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Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 3 - Wem steht der Ausgleichsanspruch zu ?

Nach der rechtlichen Stellung unterscheidet man zwischen:

  • Vermittlungsvertreter
  • Abschlussvertreter
  • Einfirmenvertreter
  • Mehrfirmenvertreter
  • Bezirksvertreter
  • Untervertreter
  • Handelsvertreter im Nebenberuf

Vermittlungs- und Abschlussvertreter

Ein Vermittlungsvertreter ist verpflichtet, den Abschluss von Verträgen in die Wege zu leiten, indem er durch Einwirkung auf einen Dritten dessen Abschlussbereitschaft herbeiführt. Das Geschäft kommt erst durch die Annahme des Vertragsangebots durch den Unternehmer zustande.

Ein Abschlussvertreter ist dagegen befugt, die vermittelten Geschäfte im Namen des Unternehmers abzuschließen. Der Handelsvertreter ist hierzu jedoch ausdrücklich zu beauftragen und zu bevollmächtigen. Im Zweifel ist der Handelsvertreter nur zur Vermittlung, nicht zum Abschluss von Geschäften bestellt.

Der Abschlussvertreter hat Handlungsvollmacht im Sinne des § 54 HGB [Handlungsvollmacht].
Die Vollmacht eines Abschlussvertreters heißt Abschlussvollmacht und kann allgemein oder auf einen bestimmten Geschäftskreis beschränkt erteilt werden. Die entsprechenden Vorschriften dazu sind die §§ 91 Abs. 1, 91a Abs. 2, 55, 54 HGB.
Der Vermittlungsvertreter ist im Rahmen seiner Vermittlungsvollmacht zur Vermittlung von Geschäften und zur Entgegennahme von Erklärungen Dritter wegen mangelhafter Leistung des Unternehmers bevollmächtigt. Diese Vollmacht ist in den §§ 91 Abs. 2, 91a Abs. 1 HGB geregelt.

Ein- und Mehrfirmenvertreter

Ein Handelsvertreter, der für nur einen Unternehmer tätig ist, ist ein Einfirmenvertreter. Vermittelt der Handelsvertreter Geschäfte für mehrere Unternehmer, ist er ein Mehrfirmenvertreter.
Ein Mehrfirmenvertreter muss ständig darauf achten, dass er nicht in vertragswidriger Weise für konkurrierende Unternehmen tätig wird. Dieses Wettbewerbsverbot während der Vertragszeit ergibt sich aus § 86 Abs. 1 2. Halbs. HGB. Demnach ist der Handelsvertreter zur Wahrung der Interessen der von ihm vertretenen Unternehmer verpflichtet. Möchte der Handelsvertreter einen Eigenvertrieb begründen oder Konkurrenzvertretung betreiben, muss er hierzu die ausdrückliche Zustimmung des Unternehmers einholen. Andernfalls kann er sich Schadensersatzansprüchen des Unternehmers aussetzen oder die fristlose Kündigung durch den Unternehmer riskieren.

Beispiel:
Für den Handelsvertreter Robin, der mit deren Zustimmung bereits für zwei Seifenhersteller tätig ist, ergibt sich die Möglichkeit, auch mit dem Seifenhersteller Pigeon zu arbeiten. Beim Vertragsschluss mit Pigeon muss Robin offenbaren, dass er bereits für zwei Konkurrenzunternehmen Geschäfte vermittelt. Von den zwei anderen Unternehmern muss er eine Einverständniserklärung einholen. Sind die drei Unternehmer einverstanden, kann er sie alle nebeneinander vertreten.

Bezirksvertreter

Ein Bezirksvertreter erhält einen bestimmten Vertretungsbezirk oder Kundenkreis zugewiesen, in dem er Kundenbeziehungen aufbaut oder erweitert. Der Bezirk wird im Vertretervertrag vereinbart. Dies geschieht meist in der Form von geographischen Begrenzungen, z.B. durch Postleitzahlenbereiche oder Bundesländer.
Dabei ist eine Vereinbarung des Wortlauts „Verkaufsgebiet Deutschland“ nicht ohne weiteres eine Vereinbarung zum Bezirksschutz, sondern lediglich eine Bezeichnung des Tätigkeitsgebietes. Der Bezirksvertreter erhält Provision auch aus den Geschäften, die mit Kunden aus seinem Kundenkreis bzw. Bezirk ohne seine Mitwirkung zustande kommen. Diese Bezirksprovision ist eine tätigkeitsunabhängige Provision. Der Ausfall von Bezirksprovisionen, also aus Nachbestellungen von Kunden, die vom Bezirksvertreter nicht selbst geworben wurden, stellen bei Vertragsbeendigung keinen ausgleichspflichtigen Provisionsverlust dar.

§ 87 Abs. 2 HGB [Provisionspflichtige Geschäfte] ist die Anspruchsgrundlage für Bezirksprovision.
Der Bezirksschutz § 87 Abs. 2 HGB gilt nicht für Versicherungsvertreter (§ 92 Abs. 3 S. 2 HGB). Zwar sind im Versicherungsvertretervertrag häufig ebenfalls Bezirks- oder Kundenkreise vereinbart, ohne jedoch die Folge eine Bezirksprovision auszulösen. Der Versicherungsvertreter erhält nur Provision für die von ihm vermittelten Verträge.

