Sing(k)ing in the Rain – Sanierung von Unternehmen unter dem Schirm des ESUG
Herausgeber / Autor(-en):
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
(Erfolgreiche) Sanierung kostet Geld. Je eher damit begonnen wird, desto höher sind die Chancen für den Erfolg, weil noch Mittel vorhanden sind, um notwendige Maßnahmen umzusetzen und letztlich zu finanzieren.
Der Vorteil für die Gläubiger liegt in dem Erhalt des noch vorhandenen Vermögens, zu dem auch der Wert des Unternehmens als Ganzem zählt; der Vorteil für das Unternehmen liegt darin, dass die Organe nicht in den Grenzbereich von Insolvenzstraftaten geraten und so ihr persönliches Risiko erheblich minimieren. Mit dem unlängst in Kraf getretenen Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung (ESUG) sollen die unterschiedlichen Interessenlagen in Einklang gebracht werden.
Ziel des Gesetzes ist die Erleichterung der Sanierung von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters, durch Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens, durch die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung und durch eine größere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte. Mit der Verbesserung der Sanierungschancen soll schließlich zum Erhalt von Arbeitsplätzen beigetragen werden.
Der Schirm
Nach dem Gesetz haben Schuldner zukünftig bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung die Möglichkeit, für drei Monate unter eine Art Schutzschirm zu schlüpfen, um unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan auszuarbeiten, der anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann.
Auf Antrag des eigenverwaltenden Schuldners in einem Verfahren unter dem Schutzschirm soll das Gericht verpflichtet sein, den Schuldner mit der Befugnis auszustatten, Masseverbindlichkeiten zu begründen. Hierdurch wird den Beteiligten ein zusätzlicher Rechtsrahmen eröffnet, um die Sanierung am Ziel der Wiederherstellung eines „gesunden“ Unternehmens auszurichten. Auf Antrag ist das Gericht daher verpflichtet, Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner einstweilen einzustellen oder sogar zu untersagen. Die Gewährung von Gläubigerschutz wird allerdings von der Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger abhängig gemacht.
Um das Ziel, namentlich die Sanierung von Unternehmen, erreichen zu können, wird das Insolvenzplanverfahren attraktiver gestaltet, damit es häufiger zur Anwendung kommt.
Auch die Vorlage von Teilplänen durch die Beteiligten im Interesse der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung ist künftig grundsätzlich zulässig. Dies führt dazu, dass Gläubiger sich ggf. bereits im Vorfeld mit dem Schuldner darüber verständigen können, wie das Unternehmen durch Sanierungsmaßnahmen nachhaltig gerettet werden kann.
Stärkung des Insolvenzplanverfahrens
Das Gesetz zielt durch eine moderate Beschränkung der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung darauf, dass einzelne Gläubiger nicht mehr in missbräuchlicher Weise das Wirksamwerden des Plans verhindern können. Die Vorschriften über den Insolvenzplan werden um ein Nachbesserungsrecht für den Insolvenzverwalter ergänzt, um in Abstimmung mit dem Gericht etwaige offensichtliche Fehler im Plan korrigieren zu können, ohne zuvor eine Gläubigerversammlung einberufen zu müssen. Da der gestaltende Teil des Insolvenzplans erst mit der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses Wirkungen entfaltet, kann der Vollzug des Insolvenzplans und damit auch die Umsetzung des dem Plan zugrunde liegenden Sanierungskonzepts durch die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Bestätigungsbeschluss verzögert und mitunter auch gefährdet werden. Nach dem Vorbild des aktienrechtlichen Freigabeverfahrens, in dessen Rahmen ausgesprochen werden kann, dass angefochtene Beschlüsse ungeachtet der Anhängigkeit von Anfechtungsklagen in das Handelsregister eingetragen und damit vollzogen werden können, wird in die Beschwerdemöglichkeit gegen einen Insolvenzplan eingeschränkt.
Damit kommt es für den Sanierungserfolg immer mehr auf die Qualität des Insolvenzplans an.
