Wertpapierleihe / -darlehen– eine Einführung
Wertpapierleihe / -darlehen– eine Einführung
1. Allgemeines und Historie
Die Wertpapierleihe ist im BGB nicht ausdrücklich geregelt. Es handelt es sich auch nicht um eine „Leihe“ im Sinne von § 598 BGB, sondern um ein Sachdarlehen gemäß § 607 BGB. Die nicht korrekte Bezeichnung ist auf den international gebräuchlichen Ausdruck „securities landing“ zurückzuführen.
Würde es sich um eine Leihe im Sinne des § 598 BGB handeln, müssten identische Wertpapiere zurückgegeben werden. Im Rahmen einer Wertpapierleihe werden jedoch Wertpapiere einem anderen für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum gegen Entgelt überlassen. Bei der Wertpapierleihe wird der Darlehensnehmer Eigentümer der entsprechenden Wertpapiere und kann sie für eigene Zwecke nutzen. Er schuldet dem Darlehensgeber grundsätzlich nur die Rückübertragung von Wertpapieren gleicher Art und Menge. Inwieweit der (Börsen-) Wert der Papiere sich während der Darlehenszeit verändert hat, bleibt dabei außer Betracht, solange nicht eine entsprechende Wertausgleichklausel vereinbart wurde.
Wertpapierdarlehen gibt es bereits mehr als einhundert Jahre. Sie stellten jedoch bis zur Einführung der Deutschen Terminbörse (DTB, heute Eurex) im Jahre 1990 ein untergeordnetes, seltenes Finanzinstrument dar. Mit der Einführung der DTB wurden auch sog. „Leerverkäufe“ zulässig, d.h. Verpflichtungen zur Lieferung einer bestimmten Anzahl von Wertpapieren, obwohl der Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht Eigentümer dieser Wertpapiere ist. Zum Lieferzeitpunkt kann er sich die benötigten Wertpapiere entweder durch Kauf oder durch ein Wertpapierdarlehen besorgen. Zur regelmäßigen Abwicklung von Termingeschäften ist also ein funktionierender Wertpapierdarlehensmarkt erforderlich.
2. Marktumfeld heute
Der Markt für Wertpapierdarlehen hat zwischenzeitlich erheblich an Größe gewonnen.
Dies liegt u.a. daran, dass institutionelle Anleger (z.B. Versicherungen und Banken) ihre Erträge aus langfristigen Wertpapieranlagen erhöhen, in dem sie Teile ihrer Wertpapierbestände gegen eine entsprechende Gebühr / Provision immer wieder darlehensweise übertragen. Praktisch wird das wie folgt umgesetzt: die institutionellen Anleger, die an diesem Verfahren interessiert sind, stellen der Bank die entsprechenden Wertpapiere auf einem gesondertem Unterdepot zur Verfügung. Die Bank kann dann für Wertpapierdarlehen nach Bedarf darüber verfügen. Der Anleger / Darlehensgeber erhält ein Entgelt für jede zustande gekommene Wertpapierleihe, manchmal darüber hinaus auch noch eine Bereitstellungsgebühr bzw. –provision. Die Höhe des Entgeltes ist in der Praxis sehr unterschiedlich und richtet sich in der Regel nach der Breite des Angebotes der nachgefragten Wertpapiere. Teilweise betreiben die Banken auch Poolmodelle, bei denen die Papiere verschiedener Kunden in ein Sammeldepot eingestellt werden, aus dem dann Wertpapierdarlehen abgeschlossen werden können.
Auf Seiten der Darlehensnehmer agieren häufig Teilnehmer der Eurex, die zu einem bestimmten Termin Wertpapiere zu liefern haben, über die sie noch gar nicht verfügen. Nimmt dieser Darlehensnehmer an einem automatisierten Wertpapierdarlehenssystem teil, werden diese Verpflichtungen im System entsprechend erfasst und die benötigten Wertpapiere automatisch als Darlehen zur Verfügung gestellt.
Zwischenzeitlich haben Wertpapiersammelbanken und Clearing-Häuser ( z.B. die Clearstream Banking AG in Frankfurt / Main und Euroclear in Brüssel) eigene Wertpapierdarlehenssysteme für die ihnen angeschlossenen Institute entwickelt. So kommen bei dem System der Clearstream Banking AG die einzelnen Darlehen über Kommissionäre (angeschlossene Kreditinstitute) unter Vermittlung der Clearstream Banking AG zustande. Geregelt wird diese Vorgehensweise durch allgemeine und besondere Allgemeine Geschäftsbedingungen. Für die Wahrnehmung ihrer Vermittlungstätigkeit erhält selbstverständlich auch die Clearstream Banking AG eine Vergütung.
