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Neue Sicherungsrechte im Insolvenzeröffnungsverfahren


Herausgeber / Autor(-en):
Magdalena Kasperkiewicz
wissenschaftliche Mitarbeiterin


Die Prüfung der Eröffnungsvoraussetzungen eines Insolvenzverfahrens kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Das Insolvenzgericht muss gemäß § 21 InsO alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Sobald Gläubiger vom Eröffnungsantrag Kenntnis erhalten, werden diejenigen, die ein Recht an einem Gegenstand zu haben meinen, diesen unverzüglich aus den schuldnerischen Unternehmen herausverlangen. Das Gesetz konnte dem entgegentreten, indem es dem Schuldner nach § 21 InsO die Herausgabe solcher Gegenstände verbat und eine Zwangsvollstreckung seitens der gesicherten Gläubiger unterband. „Geholfen“ wurde dem schuldnerischen Unternehmen dadurch jedoch nur oberflächlich, denn die in seinem Gewahrsam verbleibenden Gegenstände durfte der Schuldner nicht nutzen.

A. Inhalt und Zweck der Neuregelung

Durch die Neuregelung in § 21 II 1 Nr. 5 InsO können bestimmte Wirkungen des eröffneten Verfahrens in das Eröffnungsverfahren übertragen werden. Bisher konnte das Insolvenzgericht anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eigentlich unter § 166 InsO fallen würden oder ausgesondert werden müssten, vom Gläubiger nicht mehr verwertet oder eingezogen werden dürfen. Nach der Neuregelung des § 21 II 1 Nr. 5 InsO kann das Insolvenzgericht nunmehr sogar anordnen, dass bestimmte Gegenstände zur Fortführung des schuldnerischen Unternehmens eingesetzt werden können. Die Einräumung der Nutzungsbefugnis setzt allerdings immer voraus, dass die fraglichen Gegenstände für die Fortführung des Unternehmens im Eröffnungsverfahren von erheblicher Bedeutung sind. Dies ist von dem vorläufigen Verwalter darzulegen. Ziel dieser Neuregelung ist es, den Zusammenhalt des „organisatorisch-technischen Verbunds“ des schuldnerischen Unternehmens zu sichern.

B. Folge der Anordnung für die Gläubiger

Hat der Schuldner einen körperlichen Gegenstand in seinem mittelbaren Besitz, darf weder der Aussonderungsberechtigte noch der absonderungsberechtigte Gläubiger den Gegenstand einziehen oder verwerten. Solange der Gegenstand zur Fortführung des Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist, muss der Gläubiger vielmehr dulden, dass der Gegenstand im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Fortführung des schuldnerischen Unternehmens eingesetzt wird. Hier kann das Gericht die “zweckmäßigen Verwendung“ erlauben. Darunter lässt sich das Recht zur Verarbeitung, zum Verbrauch und gegebenenfalls zur Veräußerung im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs subsumieren. In diesem Fall kann der vorläufige Insolvenzverwalter die Kostenpauschale der §§ 170, 171 InsO nicht geltend machen. Darüber hinaus kann der vorläufige Verwalter zur Einziehung einer sicherungshalber abgetretenen Forderungen ermächtigt werden. Hier kann der Insolvenzverwalter sowohl den Feststellungs- als auch den Verwertungskostenbeitrag nach §§ 170, 171 InsO für die künftige Masse geltend machen.

Die unterschiedlose Erstreckung der Regelung auf aussonderungsfähige Gegenstände ist bedenklich. Sachen, die im Eigentum Dritter stehen, gehören nicht dem Schuldner und damit auch nicht zur Insolvenzmasse. Diese Gegenstände werden nach Insolvenzeröffnung aus der vorhandenen „Ist-Masse“ an die Gläubiger ausgesondert. Nunmehr räumt der § 21 II 1 Nr. 5 InsO dem Schuldner bzw. dem vorläufigen Insolvenzverwalter aber eine Nutzungsbefugnis ein, wonach massefremde Gegenstände drei Monate lang im schuldnerischen Unternehmen unentgeltlich eingesetzt werden können. Zu den aussonderungsfähigen Gegenständen zählen auch die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sachen. Aber auch Forderungen, die der Verwalter unberechtigterweise als zur Masse gehörende Forderungen des Schuldners behandelt können, nach einer Anordnung durch das Insolvenzgericht, vom Gläubiger nicht mehr eingezogen werden. Lediglich die von einem Factor angekaufte Forderung werden von dieser Neuregelung nicht erfasst. Schließlich können auch obligatorische Herausgabeansprüche Aussonderungsrechte an Sachen begründen, die nunmehr nicht herausgegeben werden sollen. Die neue Regelung erfasst auch den Leasinggeber.
Gegen diese Anordnung hat weder der Aussonderungsberechtigte noch der absonderungsberechtigte Gläubiger ein Beschwerderecht.

Dieser Beitrag wird fortgesetzt mit Teil II: Rechte der aus- und absonderungsberechtigten Gläubiger.



Herausgeber / Autor(-en):
Magdalena Kasperkiewicz
wissenschaftliche Mitarbeiterin


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Februar 2008


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Normen: § 21 II 1 Nr. 5 InsO

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