Debt-Equity-Swap
Im Rahmen der Reform des Insolvenzplanverfahrens wurde in Übereinstimmung mit einer seit langem erhobenen Forderung auch die Möglichkeit vorgesehen, über einen Insolvenzplan in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen einzugreifen. Dies eröffnet die Möglichkeit, im Rahmen des Planverfahrens künftig als Sanierungsinstrument auch Forderungen von Gläubigern in Gesellschaftsanteile umwandeln zu können („debt-equity-swap). In Bezug auf die Altgesellschafter werden sogenannte „Change-of-Control-Klauseln“ außer Kraft gesetzt. Da nun die an einem Debt-Equity-Swap teilnehmenden Gläubiger in den Kreis der Anteilsinhaber oder Mitglieder eintreten können, kann dies, namentlich bei personalistisch strukturierten Gesellschaften, dazu führen, dass aus Sicht der bisherigen Anteilsinhaber oder Mitglieder ein wichtiger Grund zum Austritt besteht. Macht ein Anteilsinhaber oder Mitglied von seinem Austrittsrecht Gebrauch, muss sichergestellt werden, dass etwaig begründete Abfindungsansprüche nicht zu einer die Sanierungsaussichten gefährdenden Belastung des Schuldners führen. Dabei ist zum einen bei der Bestimmung der Höhe des Abfindungsanspruchs in Rechnung zu stellen, dass die Nichtdurchführung des Plans zur Folge hätte, dass das Unternehmen zu liquidieren wäre. Zum anderen soll im Plan vorgesehen werden können, dass die Fälligkeit eines etwaigen Abfindungsanspruchs über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren gestreckt oder aufgeschoben werden kann.
Durch Einbindung dieses gesellschaftsrechtlichen Instruments in die Insolvenzordnung können Widerstände von Altgesellschaftern überwunden werden, was in Einzelfällen die Sanierungsaussichten erheblich steigert. Für die hiervon Gebrauch machenden Gläubiger hat eine solche Umwandlung ihrer Forderungen den Vorteil, dass sie an den künftigen Erträgen des sanierten Unternehmens beteiligt sind und über dessen künftige Aktivitäten mitbestimmen können.
Für alle Unternehmen in der Sanierung besteht in diesem Zusammenhang allerdings das Risiko, dass Finanzinvestoren oder Hedgefonds eine Kündigung des Kreditengagements provozieren, um später über ein Insolvenzplanverfahren die Übernahme des Unternehmens zu erzwingen. Eine solche „feindliche Übernahme“ gerade beim Ankauf von Forderungen und der sich daran anschließenden Durchsetzung muss in jedem Fall vermieden werden. Hierzu besteht nach Inkrafttreten des Gesetzes erheblicher Beratungsbedarf, da der Gesetzgeber das Problem zwar gesehen, aber nicht gelöst hat.
Herausgeber / Autor(-en):
Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Stand: Mai 2012
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Herausgeber / Autor(-en):
Guido Friedrich-Weiler, Rechtsanwalt
Guido Friedrich-Weiler ist
- Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
- Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
- Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
- Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
- Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
- Lehrbeauftrager beim Bildungszentrum der Bundeswehr Mannheim
- Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
- Dozent bei Management Circle
- Dozent bei Haub & Partner
- Vortragsreferent bei IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
- Vortragsreferent bei W.A.F. Betriebsrätefortbildung
Guido-Friedrich-Weiler ist als Interviewpartner für Fragen zur Sanierung in der Insolvenz stand er u.a. Zeitschriften wie der
Wirtschaftswoche, dem Finance Magazin oder dem Deutschlandfunk zur Verfügung.
Darüber hinaus schult er regelmäßig Mitarbeiter/innen von Insolvenzverwaltern sowie Fachanwälte und Fachanwältinnen im Insolvenzrecht.
Rechtsanwalt Guido-Friedrich Weiler berät Gesellschafter und Geschäftsführer und begleitet Insolvenzplanverfahren von der Konzeption des Insolvenzplans bis zur Umsetzung. Eine Ausbildung zum Bankkaufmann und ein betriebswirtschaftliches Studium ermöglichen es ihm, insbesondere Fragen zur Bilanzierung und Bewertung bei der Sanierung von Unternehmen zu durchdringen.
Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig, zuletzt als Manager und Prokurist im Bereich Transaction Advisory Services, Corporate Restructuring und verfügt über Erfahrungen als sogenannter Grauverwalter. Beim OLG Köln ist Rechtsanwalt Guido-Friedrich Weiler als Sachverständiger für insolvenzrechtliche Fragestellungen tätig. Er ist Mitglied im Arbeitskreis für Insolvenzwesen, Köln.
Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Guido-Friedrich Weiler unter:
Mail: weiler@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0221-165377-85
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