Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung – Teil 28 – Gesellschafterwechsel
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
6.2.2 Gesellschafterwechsel
In den Fällen eines entgeltlichen Gesellschafterwechsels entsteht keine neue Personengesellschaft, der ausscheidende Gesellschafter veräußert vielmehr seinen Anteil an der Personengesellschaft an einen neu eintretenden Gesellschafter.
Gegenstand der Anschaffung sind bei dem neu eintretenden Gesellschafter allerdings die Anteile an den einzelnen materiellen, immateriellen bilanzierten und nichtbilanzierten Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögen, soweit sie dem Ausscheidenden anteilig zuzurechnen waren.
Beim entgeltlichen Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft ist darauf zu achten, dass im Hinblick auf mögliche Steuervergünstigungen der ausscheidende Gesellschafter nicht nur seinen Anteil am Gesamthandsvermögen veräußert, sondern seinen Mitunternehmeranteil, der aus dem Anteil am Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft und aus seinem Sonderbetriebsvermögen besteht.
6.2.2.1 Veräußerung zum Buchwert
Sofern ein Gesellschafter seinen Anteil an der Gesellschaft zum Buchwert veräußert, veräußert er die anteiligen ihm zuzurechnenden Wirtschaftsgüter zum jeweiligen anteiligen Buchwert.
Steuerliche Gewinnauswirkungen ergeben sich weder beim ausscheidenden Gesellschafter noch beim neu eintretenden Gesellschafter.
6.2.2.2 Veräußerung über Buchwert
In den Fällen der Veräußerung über Buchwert entsteht auf Ebene des veräußernden Gesellschafters grundsätzlich ein Veräußerungsgewinn, der eintretende Gesellschafter hat entsprechende Anschaffungskosten, die jedoch auf die einzelnen Wirtschaftsgüter umzulegen sind.
6.2.2.3 Veräußerung unter Buchwert
Bei der Veräußerung unter Buchwert ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob eine ungünstige betriebliche Situation besteht, die die Ursache für den niedrigen Preis darstellt. Wenn betriebliche Gründe für die Veräußerung eines Anteils unter dem Buchwert vorliegen, sind die Buchwerte zwingend in einer Ergänzungsbilanz des Gesellschafters herabzusetzen, wo hingegen in der Gesamthandsbilanz die Buchwerte unverändert fortzuführen sind. Nach der Rechtsprechung kann der Minderbetrag dabei nicht als „negativer Geschäftswert“ bilanziert werden.[1] Eine unmittelbare Gewinnauswirkung beim neu eintretenden Gesellschafter tritt nicht ein.
Der neu eintretende Gesellschafter hat dabei Anschaffungskosten in Höhe des vereinbarten Kaufpreises. Die Buchwerte der bilanzierten Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens sind nach Maßgabe der Anschaffungskosten anteilig herabzusetzen.[2]
Beim ausscheidenden Gesellschafter entsteht bei der Veräußerung unterhalb des Buchwertes ein Veräußerungsverlust, allerdings nur in den Fällen, in denen Leistung und Gegenleistung kaufmännisch abgewogen sind, der Mitunternehmeranteil folglich voll entgeltlich veräußert wird. Hat der Erwerber aus privatem Grund ein Entgelt unterhalb des Buchwertes zu bezahlen, ist der Vorgang als voll unentgeltlich anzusehen. Eine solche Fallkonstellation kommt insbesondere bei nahestehenden Personen i.S. des § 15 AO in Betracht. In diesem Fall findet § 6 Abs. 3 EStG Anwendung, der Erwerber hat insoweit die Buchwerte fortzuführen, es entsteht kein Gewinn, entsprechend erzielt der ausscheidende Gesellschafter auch keinen Veräußerungsverlust.
6.2.2.4 Teilentgeltlicher Erwerb
Sofern der ausscheidende Gesellschafter seinen Mitunternehmeranteil bewusst unter seinem tatsächlichen Wert, z. B. an einen nahen Angehörigen veräußert, die Abfindung aber den Buchwert des Kapitalkontos überschreitet, handelt es sich um einen einheitlichen entgeltlichen Erwerb des Anteils, obwohl es sich um eine gemischte Schenkung handelt.[3]
Erfolgt eine teilentgeltliche Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einen neu eintretenden Gesellschafter, bei der der Veräußerungspreis höher ist als der Buchwert des Kapitalkontos, sind die anteilig aufgedeckten stillen Reserven ebenfalls in einer Ergänzungsbilanz des neu eingetretenen Gesellschafters zu aktivieren.
Dabei sind ebenfalls die über dem Buchwert des Kapitalkontos hinausgehenden Aufwendungen zunächst nur auf die bilanzierten Wirtschaftsgüter im Verhältnis ihrer stillen Reserven bis zu deren Höhe aufzuteilen. Der Erwerber hat die über dem Buchwert und die anteiligen stillen Reserven der bilanzierten hinausgehenden Aufwendungen danach zunächst als Anschaffungskosten für nichtbilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter zu aktivieren.
[1] BFH in BStBl. II 1994, 745.
[2] BFH in BStBl. II 1997, 241.
[3] BFH in BStBl. II 1993, 436.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundlagen der Besteuerung von Personengesellschaften bei Gründung, Ausscheiden und Beendigung“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-59-5.
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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017