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Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 21 – Direktmarketing

5.2. Direktmarketing

Vor dem Versand eines Newsletters oder dem Anlegen einer E-Mail-Liste von Kundenkontaktdaten sollte überprüft werden, woher die Daten der Internetnutzer bzw. Kunden stammen und ob die Daten aus dieser Quelle für das Direktmarketing verwendet werden dürfen.

Beispiel 1:

Allein die Angabe einer E-Mail-Adresse auf der Webseite eines Gewerbetreibenden stellt nach Auffassung des BGH keine stillschweigende Einwilligung in den Versand von E-Mail-Werbung dar[1].

Beispiel 2:

Auch wenn bereits ein E-Mail-Kontakt mit einem Kunden besteht, darf der Unternehmer nicht davon ausgehen, dass eine Einwilligung in die Übersendung von E-Mail-Werbung erteilt wurde[2]. Das AG München sieht in einer E-Mail-Werbung ohne vorherige Einwilligung eine unzumutbare Belästigung[3].

Beachtet werden sollte in diesem Zusammenhang, dass der Kauf von E-Mail-Adressen zwar grundsätzlich nicht verboten ist, aber für die Nutzung der Adressen nicht der Adresshändler, sondern der Versender der E-Mail haftet.

Die Versendung von E-Mail-Werbung (z. B. Newslettern) mit kommerziellem Hintergrund ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der (potentielle) Kunde vorherig und ausdrücklich zugestimmt hat. Andernfalls kann der Tatbestand des § 7 II Nr. 3 UWG erfüllt sein, wonach eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen ist bei Werbung unter Verwendung […] elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt […]. Hier ist es unerheblich, ob der Empfänger Verbraucher oder Unternehmer ist[4]. Die Erforderlichkeit der Einwilligung ergibt sich ebenfalls aus § 28 III 1 BDSG, wonach die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke […] der Werbung zulässig ist, soweit der Betroffene eingewilligt hat […].

Eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post ist abweichend von § 7 II Nr. 3 UWG zu verneinen, wenn

1. ein Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,

2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,

3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat,

4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Das Oberlandesgericht Jena definiert „eigene ähnliche Ware“ wie folgt: "Die Ähnlichkeit muss sich auf die bereits gekauften Waren beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen; ggf. ist es noch zulässig, Zubehör oder Ergänzungswaren zu bewerben."[5].

Wichtig ist, dass alle vier Voraussetzungen des § 7 III UWG erfüllt sein müssen, will man E-Mail-Werbung ohne Einwilligung verschicken. Sonst drohen Abmahnungen oder einstweilige Verfügungsverfahren. Das sofortige Versenden eines Newsletter mittels Single-Opt-In nicht zulässig. Ein bereits vorher gesetztes Kreuz, welches der Kunde selbst entfernen muss, wenn er den Newsletter nicht erhalten möchte, ist nicht zulässig[6].

Beispiel:

In einem Verfahren gegen ein Mobilfunkunternehmen vor dem AG Rendsburg wurde diesem untersagt, die gespeicherten personenbezogenen Daten zu Zwecken der Werbung zu nutzen, insbesondere zum Versand von Newslettern[7]. Trotz dieser Verfügung versandte der Mobilfunkunternehmer weiterhin E-Mail-Werbung und wurde zur Zahlung eines Ordnungsgelds i. H. v. 300 EUR aufgefordert. Das Ordnungsgeld wurde zwei Jahre später auf 5000 EUR erhöht, weil der Unternehmer dem Unterlassungsurteil nicht nachkam und weiterhin E-Mail-Werbung unberechtigt versandte[8].

Voraussetzung für das Erteilen einer ausdrücklichen Einwilligung ist ein bewusstes Handeln des Empfängers.

Beispiel 1:

Wurde eine ausdrückliche Einwilligung zwar erteilt, liegen zwischen der Erteilung und dem erstmaligen Versenden einer E-Mail-Werbung allerdings eineinhalb Jahre, dann ist die Einwilligung nach Meinung des LG München nicht mehr wirksam[9].

Beispiel 2:

Der BGH entschied in einem Verfahren gegen das Unternehmen PayBack, dass keine wirksame Einwilligung zum Erhalt von Newslettern gegeben ist, wenn der Kunde ausdrücklich widersprechen muss, keine solche Werbung zu erhalten[10].

Mithin erklärt der BGH die sogenannte Opt-Out-Lösung als unzulässig bei der E-Mail-Werbung. Ferner erklärt der BGH in dieser Entscheidung Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder der Datenschutzerklärung zur Einwilligung für die Zusendung von Werbung per Post, E-Mail oder SMS für unwirksam.

Bei der sogenannten Opt-In-Lösung trägt der Kunde seine E-Mail-Adresse in ein vorgefertigtes Formular ein und schickt diese über einen Klick auf den Absende-Button zum Versender[11]. Der Versender nimmt sodann die E-Mail-Adresse in seinen Verteiler auf und sendet dem Kunden zukünftig Newsletter zu.

