die B-Bank hat gegen die A-GmbH einen Anspruch auf Schadenersatz, da der Bank ein Zinsschaden entstanden ist. Die Bank hätte das Darlehen einem anderen Kreditnehmer gewähren können und daraus einen Zinsgewinn erzielen können. Die Umstände, die auf Seiten des Darlehensnehmers zum Nichtbedarf des Darlehens führen, sind unerheblich.

Nimmt der Darlehensnehmer das Darlehen nicht ab, muss er den Zinsschaden nicht für die ursprünglich vorgesehene Vertragslaufzeit ersetzen, sondern nur für den Zeitraum der geschützten Zinserwartung. Das ist der Zeitraum, für den die Bank auf den Bestand des Darlehensvertrages vertrauen durfte. Dieses Zeitfenster erstreckt sich vom Scheitern der Darlehensauszahlung bis zu dem Moment, in dem der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag erstmals durch eine Kündigung hätte beenden können.

Beispiel

Die A-GmbH nimmt bei der B-Bank einen Kredit mit veränderlichem Zinssatz und mit einer Vertragslaufzeit von drei Jahren auf. Zum vereinbarten Auszahlungstermin weigert sie sich jedoch, das Darlehen abzunehmen, da sie das Geld wegen eines gescheiterten Auftrags nicht mehr benötigt.
Der B-Bank entsteht durch die Nichtabnahme des Darlehensbetrages ein Zinsschaden. Sie hätte mit einem anderen Kunden einen Darlehensvertrag abschließen und von diesem die vorgesehenen Zinsen erhalten können. Sie hat daher gegen die A-GmbH einen Anspruch auf Ersatz des Zinsschadens. Die Höhe des Schadens berechnet sich nicht nach der geplanten Vertragslaufzeit von drei Jahren, sondern danach, wann die A-GmbH den Vertrag erstmals hätte beenden können. Da ein Darlehen mit einem veränderlichen Zinssatz gem. § 489 Abs. 2 BGB unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündbar ist, kann die B-Bank nur die Zinsen für die ersten drei Monate gegenüber der A-GmbH als Schadensersatz geltend machen.

Der Darlehensnehmer hat die Möglichkeit, das Darlehen an eine Bedingung zu knüpfen. Tritt diese Bedingung dann nicht ein, ist er nicht zur Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung verpflichtet.

Beispiel

Die A-GmbH und die B-Bank vereinbaren bei Abschluss des Darlehensvertrages, dass die A-GmbH das Darlehen nur dann abnehmen muss, wenn sie eine staatliche Genehmigung für eine bestimmte Auftragsdurchführung erhält. Die Genehmigung wird nicht erteilt. Die A-GmbH muss das Darlehen nicht abnehmen und der B-Bank keinen Zinsschaden ersetzen.

Die Parteien können vertraglich die Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung ausschließen.

Erfolgt die Darlehensabnahme verspätet, ist der Darlehensnehmer verpflichtet, der Bank einen Verzögerungsschaden in Form von Verzugszinsen zu ersetzen.

Wurden zwischen den Parteien höhere Verzugszinsen als nach § 288 Abs. 1 BGB (5 % über dem Basiszinssatz) vereinbart, kann der Darlehensgeber diese gem. § 288 Abs. 3 BGB als Schaden geltend machen. Voraussetzung ist, dass die höheren Zinsen ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart wurden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-45-8


 

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Herausgeber / Autor(-en):
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Igor Ivanov
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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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