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Strafbarkeit der verspäteten Erstellung eines Jahresabschlusses nach §§ 283 ff StGB

 

1. Jahresabschlüsse müssen innerhalb enger Fristen erstellt werden

Jahresabschlüsse (Bilanz oder Einnahme-/Überschussrechnung) müssen innerhalb strikter Fristen erstellt werden. Diese sind im HGB festgelegt (drei, bzw. sechs Monate nach Jahresende, vgl. § 264 Abs.1 HGB).  Die Wahrung dieser Fristen ist - im Insolvenzfall - strafrechtlich bewehrt (Bankrott, 283 ff StGB). Es wird oft übersehen, dass eine Verlängerung dieser Fristen nicht möglich ist.  Auch die von den Finanzämtern häufig zugebilligten Fristverlängerungen zur Abgabe von Steuererklärungen verändern und verlängern diese Fristen zum Erstellen des Jahressbschlusses nicht.  Wird nur eine Steuererklärung innerhalb der (vom Finanzamt) gewährten Frist erstellt, so ist dies noch keine Handelsbilanz. Die steuerrechtlichen Regelungen lassen die eindeutigen handelsrechtlichen Bestimmungen nicht außer Kraft setzen. Problematisch ist insbesondere, dass eine Insolvenzstraftat nach §§ 283 ff StGB die Erteilung der Restschuldbefreiung in einem privaten Insolvenzverfahren massiv gefährdet. Im Insolvenzfalle ist daher besondere Vorsicht und unverzügliche Beratung geboten. Nach unserer Erfahrung weisen die wenigsten Steuerberater auf die Frist und die kaum reparablen Auswirkungen der Versäumung hin, obwohl es gerade bei Insolvenzen kleiner Unternehmen (bis ca. 10 Mitarbeiter) nahezu die Regel ist, dass die Jahresabschlüsse verspätet erstellt wurden. 

2. Buchführungs- und Bilanzierungspflichten

a. Kapitalgesellschaften

Kapitalgesellschaften unterliegen grundsätzlich einer Bilanzierungspflicht.  Diese Pflicht ergibt sich aus den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 242–256 HGB und wird durch die ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften, zu denen auch die GmbH zählt, nach §§ 264–289 HGB erweitert. § 42 GmbHG schreibt vor, dass eine Bilanz einer GmbH nach §§ 242, 264 HGB zu erstellen ist.

b. Personengesellschaften und Einzelkaufleute

Personengesellschaften und Einzelkaufleute sind nicht immer bilanzierungspflichtig. Hier kann - je nach Einzelfall - auch eine Einnahme-Überschussrechnung genügen. Wird jedoch bilanziert - sei es aufgrund gesetzlicher Verpflichtung oder aufgrund einer Wahlrechtsausübung - führt dies zur Pflicht, die Bilanz und das Inventar rechtzeitig in den handelsrechtlich gesetzten Fristen zu erstellen. 

c. Verpflichtete Person bei Kapitalgesellschaften

Da Kapitalgesellschaften als juristische Person derartigen Pflichten nicht ,,in Person`` nachkommen kann, obliegt dies den Organen der Gesellschaft, mithin für die GmbH den Geschäftsführern. Der Geschäftsführer einer GmbH ist aus § 41 GmbHG ausdrücklich verpflichtet, für die ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft zu sorgen. Hierzu zählt zum einen das Erstellen der Eröffnungsbilanz zu Beginn des Handelsgewerbes. Eine handelsrechtliche Frist zum Erstellen dieser Frist besteht nicht. Da sie jedoch ,,zu Beginn des Handelsgewerbes`` (vgl. § 242 Abs.1 HGB) aufgestellt werden muss, ist die Vermögensübersicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit Aufnahme der geschäftlichen Aktivität zu erstellen. Es wird hierbei ein Zeitraum von maximal drei Monaten vertreten.  Am Schluss eines jeden Jahres ist der Jahresabschluss für die GmbH zu erstellen, der gemäß § 243 Abs.3 HGB ,,innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen``. Für die Kapitalgesellschaften ist nach § 264 Abs.1 HGB in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres der Jahresabschluss des vergangenen Geschäftsjahres zu erstellen.  Kleine Kapitalgesellschaften (d.h. solche, die mindestens zwei der folgenden Merkmale nicht überschreiten: Im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer beschäftigen, 6.875.000 € Umsatzerlöse in den letzten zwölf Monaten vor Abschlussstichtag aufweisen, bzw. 3.438.000 € Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags aufweisen) dürfen den Jahresabschluss innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres erstellen. 

