Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 9 – Die Karenzentschädigung
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Was passiert, wenn der Unternehmer an der Wettbewerbsabrede kein „berechtigtes geschäftliches Interesse“ mehr hat?
Die geschlossene Vereinbarung ist auch wirksam und für den Handelsvertreter verbindlich.
Beispiel:
Das Wettbewerbsverbot wurde vorsorglich vereinbart, weil der Unternehmer die Entstehung von Wettbewerbern befürchtet hat .
Eine Wettbewerbsentschädigung ist unangemessen niedrig angesetzt. Welche Möglichkeiten hat der Handelsvertreter?
Er kann den Unternehmer auf Zahlung einer angemessenen Karenzentschädigung in Anspruch nehmen. Der Handelsvertreter muss beachten, dass die unangemessene Entschädigung nicht zur Unverbindlichkeit der gesamten Abrede führt.
Kann die vereinbarte Karenzentschädigung nachträglich noch angehoben oder herabgesetzt werden?
(1) nachträgliche Anhebung
Die nachträgliche Anhebung wird i.d.R. der Handelsvertreter verlangen.
In folgenden Fällen kommt die Anhebung in Betracht:
Die Entschädigung war im Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung angemessen. Die Verhältnisse haben sich bis zum Wirksamwerden der Vereinbarung aber nachhaltig geändert.
Beispiel: Eine Wettbewerbsabrede wurde zwischen Unternehmer und Handelsvertreter geschlossen. Damals gab es keine Wettbewerber am Markt. 15 Jahre später wird der Handelsvertretervertrag beendet. Inzwischen sind auf dem Markt namhafte Konkurrenzunternehmen aufgetreten.
Die ursprünglich vereinbarte Karenzentschädigung kann nachträglich angehoben werden.
(2) nachträgliche Herabsetzung
Die Herabsetzung wird meist der Unternehmer durchsetzen wollen.
Beispiel: Ein zunächst vorhandener Konkurrent legt seinen Betrieb still. Die Wettbewerbsabrede wurde einzig und allein wegen diesem Konkurrenten abgeschlossen.
Der Unternehmer hat in diesem Fall nicht mehr zu befürchten, dass ihm der Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung einen Schaden zufügen könnte. Diese Gefahr des Unternehmers ist weggefallen.
Ist eine Wettbewerbsklausel des Unternehmers wirksam, die den Handelsvertreter unangemessen benachteiligt?
Eine Benachteiligung liegt vor, wenn nach der Vereinbarung die Wettbewerbsabrede automatisch entfallen soll, wenn der Vertrag durch eine Kündigung des Unternehmers beendet wird. Im Gegenzug bedeutet das für den Handelsvertreter: Das Wettbewerbsverbot bleibt erhalten, wenn er kündigt; es handelt sich um eine Vereinbarung, die zu Lasten des Handelsvertreters wirkt. § 90 a IV HGB ist verletzt.
2.6.3.3. anderweitiger Erwerb des Handelsvertreters
Ebenfalls bei der Prüfung der Angemessenheit einer Karenzentschädigung zu beachten, ist, ob ein anderweitiger Erwerb des Handelsvertreters zu berücksichtigen ist oder nicht. Die Berücksichtigung anderweitigen Erwerbs ist, im Gegensatz zu § 74 c HGB [Anrechnung anderweitigen Erwerbs], in § 90 a HGB nicht geregelt.
Nach allgemeiner Ansicht kann anderweitiger Verdienst angerechnet werden. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an.
Anzumerken ist, dass die Karenzentschädigung nicht so groß ausfällt, wenn der Handelsvertreter anderweitigen Verdienst erzielt hat. Andererseits darf es sich nicht zum Nachteil des Handelsvertreters auswirken, wenn er sich nach Kräften um eine andere Anstellung (d.h. anderweitigen Verdienst) bemüht.
Die Karenzentschädigung kann sich in bestimmten Fällen auch mindern:
Eine Minderung der Entschädigung tritt ein, wenn der Handelsvertreter es böswillig unterlässt anderweitig zu verdienen. Die Entschädigung kann in entsprechendem Maße gemindert werden.
Die Anrechnung anderweitigen Verdienstes kann von Unternehmer und Handelsvertreter vertraglich vereinbart werden .
Aber:
Zur Bemessung der Entschädigung nicht heranzuziehen sind
- Einkommensvor- oder nachteile,
- Ersparnisse oder
- Kosten des Handelsvertreters,
die in seinen persönlichen Umständen liegen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.
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zum vorhergehenden Teil des Buches
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.
Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.
Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.
Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so
- "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
- "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
- "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Provision des Handelsvertreters
- Handelsvertreterausgleich in der aktuellen Rechtsprechung
- Der Buchauszug – Anforderung und Auswertung
- Vertriebssysteme gestalten – angestellte oder freie Vertriebsmitarbeiter ?
- Der Aufbau von Franchisesystemen
- Kundendatenschutz aus rechtlicher und praktischer Sicht
- Franchisesysteme gründen – weitsichtige Planung von Franchise- und Partnersystemen
- Datenschutz in Franchisesystemen – das unterschätzte Problem
- Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
- Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
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