Unterhaltsrückstände und Verbraucherinsolvenz
Der Unterhalt ist eine der Grundlagen der sozialen Absicherung. Durch ihn soll der Lebensbedarf einer Person sichergestellt werden. Im täglichen Leben kommt es aber leider nicht selten vor, dass der Unterhaltsverpflichtete seiner Leistungspflicht nicht nachkommen will oder kann. In derartigen Fällen ist oftmals eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht zu vermeiden, um dem Unterhaltsberechtigten zu seinem Recht zu verhelfen. Doch auch wenn man infolge dessen einen vollstreckbaren Titel in den Händen hält, können einem noch große Steine in den Weg gelegt werden. Denn oftmals sind die Unterhaltsverpflichteten selbst nicht leistungsfähig. Dann drängt sich die Frage auf, wie sich die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens auf die Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsrückstände auswirkt.
Rechtliche Auswirkungen der Verfahrenseröffnung
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führt zu einem Systemwechsel. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die Regelungen zur Einzelzwangsvollstreckung, sondern die der Gesamtvollstreckung Anwendung finden. Alle Insolvenzgläubiger sind daher hinsichtlich ihrer Befriedigung auf eine festgelegte Quote beschränkt. Befriedigungen nur einzelner Gläubiger sind dann für die Dauer des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen. Folglich sind gemäß § 89 Abs. 1 InsO Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger während dieses Zeitraumes weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.
Besonderheiten bei Unterhaltsansprüchen
Grundsätzlich sind bis zur Insolvenzeröffnung aufgelaufene Unterhaltsforderungen Insolvenzforderungen. Das bedeutet, dass der Unterhaltsberechtigte diese zur Insolvenztabelle anmelden muss. Darauf erhält er zur Befriedigung lediglich eine Quote, also einen festen Betrag, der sich aus der Anzahl aller Gläubiger und der Gesamtsumme der Forderungen ergibt.
Eine Ausnahme ergibt sich hier aus § 114 Abs. 3 InsO. Diese Vorschrift beschreibt den Umfang, in dem Lohnpfändungen auch künftiger Forderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch wirksam sind.
Zwangsvollstreckungen, die vor Verfahrenseröffnung eingeleitet wurden, sind nach § 114 Abs. 3 Sätze 1 und 2 InsO spätestens mit Ablauf des auf die Eröffnung folgenden Kalendermonats unwirksam. Die Insolvenzordnung bestimmt allerdings für die Wirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen durch Unterhaltsgläubiger, dass Zwangsvollstreckungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in den sog. erweitert pfändbaren Teil der Bezüge auch nach Verfahrenseröffnung wirksam bleiben. Der Grund hierfür ist, dass dieser Teil der Bezüge nicht zur Insolvenzmasse gehört. Unterhaltsgläubiger werden hier gegenüber den übrigen Insolvenzgläubigern privilegiert.
Dies gilt allerdings nur, soweit es sich dabei um Neugläubiger von laufenden Unterhaltsansprüchen handelt. Demzufolge scheidet ein solcher zusätzlicher Vollstreckungszugriff bei Gläubigern rückständiger Unterhaltsansprüche aus, die bereits als Insolvenzgläubiger ohnehin an der gemeinschaftlichen Befriedigung im Insolvenzverfahren beteiligt sind. Denn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist aufgrund des bereits angesprochenen Systemwechsels aus Gründen der nun zu beachtenden Gleichbehandlung aller Gläubiger eine Einzelvollstreckung wegen Unterhaltsforderungen, die die in die Insolvenz fallen, grundsätzlich untersagt. Auf eine Differenzierung etwa danach, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vor oder nach Eröffnung der Insolvenz zugestellt worden ist, kommt es nicht an. Für überhaupt erst nach der Insolvenzeröffnung neu aufgelaufene Unterhaltsschulden gilt das Vollstreckungsverbot nicht. Deren Pfändung ist folglich auch im laufenden Verfahren möglich.
Dieses Prinzip ändert sich auch nicht in dem Fall, in dem dem Schuldner des Verbraucherinsolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung nach § 291 InsO in Aussicht gestellt wird. Dafür muss der Schuldner für einen Zeitraum von sechs Jahren ab Verfahrenseröffnung bestimmte Obliegenheiten erfüllen, insbesondere sein pfändbares Einkommen dem Treuhänder zur Gläubigerbefriedigung überlassen.
Auch in dieser Wohlverhaltensphase kann wegen des rückständigen Unterhalts nicht aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vollstreckt werden. Denn auch in diesem Verfahrensstadium verbietet die Insolvenzordnung die Zwangsvollstreckung einzelner Insolvenzgläubiger. Es soll vermieden werden, dass sich die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger auch über das Insolvenzverfahren hinaus untereinander verschieben. Auch der Neuerwerb soll dem Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen werden. Der erweitert pfändbare Teil des Arbeitseinkommens wird nämlich von der Abtretung an den Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren nicht umfasst. Auch in der Wohlverhaltensperiode ist die Einzelzwangsvollstreckung ausgeschlossen. Die Gläubigerbefriedigung soll nur durch den Treuhänder selbst erfolgen.
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Stand: 01/2010
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
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