3. Insolvenzstraftat nach § 283 ff StGB

Kommt der Betroffene seiner Bilanzierungspflicht nicht nach, kann dies eine Strafbarkeit gemäß §§ 283 ff StGB nach sich ziehen.  Hinsichtlich der Verletzung von Buchführungs– und Bilanzierungspflichten kann zum einen der Straftatbestand des Bankrotts gemäß § 283 Abs.1 Nr. 5-7 StGB erfüllt sein, sowie der in § 283 b StGB normierte subsidiäre Straftatbestand der Verletzung der Buchführungspflicht als abstrakter Gefährdungstatbestand im Vorfeld des Bankrotts. Nicht erforderlich ist für § 283 b StGB (anders als bei § 283 StGB), dass sich das Unternehmen bereits in der Krise befindet.  Strafbar macht sich nach § 283 b Abs. 1 Nr. 3 b) StGB, wer es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen. Auch das nur fahrlässige Handeln ist in § 283 b Abs.2 StGB unter Strafe gestellt.  Die Tat ist jedoch nach Ansichten in Rechtsprechung und Literatur nur strafbar, wenn ein äußerer Zusammenhang zwischen Verletzung der Pflichtverletzung und der Insolvenz besteht. Das heißt also, dass nicht jede Pflichtverletzung eine Strafbarkeit nach sich zieht. Wie sich aus dem Verweis in § 283 b Abs. 3 StGB ergibt, findet § 283 Abs. 6 StGB entsprechende Anwendung und muss in der Folge die objektive Strafbarkeitsbedingung eintreten: d.h., Zahlungseinstellung erfolgen oder Insolvenzantragstellung über das Vermögen der GmbH oder Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse.  Zu beachten ist insbesondere, dass die für den Jahresabschluss geltenden handelsrechtlichen Fristen (drei, bzw. sechs Monate) ausdrücklich gesetzlich normiert sind. 

4. Keine Fristverlängerung möglich

Auch die von den Finanzämtern häufig zugebilligten Fristverlängerungen zur Abgabe von Steuererklärungen verändern und verlängern diese Fristen zum Erstellen der Jahresbilanz nicht.  Wird nur eine Steuererklärung innerhalb der (vom Finanzamt) gewährten Frist erstellt, so ist dies noch keine Handelsbilanz. Die steuerrechtlichen Regelungen lassen die eindeutigen handelsrechtlichen Bestimmungen nicht außer Kraft setzen.  Beruft sich der Betroffene im späteren Strafverfahren darauf, dass er der Ansicht war, sich durch das Einhalten der steuerrechtliche Fristen nicht strafbar gemacht zu haben, so wird er dadurch nicht vor Strafe bewahrt. Es besteht lediglich die Möglichkeit, sich auf einen Verbotsirrtum iSd § 17 StGB zu berufen, der jedoch regelmäßig vermeidbar sein wird und sich allenfalls strafmildernd auswirken kann (vgl. Weyand, ZinsO 1999, 327ff).  Erfolgt die Einstellung der Buchführung zu einem Zeitpunkt, der nach der Zahlungseinstellung (d.h., nach Eintritt der objektiven Strafbarkeitsbedingung) liegt, und endet die Frist für die Erstellung der Bilanzen erst nach dem Zeitpunkt der in § 283 Abs. 6 StGB normiert wird, so kommt eine Verurteilung wegen Bankrotts nur für die Zeit vor der Zahlungseinstellung in Betracht und nur für den Fall, dass der Geschäftsführer keine hinreichenden Vorbereitungen zur Bilanzaufstellung getroffen hat (vgl. OLG Düsseldorf, BB 1999, 149 m.w.N).  Eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht entfällt auch, wenn der Angeklagte aufgrund seiner Ausbildung und seiner Tätigkeit nicht in der Lage war, die Buchführung selbst zu führen und Bilanzen selbst zu erstellen, vielmehr der Hilfe eines Steuerberaters bedurfte und für die Bezahlung des Steuerberaters die entsprechenden Kosten nicht aufwenden konnte, da niemandem Unmögliches abverlangt werden kann. (vgl. OLG Düsseldorf, BB 1999, 149 m.w.N.)  Der BGH vertritt die Auffassung, dass die Unfähigkeit zur Begleichung der Steuerberaterkosten aufgrund finanzieller Engpässe und die daraus resultierende Verletzung der Buchführungspflicht, die Strafbarkeit nach § 283 Abs.1 StGB wegen Bankrotts beseitigen kann (vgl. Weyand, Insolvenzdelikte 2003, Rz. 81 mit Verweis auf BGHSt 28, 231).  Die Verpflichtung zur Bilanzaufstellung endet zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verpflichtete seinen Geschäftsbetrieb einstellt bzw. - als Organ einer juristischen Person – sein Amt niederlegt. Sofern der Erstellungszeitpunkt jedoch bereits verstrichen ist, ändert die Niederlegung jedoch nichts an der Strafbarkeit.

 


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 


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