3. Wirtschaftliche Bedeutung
Durch ein Wertpapierdarlehen kann man Wertpapier – Lieferverpflichtungen erfüllen, auch wenn man gar nicht über entsprechende eigene Wertpapiere verfügt. Diese Situation nennt man auch „Short – Position“. Short – Positionen entstehen u.a. aus Leerverkäufen zu Spekulationszwecken: der Darlehensnehmer veräußert Wertpapiere, über die er noch nicht verfügt, und hofft dabei, dass er die zu liefernden Papiere später günstiger erwerben kann.
Beispiel:
A verkauft an B am 01.08.2008 100 Aktien der X-AG zu einem Preis von Euro 35,00 pro Aktie. Zu diesem Zeitpunkt verfügte er nicht die entsprechenden Aktien. Liefertermin ist der 02.08.2008. Da an diesem Tag die Aktie 37,50 pro Stück kostet, besorgt er sich die entsprechenden Aktien über ein Wertpapierdarlehen von der W-Bank gegen eine Gebühr. Als er die Wertpapiere am 01.11.2008 „zurückzahlen“ muss (also der W-Bank entsprechende Papiere übereignen muss, die A sich vorher am Markt besorgen muss), ist der Kurs der X-Aktie auf Euro 20,00 gefallen. A hat also pro Aktie Euro 15,00 abzgl. der Darlehensprovision Gewinn erzielt.
Weiterer Grund für die Aufnahme oder Vergabe von Wertpapierdarlehen ist die Ertragsoptimierung von längerfristig geplanten und gehaltenen Wertpapierpositionen im Depot. Bei der Vergabe von solchen Darlehen erhält der Darlehensgeber – wie bereits dargestellt – eine Gebühr oder Provision, die neben der Dividende einen „Ertrag“ des Wertpapiers darstellt. Anderseits werden Depotkosten gespart, wenn die Wertpapiere aufgrund der Wertpapierdarlehen zum Berechnungsstichtag nicht im Depot eingebucht sind. Sinnvoll und wirtschaftlich spürbar für den Depotinhaber sind diese Vorgehensweisen jedoch erst ab einer bestimmten Depotgröße.
Teilweise werden Wertpapierdarlehen auch zur Liquiditätsverbesserung eingesetzt, wenn sich der Darlehensgeber während der Laufzeit des Darlehens frei verfügbare Geldmittel als Sicherheit bestellen lässt.
Schließlich sind Wertpapierdarlehen auch im Rahmen von Börsengängen üblich. Meist wird dabei dem Emissionskonsortium im Übernahmevertrag eine Option eingeräumt, zusätzlich zu der im Übernahmevertrag festgelegten Anzahl weitere Aktien gleicher Art und Güte im Wege des Wertpapierdarlehens zu beziehen. Die Rückübertragung erfolgt dann auch Beständen, die im Rahmen einer ebenfalls vereinbarten Kurspflege im Markt erworben wurden, um den Kurs zu stützen bzw. zu stabilisieren.
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Stand: September
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- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Mandanten in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Im Bereich Kapitalanlegerrecht prüft Sie, ob Ansprüche gegen Vermittler, Kreditinstitute oder freie Anlageberater wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen und macht etwaige Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich für Sie geltend.
Ein Schwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt im Bereich des Bank- und Bankvertragsrecht sind Fragestellungen rund um die Rechtmäßigkeit und Inanspruchnahme aus Darlehensverträgen, Krediten und Bürgschaften. Durch ihre Tätigkeit im Insolvenzrecht hat Frau Rechtsanwältin Dibbelt regelmäßig insbesondere auch immer wieder mit Fragen zur Verrechnung von Haben und Salden bei Kreditinstituten sowie der Berücksichtigung einer Inanspruchnahme aus (persönlichen und sachlichen) Sicherheiten im Rahmen von Insolvenzen zu tun.
Kreditsicherheiten sowie die Gestaltung klassischer Formen der Fremdkapitalfinanzierung, Mezzanine- und strukturierter Finanzierungen bilden einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt.
Sie unterstützt ihre Mandanten auch bei Kontenpfändungen durch Einrichtung von P-Konten bzw. eines Antrages auf Erhöhung des Pfändungsschutzbetrages. Derartige Pfändungsschutzanträge können nicht nur Verbraucher sondern auch Selbständige stellen.
Darüber hinaus berät und prüft Frau Rechtsanwältin Dibbelt, ob für eine Erlaubnis der Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) erforderlich ist und erstellt ggf. die notwendigen Anträge.
Rechtsanwältin Monika Dibbelt ist Mitglied der Bankrechtlichen Vereinigung e.V.
Sie bereitet derzeit mehrere Veröffentlichungen im Bank- und Kapitalmarktrecht vor.
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- Sicherheiten und ihr Nutzen in der Krise des Sicherheitengebers
- BaFin – erlaubnispflichtige Tätigkeit oder nicht?
- Zinsswap und Cross-Currency – was ist das?
- Kapitalanlagen in der Insolvenz
- Streitschlichtung und Mediation im Bank- und Kapitalmarktrecht
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