Gebrauchtsoftware Teil II
Handel mit Gebrauchtsoftware – ein heißes Eisen
Die „Spannung“ beim Thema Handel mit Gebrauchtsoftware wird auch am nachfolgend geschilderten Fall nachvollziehbar.
Microsoft hatte einen sog. Volumenlizenzvertrag verkauft, d.h. der Käufer erhält eine Masterkopie und das Recht, die Software auf einer bestimmten Anzahl von Rechnern dauerhaft zu installieren und zu nutzen. Sagen wir, der Lizenzvertrag sieht ein Volumen von 300 vor, kann das Programm von der einen Master-CD-ROM auf 300 Rechnern installiert werden.
Lizenzrecht
Das Landgericht Hamburg hatte sich im Herbst 2006 mit den wettbewerbs- und urheberrechtlichen Aspekten eines solchen Volumenlizenzvertrages auseinander zusetzen. Dem Urteil lag, stark vereinfacht, folgender Sachverhalt zugrunde: Kunde A hat von Microsoft durch einen Volumenlizenzvertrag 300 Lizenzen erworben. Da A nur noch 200 Lizenzen benötigte, hat der Zwischenhändler B die 100 unnötigen Lizenzen an einen anderen Kunden C „gebraucht“ angeboten, dem genau 100 Lizenzen fehlten, der jedoch an einem größeren neuen Vertrag mit Microsoft kein Interesse hatte. Da die 100 heraus gelösten Gebrauchtlizenzen billiger waren als „neu“ von Microsoft, wollte Microsoft den Zwischenhändler im Wege der einstweiligen Verfügung dieses Angebot zu günstigeren Preisen und den Handel mit Gebrauchtsoftware untersagen.
Das Landgericht Hamburg hat in seinem Urteil am 29.06.2006 (Az. 315 O 343/06) dann ausgeführt, das diese Masterkopie rechtlich so zu behandeln sei, als ob eine entsprechende Anzahl von Vervielfältigungsstücken übergeben worden sei, in unserem Beispiel als ob 300 Installations-CDs verkauft worden wären. Die Vorschrift über den Erschöpfungsgrundsatz aus dem Urhebergesetz, § 69c Nr. 3 Satz 2 Urhebergesetz, ist auf den Fall der Masterkopie daher nicht direkt anzuwenden, sondern analog; genau genommen besteht hier gesetzestechnisch eine planwidrige Regelungslücke. Praktisch bedeutet das derzeit: durch diese „fingierte Verkörperung“ hat sich das Bestimmungsrecht des Urhebers über die nachfolgende Verbreitung erschöpft; der Softwarehersteller kann nicht mehr beim Weiterverkauf mit entscheiden. Daher könne der Softwarehersteller auch über die Höhe des Weiterverkaufspreises nicht mehr mit entscheiden. Der Antrag von Microsoft auf Untersagung wurde damit im Ergebnis abgelehnt.
Microsoft ging gegen dieses Urteil in Berufung. Daraufhin hat sich diese wurde jedoch Händler dürfen für den Verkauf von Gebrauchtsoftware aus Volumenlizenzen werben (Hanseatisches OLG Hamburg vom 07.02.2007, Az. 5 U 140/06) – doch dies ist eine reine Entscheidung nach Wettbewerbsrecht, also dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb UWG, das lediglich vermeidet, Verzerrungen des Wettbewerbs etwa durch unzulässige Werbeaussagen zu untersagen.
Das Landgericht Hamburg hatte in lizenzrechtlicher Hinsicht nur zu dem Fall von „gebrauchten“ Lizenzen aus einem Volumenvertrag entschieden, jedoch nicht zu dem Fall von „gebrauchten“ Einzellizenzen. Das Oberlandesgericht Hamburg hat lizenzrechtlich zur Gebrauchtsoftware gar nichts entschieden, sondern nur nach Wettbewerbsrecht.
Ähnlich wie der Vergleich zwischen den Rechten des Käufers nach Kaufrecht und den Rechten des Softwareherstellers nach Urheberrecht kann es theoretisch zu der kuriosen Konstellation kommen, dass die Werbung für Gebrauchtlizenzen zwar zulässig ist, der Handel mit Gebrauchtlizenzen aber schlechterdings nicht? Dies hängt jeweils, wie meistens in der juristischen Fragestellungen, vom Einzelfall ab.
Zusammenfassend ist kritisch anzumerken, dass es kaum nachvollziehbar und auch nicht praxisnah ist, dass eine rechtlich unterschiedliche Beurteilung der Lizenzrechte davon abhängen soll, wie die Software vom Erstverkäufer erworben wurde. Der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz sollte unabhängig davon zur Anwendung kommen, ob die Software mittels Datenträger oder Download erworben wurde. Die planwidrige Gesetzeslücke im Urhebergesetz sollte insoweit ergänzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Rechtsprechung dahingehend fortentwickelt, so dass sich die Einflussnahme der Softwarehersteller nach dem Verkauf in jedem Fall erschöpft hat. Bislang liegt hierzu nur eine uneinheitliche Rechtsprechung verschiedener Land- und Oberlandesgerichte vor, jedoch noch keine maßgebliche Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes zu Gebrauchtlizenzen. Jedenfalls ist eine baldige Klärung dieser Rechtsfrage zu begrüßen, da der Handel mit Gebrauchtlizenzen derzeit noch von Rechtsunsicherheit geprägt ist.
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Stand: 04/07
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