Logo Brennecke & FASP Group

Heilmittelwerbung – Teil 33 – Werbeverbot für bestimmte andere Mittel

8.6.2 Werbeverbot für bestimmte andere Mittel

§ 10 Abs.2 HWG regelt das Werbeverbot für Arzneimittel, die psychotrope Wirkstoffe enthalten und die Gefahr der Abhängigkeit in sich bergen. Erforderlich ist eine besondere Zweckbestimmung der Arzneimittel. Sie müssen dazu bestimmt sein, Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungs-lage zu beeinflussen.
Die Vorschrift soll den Gefahren begegnen, die aus einer Verleitung zur Selbstmedikation resultieren. Das ist bei den Leiden iSd § 10 Abs.2 HWG in besonderem Maße erforderlich. Die Gefahr einer unsachgemäßen Verwendung der Arzneimittel ist hier höher einzustufen (Fußnote). Die beeinflussten Adressaten der Werbung könnten dazu verleitet werden, leichtfertig zu Arzneimitteln zu greifen, um ihren Gemütszustand zu verbessern oder psychische Probleme zu lösen und dadurch physisch oder psychisch abhängig von dem Arzneimittel werden (Fußnote). Die Arzneimittel iSd Abs.2 beheben dabei nur die Symptome der Schlafstörung etc. Sie behandeln nicht die eigentlichen Ursachen der Schlafstörung. Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Ursachen mangels einer ärztlichen Konsultation nicht diagnostiziert und behandelt werden und eine ernsthafte Erkrankung zur Folge haben (Fußnote).

Die Bestimmung des Zwecks der Arzneimittel richtet sich nach den Vorgaben des Herstellers bzw. desjenigen, der die Mittel in den Verkehr bringt. Das können Importeure, Groß- oder Einzelhändler oder Apotheker sein. Der Zweck kann sich aus den Angaben auf der Verpackung, der Gebrauchsinformation oder Werbeaussage selbst ergeben (Fußnote).

8.6.2.1 Mittel gegen Schlaflosigkeit

Die Arzneimittel zur Behandlung von Schlaflosigkeit sind die Schlafmittel im pharmakologischen Sinne (Fußnote). Das sind Mittel, die den Schlaf erzwingen wie Narkotika und Hypnotika (Fußnote). Eine Schlaflosigkeit liegt bei einer erheblichen Verkürzung der Schlafdauer mit negativer Auswirkung auf Leistungsfähigkeit und Stimmung des Betroffenen vor (Fußnote).
Die Regelung erfasst keine Sedativa. Bei Letzteren handelt es sich um weniger bedenkliche Mittel, die lediglich die Schlafbereitschaft fördern (Fußnote). Das sind z.B. Baldrian-, Hopfen-, Johanniskraut- und Melissenpräparate (Fußnote). Sedativa sind zulässig, sofern sie nur als schlaffördernde Beruhigungsmittel angepriesen werden. Sie dürfen nicht als Schlafmittel im pharmakologischen Sinne angepriesen werden (Fußnote).

8.6.2.2 Mittel bei psychischen Störungen

§ 10 Abs.2 S.1 Var.2 HWG untersagt die Werbung für Mittel, die die psychischen Störungen beseitigen. Psychische Störungen sind krankhafte psychotische, neurotische und psychopatische Zustände von einiger Dauer (Fußnote).
Die Arzneimittel zur Beseitigung psychischer Störungen bei Menschen iSd § 10 Abs.2 HWG sind nur Psychopharmaka. Das sind Arzneimittel im pharmakologischen Sinne, die zur Beseitigung psychischer Störungen mit Krankheitscharakter mit einer gewissen neurologischen Wirkungsintensität und beachtlichem toxischen Potenzial (Fußnote). Sie beeinflussen insbesondere die Aktivität des zentralen Nervensystems und haben Wirkung auf psychische Funktionen (Fußnote).
Die Mittel zur Beseitigung situationsbedingter, vorübergehender, kurzzeitiger Störungszustände wie z.B. Stress, Hektik oder Erschöpfung erfasst die Regelung nicht (Fußnote).

8.6.3.3 Mittel zur Beeinflussung der Stimmungslage

§ 10 Abs.2 S.1 Var.3 HWG stellt ein Publikumswerbeverbot für Arzneimittel zur Beeinflussung der Stimmungslage auf. Die Stimmungslage ist die variable, körperlich nicht fassbare Basis des jeweiligen Erlebens und Empfindens (Fußnote). Damit ist die Gefühlslage des Menschen gemeint. Darunter kann auch der „Normalzustand“ fallen. Es muss sich nicht zwingend um ein Krankheitsbild handeln (Fußnote). Der Begriff der Stimmungslage und die Vergleichbarkeit der Var.3 mit den Var.2 (Fußnote) und Var.1 (Fußnote) haben große Unklarheiten in Bezug auf Arzneimittel, die unter die Regelung fallen, zur Folge (Fußnote). Deshalb ist es insbesondere bei der Var.3 erforderlich, dass das Arzneimittel, das zur Beeinflussung der Stimmungslage geeignet ist, die Beeinflussung als Primärzweck verfolgt (Fußnote). Die Regelung erfasst nur Psychopharmaka im pharmakologischen Sinne, die unter anderem die Aktivität des zentralen Nervensystems beeinflussen und eine Wirkung auf psychische Funktionen haben. Das sind z.B. Psychostimulantien wie Weckamine und Amphetamine, Psychoanaleptika und Psychodysleptika. Bei Psychoanaleptika handelt es sich um Arzneimittel mit anregender Wirkung auf die Psyche. Psychodysleptika sind Arzneimittel, die die psychischen Funktionen verändern. Sie rufen psychopathalogische Phänomene hervor. Zu den Psychodysleptika zählen z.B. Halluzinogene (Fußnote).

8.6.2.4 Notfallkontrazeptiva

In § 10 Abs.2 S.2 HWG ist das generelle Öffentlichkeitswerbeverbot für Notfallkontrazeptiva geregelt, (Fußnote). Notfallkontrazeptiva wirken nicht abtreibend. Sie verschieben lediglich den Eisprung um einige Tage und verhindern das Zusammentreffen von Eizelle und Spermium (Fußnote) Seit dem Inkrafttreten der 14. Verordnung zur Änderung der AMVV sind Notfallkontrazeptiva nicht mehr verschreibungs-pflichtig. Sie unterliegen deshalb nicht dem Werbeverbot des § 10 Abs.1 HWG (Fußnote). Um eine unsachgemäße Selbstmedikation vorzubeugen, untersagt § 10 Abs.2 S.2 HWG Werbung für diese Arzneimittel. Zugleich stellt das Werbeverbot klar, dass derartige für den Notfall gedachte Mittel nicht als Standardverhütungsmittel betrachtet werden sollen (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches

Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Werbung für Heilmittel

Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de

Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Herausgeber / Autor(-en):

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Sie bietet im Bereich des Kapitalmarktrechts folgende Vorträge an:

  • Bilanzoptimierung und Ratingverbesserung durch Finanzierung
  • Unternehmerische Beteiligungen - Das Für und Wieder
  • Freie Finanzanlagenberater und -vermittler: Was ist gegenüber den Kunden zu beachten?


Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-0


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosMedizinrecht