Kreditsicherheiten – Teil 16 – Haftung des Bürgen: Umfang
Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
2.8. Haftung des Bürgen
Der Bürge haftet, wenn der im Bürgschaftsvertrag festgelegte Sicherungsfall eintritt. In der Regel ist dies dann anzunehmen, wenn der Hauptschuldner nicht in der Lage ist, seine Verbindlichkeit zu erfüllen, der Gläubiger also vergeblich versucht hat, vom Hauptschuldner Befriedigung zu erlangen.
Die Haftung erfolgt, indem der Gläubiger vom Bürgen anstelle des Hauptschuldners Erfüllung seiner Forderung verlangt. Der Bürge muss dann die Forderung ausgleichen. Mit dem Ausgleich der Hauptforderung durch den Bürgen geht die Hauptforderung auf den Bürgen über und er kann seinerseits versuchen, vom Hauptschuldner den Ausgleich der Forderung zu verlangen.
Aufgrund der Verpflichtung aus dem Bürgschaftsvertrag haftet der Bürge für die verbürgte Verbindlichkeit des Schuldners mit seinem gesamten Vermögen.Die Haftung des Bürgen hängt, ebenso wie die Bürgschaft, vom Bestehen der Forderung ab. Es besteht deshalb keine Verpflichtung des Bürgen, wenn die Forderung nicht entstanden oder nachträglich erloschen ist. Handelt es sich um eine künftige Forderung, entsteht die Bürgenschuld erst mit Eintritt des Zeitpunkts.
Beispiel
Bernd übernimmt eine Bürgschaft für das von Simon bei der G-Bank aufgenommene Darlehen. Das Darlehen wird jedoch nie ausgezahlt.
Da die Bürgschaft und die daraus resultierende Verpflichtung erst mit dem Entstehen der Forderung zustande kommt, ist mangels Forderung keine Bürgschaft und somit auch kein Anspruch der G-Bank gegen Bernd entstanden. Bernd muss keine Zahlung an die G-Bank leisten.
Beispiel
Anders als im obigen Beispiel, wird das Darlehen ausgezahlt. Eine Rückzahlung der Darlehenssumme wird von Schuldner Simon vorgenommen. Durch die Rückzahlung erlischt die Hauptforderung und damit die Haftungsverpflichtung des Bürgen. Bernd wird von seiner Bürgschaftsverpflichtung frei. Die Bank kann keine Zahlung mehr von ihm verlangen.
Beispiel
Bernd verbürgt sich für gegenwärtige und künftige Verbindlichkeiten des Sebastian aus der Geschäftsbeziehung mit Gustav. Hinsichtlich der gegenwärtigen Verbindlichkeiten kann Bernd in Anspruch genommen werden. Künftige Verbindlichkeiten werden erst nach ihrem Entstehen Gegenstand der Bürgenhaftung, sodass Bernd erst ab dem Zeitpunkt des Entstehen der Forderung für diese haftet.
Ob der Bürge für die komplette Hauptschuld einstehen muss oder ob er sich im Wege einer Höchstbetragsbürgschaft nur bis zu einem bestimmten Teil verbürgen wollte, ist durch Auslegung des Bürgschaftsvertrages zu ermitteln. Selbst wenn der Bürge in einer deutlich schwächeren Position ist als die übrigen Beteiligten, gibt es jedoch keinen Grundsatz, nach dem der Bürgschaftsvertrag zum Vorteil des Bürgen zu interpretieren ist.
2.8.1. Umfang
Für die Haftung des Bürgen ist der Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend, § 767 I S.1 BGB. Das heißt, dass Teilzahlungen auf die Hauptverbindlichkeit dazu führen, dass in Höhe der geleisteten Zahlungen die Haftungssumme des Bürgen sinkt.
Der Bürge haftet darüber hinaus aber grundsätzlich (sofern nichts anderweitig vereinbart wurde) für alle Nebenforderungen, wie z.B. Zinsen und Kosten.
Beispiel
Bernd verbürgt sich für die Darlehensforderung der P-Bank gegenüber seinem Kollegen Ulli in Höhe von 50.000 Euro. Für das Darlehen wurden Zinsen in Höhe von 3% vereinbart. Bernd haftet nicht nur für die Darlehensforderung, sondern auch für die Zinsen.
Ebenso haftet der Bürge bei Vertragsbruch des Schuldners für Schadensersatz. Infolgedessen erstreckt sich der Haftungsumfang des Bürgen auf Verzugs- und Prozesszinsen.
Beispiel
Peter hat Geldsorgen und deshalb bei seinem Bekannten Dieter einen Kredit in Höhe von 1.000 Euro aufgenommen. Den Betrag soll Peter am 01.02.2015 an Dieter zurückbezahlen. Peters Freundin Sibylle verbürgt sich für die Rückzahlungsforderung.Am 01.02.2015 hat Peter immer noch kein Geld und bezahlt deshalb an Dieter den Kredit nicht zurück. 3 Monate später, am 01.05.2015, wendet sich Dieter nun an Sibylle und verlangt von ihr die Zahlung des Kreditbetrages inklusive Verzugszinsen. Weil Sibylle als Bürgin auch für die entstandenen Verzugszinsen schuldet, muss sie an Dieter nicht nun den Kreditbetrag, sondern auch die entstandenen Verzugszinsen bezahlen.
Im Übrigen kann die Bürgschaft nicht nachträglich durch Rechtsgeschäft erweitert werden, es sei denn der Bürge hat der Erweiterung zugestimmt. Erhöhen der Gläubiger und der Hauptschuldner nachträglich die Hauptverbindlichkeit, haftet der Bürge nur bis zu dem ursprünglich vereinbarten Betrag, nicht aber auch für den erhöhten Betrag, es sei denn der Büge gibt für die Erhöhung eine weitere Bürgschaftserklärung ab.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.
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Carola Ritterbach
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Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Januar 2015
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
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- Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
- Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
- Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
- Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
- Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
- Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?
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