Vom Bezirksvertreter ist der Alleinvertreter abzugrenzen. Mit der Vereinbarung der Alleinvertretung können Direktgeschäfte des Unternehmers ausgeschlossen werden oder ein alleiniges Betätigungsrecht des Handelsvertreters unter Ausschluss anderer Handelsvertreter (oder beides) konstituiert werden. Die Alleinvertretung kann auch mit der Bezirksvertretung kombiniert werden. Andere Handelsvertreter und der Unternehmer selbst dürfen dann erst nach der Zustimmung des Alleinvertreters Kunden aus seinem Bezirk ansprechen.

Untervertreter

Untervertreter werden zur Unterstützung des Hauptvertreters eingesetzt.
Die „echten“ Untervertreter schließen einen Handelsvertretervertrag mit dem Hauptvertreter ab und haben keine vertragliche Beziehung zum Geschäftsherrn. Der Schuldner der Provision ist der Hauptvertreter.
Dem „unechten“ Handelsvertreter steht dagegen der Unternehmer selbst in einem Vertragsverhältnis gegenüber, gleichzeitig vereinbart man das Subordinationsverhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter. Die Untervertreter-Provision wird zumeist über den Hauptvertreter abgerechnet, bei dem sie einen durchlaufenden Posten darstellt.

Handelsvertreter im Nebenberuf

Geht ein Handelsvertreter neben seiner Vertretertätigkeit noch einer anderen Tätigkeit nach, kann es sich um einen Handelsvertreter im Nebenberuf handeln.
Hauptberuflich übt ein Handelsvertreter seine Tätigkeit nur dann aus, wenn er

  • sich überwiegend damit beschäftigt und
  • den überwiegenden Teil seines Einkommens daraus erzielt.

Fehlt es bereits an einem dieser Kriterien, übt er die Handelsvertretertätigkeit nebenberuflich aus . Der Begriff „überwiegend“ wird von der Rechtsprechung nicht in allgemeinen Zahlen konkretisiert. Für jeden Einzelfall wird eine gesonderte Abgrenzung vorgenommen.

Die Abgrenzung hat weitreichende Konsequenzen für den Ausgleichsanspruch:

Einem Handelsvertreter im Nebenberuf verweigert die gesetzliche Regelung des § 92b Abs. 1 Satz 1 HGB [Handelsvertreter im Nebenberuf] den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.
Will sich ein Unternehmer gegenüber seinem Handelsvertreter auf dessen Status als Handelsvertreter im Nebenberuf berufen, muss er ihn ausdrücklich als Handelsvertreter im Nebenberuf betraut haben. Ohne eine solche ausdrückliche Vereinbarung kann sich der Unternehmer gegenüber seinem Handelsvertreter nicht darauf berufen.
Ein hauptberuflicher Handelsvertreter kann nicht durch nebenberufliche Betrauung zu einem solchen gemacht werden. Entscheidend für das Vorliegen von Haupt- oder Nebenberuflichkeit ist die Verkehranschauung, nicht eine vertragliche Vereinbarung. Gelegentlich versuchen Unternehmen gegenüber Mehrfirmenvertretern mit der Vereinbarung einer nebenberuflichen Tätigkeit, ihrer Pflicht zur Zahlung eines Ausgleichs gemäß § 89b HGB nach Vertragsbeendigung zu entgehen. Ist jedoch ein hauptberuflicher Handelsvertreter für mehrere Unternehmen tätig, so ist jedes dieser Unternehmen ihm gegenüber nach Vertragsbeendigung ausgleichspflichtig. Wird ein hauptberuflicher Handelsvertreter dennoch nebenberuflich betraut, ist darin eine unzulässige Umgehung des § 89b Abs. 4 HGB zu sehen. Danach ist ein Ausschluss des Ausgleichsanspruchs vor Vertragsbeendigung ausgeschlossen.

Wächst das Geschäft eines nebenberuflich betrauten Handelsvertreters ins hauptberufliche, ist es ratsam, dies dem Unternehmer anzuzeigen. Andernfalls darf der Unternehmer aufgrund der vertraglichen Vereinbarung weiter davon ausgehen, dass der Handelsvertreter für ihn tatsächlich nur im Nebenberuf tätig ist.

Beispiel 1:
Der rüstige Rentner Kraus vermittelt hin und wieder Geschäfte für seinen früheren Arbeitgeber, indem er Kunden für ihn wirbt. Dieser Tätigkeit geht er in einem geringen Umfang nach, da er keinen Stress haben möchte, aber Abwechslung braucht. Da Geschäfte lukrativ sind, sind - wenn auch seltene - Provisionen um ein Vielfaches höher als seine Rente.
Herr Kraus ist ein Handelsvertreter im Nebenberuf: Er befasst sich nicht überwiegend mit der Geschäftsvermittlung.

Beispiel 2:
Frech, der an der Universität Tübingen eingeschrieben ist, vermittelt in seiner Freizeit Versicherungsverträge. Mit den Provisionen finanziert er sein Studium.
Frech ist nach Verkehrsanschauung als Handelsvertreter im Nebenberuf tätig, da seine Haupttätigkeit das Studium ist.


 

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Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters

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Stand: Februar 2007


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