Steuerrechtliche Aspekte in der Insolvenz Teil 2: 1.1.3. Steuerforderungen in der Insolvenz - Die Anfechtung
Die Insolvenzanfechtung ist in den §§ 129f. InsO geregelt. Nach diesen Vorschriften ist der Insolvenzverwalter dazu verpflichtet, Rechtshandlungen des Schuldners, die in einem bestimmten Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind und zu einer Minderung des Schuldnervermögens und damit zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt haben, im Wege der Anfechtung rückgängig zu machen. In Betracht kommen hier insbesondere die Tatbestände der §§ 130,131 InsO.
Nach § 130 InsO kann im Falle einer kongruenten Deckung eine Rechtshandlung vom Insolvenzverwalter angefochten werden, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag (Nr. 1) oder danach (Nr. 2) gewährt wurde, sofern der Anfechtungsgegner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlungen von der Zahlungsunfähigkeit oder von dem eröffnungsantrag wusste. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift ist erforderlich, dass dem Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt war. Die Anfechtung nach Nr. 2 setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder dem Eröffnungsantrag zum Zeitpunkt der Rechtshandlung wusste. Zu beachten ist im Hinblick auf das Erfordernis der positiven Kenntnis, dass gemäß § 130 Abs. 2 InsO der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrages die Kenntnis von denjenigen Umständen gleichsteht, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
Liegt eine sog. inkongruente Deckung vor, kommt die Anfechtung nach § 131 InsO in Betracht. Von einer solchen inkongruenten Deckung spricht man dann, wenn einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht wird, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit hätte beanspruchen können. Nach Nr. 1 dieser Norm können Rechtshandlungen bis zu einem Monat vor dem Eröffnungsantrag sogar ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden. Hier werden Kenntnis und grob fahrlässige Unkenntnis sowie die Krise selbst unwiderleglich vermutet. Bei Rechtshandlungen vor diesem Zeitraum besteht eine solche Vermutung nicht. In diesen Fällen ist die Anfechtung des Insolvenzverwalters von weiteren Voraussetzungen abhängig.
Diese Tatbestände gelten auch gegenüber der Finanzbehörde in Bezug auf ihr gegenüber vorgenommene Rechtshandlungen. In diesem Zusammenhang ist daher insbesondere die Rechtshandlung nach § 131 InsO anfechtbar, die der Finanzbehörde einen Vorteil verschafft, auf den sie in dieser Form keinen Anspruch hatte. Bei Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörden ist dieser Tatbestand stets erfüllt, da zwangsweise durchgesetzte Forderungen inkongruent sind. Über das Vorstehende hinaus werden aber auch solche Leistungen als inkongruent angesehen, die im kritischen Zeitraum i.S.d. § 131 InsO zur Abwendung einer unmittelbar drohenden oder bereits begonnenen Zwangsvollstreckung vorgenommen werden. Die Inkongruenz wird hier durch die Ausübung des Druckes im Wege der Zwangsvollstreckung hervorgerufen. Beauftragt daher das Finanzamt die Vollstreckungsstelle wegen Steuerrückstände und zahlt der Schuldner zur Abwendung von Sachpfändungen die fälligen Steuern, wobei drei Monate später ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, so stellt die Zahlung des Steuerschuldners eine anfechtbare Rechtshandlung dar. Dies hat zur Folge, dass das Finanzamt den Geldbetrag an die Masse herauszugeben hat.
In den Fällen, in denen der Schuldner die Steuerforderung mit fremden Vermögen erfüllt, ist eine Anfechtung ausgeschlossen, da hier eine Gläubigerbenachteiligung nicht gegeben ist.
Durch die Anfechtung entsteht ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch auf Leistung an die Insolvenzmasse, § 143 Abs. 1 InsO. Dieser ist im Wege einer Leistungsklage durch den Insolvenzverwalter auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. Hier sind die allgemeinen Bestimmungen zur Verjährung zu beachten.
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
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