Durch die Versendung von E-Mail-Werbung mittels des Double-Opt-In-Verfahren ist nach Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf grundsätzlich hinreichend sichergestellt, dass der Adressat in die E-Mail-Werbung an diese E-Mail-Adresse ausdrücklich eingewilligt hat[12].

Das Verfahren läuft grundsätzlich in zwei Phasen ab:

  • Der Adressat (Kunde) meldet sich für den Erhalt eines Newsletters auf der Webseite des Unternehmers an.
  • Die Eintragung in die E-Mail-Liste des Unternehmers wird erst dann wirksam, wenn die Anmeldung auf Erhalt einer Bestätigungsmail mittels eines Links zur Bestätigung der Eintragung, hin bestätigt wird[13].

Für den Nachweis der Einwilligung ist es erforderlich, das Double-Opt-In-Verfahren konkret zu dokumentieren. Es muss nachweisbar sein, wann, wie, wer, als Interessierter seine Zustimmung zum Direktmarketing gegeben hat. Allein die Behauptung, man verwende als Unternehmen das Double-Opt-In-Verfahren ist nicht ausreichend[14].

Beispiel:

Das LG Dresden stellt in einem Urteil klar, dass der Versender eines Newsletters für die Erteilung einer rechtfertigenden Einwilligung darlegungs- und beweisbelastend ist[15].

Zu beachten ist, dass bei fehlender Vorlage einer Einwilligung in die E-Mail-Werbung grundsätzlich auch keine Werbung in Bestell-Bestätigungsmails aufgeführt werden darf[16].

Beispiel:

In Bestätigungsmails darf dann nicht mit Gutscheinen oder Rabattaktionen für zukünftige Einkäufe geworben werden. Ebenso darf der Kunde nicht aufgefordert werden Kundenbewertungen abzugeben.

Etwas anderes gilt, wenn eine Einwilligung in Telefonwerbung mittels eines E-Mail-basierten Double-Opt-In-Verfahrens eingeholt werden soll. Es muss sichergestellt werden, dass die angegebene Telefonnummer auch zu dem jeweiligen Verbraucher, insbesondere zu dem Besitzer der angegebenen E-Mail-Adresse gehört[17].

Ebenfalls unzulässig ist das beliebte Marketinginstrument „Tell-a-friend“. Hier trägt ein Kunde die E-Mail-Adresse eines Freundes in ein Formular ein, welcher dann entweder direkt eine E-Mail-Werbung für das absendende Unternehmen erhält oder eine Bestätigungsmail für die Aufnahme in den Verteiler des Unternehmens[18].

Beispiel:

Das LG Berlin bestätigte, dass das versendende Unternehmen als sogenannter Störer für die Werbung mit der Einladungs-Mail des angeblichen „Freundes“ verantwortlich ist[19].

Es muss jederzeit möglich sein, seine Einwilligung in die E-Mail-Werbung zurückzunehmen und damit beispielsweise den Newsletter abzubestellen.

Beispiel:

Am Ende der E-Mail sollte dem Kunden immer die Möglichkeit gegeben werden, durch Hinterlegung eines Links sich vom Empfang einer E-Mail-Werbung lösen zu können.

Wird die Abmeldung von einem Newsletter durch den Webseitenbetreiber ignoriert, droht ihm eine Abmahnung oder ein einstweiliges Verfügungsverfahren, sofern er weiterhin E-Mails des Unternehmens versendet[20].

Zu beachten ist, dass der Versender einer E-Mail-Werbung die Pflichtangaben i. S. d. § 5 TMG einzuhalten hat (à 6.1.). Nach Entscheidung des Oberlandesgerichts München reicht es aus, wenn das Impressum über einen doppelten Link mittels „Kontakt“ und „Impressum“ aufgerufen werden kann[21].

Aus alledem folgt, dass an die Einwilligung zum Versand von E-Mail-Werbung strenge Anforderungen zu stellen sind.

[1] Fußnote

[2] Fußnote

[3] Fußnote

[4] Fußnote

[5] Fußnote

[6] Fußnote

[7] Fußnote

[8] Fußnote

[9] Fußnote

[10] Fußnote

[11] Fußnote

[12] Fußnote

[13] Fußnote

[14] Fußnote

[15] Fußnote

[16] Fußnote

[17] Fußnote

[18] Fußnote

[19] Fußnote

[20] Fußnote

[21] Fußnote

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), erschienen mit Fußnoten im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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Telefon: 0721-20396-28

 

Gericht / Az.: OLG München, Urteil v. 11.09.2003 – 29 U 2681/ 03; LG Lübeck, Beschluss v. 10.07.2009 – 14 T 62/ 09; LG Berlin, Beschluss v. 18.08.2009 – 15 S 8/ 09;
Normen: § 5 TMG, § 7 UWG

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