Restschuldbefreiung: Versagung, Teil 8 - Antrag
Der Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung - Eine Einführung muss eine Anhörung der Insolvenzgläubiger und des Treuhänders vorausgehen. Auch dem Schuldner muss rechtliches Gehör gewährt werden. Diese Anhörung findet beim Insolvenzgericht statt. Folgende drei Punkte müssen (in formeller Hinsicht) bei der Antragstellung auf Versagung der Restschuldbefreiung beachtet werden:
- Antragstellung eines Insolvenzgläubigers - Formgerechte Antragstellung und richtiger Zeitpunkt - Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes
Antragstellung eines Insolvenzgläubigers
Die Restschuldbefreiung kann nur auf Antrag eines Insolvenzgläubigers versagt werden. Eine Versagung von Amts wegen, d.h. ohne Antrag durch das Insolvenzgericht selbst oder durch Treuhänderantrag ist nicht möglich. Selbst wenn der Treuhänder in seinem Bericht offenkundige Versagungsgründe nach § 290 InsO anspricht, so führt dies nicht automatisch zu einer Versagung der Restschuldbefreiung. Vielmehr muss – wie oben erklärt – ein Gläubiger den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen. Schließlich stehen durch die Restschuldbefreiung Forderungen der Gläubiger zur Disposition.
Beispiel:
Der Treuhänder Treu stellt fest, dass einer der Versagungsgründe nach § 290 I InsO vorliegt. Der Treuhänder selbst ist nicht befugt, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen – lediglich die Gläubiger. Teilt Herr Treu den Gläubigern den offenkundigen Versagungsgrund mit, so liegt es an den Gläubigern einen Versagungsantrag zu stellen.
Stellt kein Gläubiger einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung, so darf das Insolvenzgericht diese nicht versagen. Nicht erforderlich ist, dass der antragstellende Gläubiger von dem Versagungsgrund selbst betroffen ist. Jeder Insolvenzgläubiger, der an dem Insolvenzverfahren teilgenommen hat, kann einen Versagungsantrag stellen, denn eine Begrenzung des Antragsrechts auf die unmittelbar geschädigten bzw. betroffenen Insolvenzgläubiger lässt sich weder dem Gesetzestext noch dem Zweck des Gesetzes entnehmen. Gläubiger, welche nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen, haben auch keinerlei Stimmrecht. Gläubiger, die ausschließlich Inhaber von Forderungen im Sinne des § 302 InsO (ausgenommene Forderungen) sind und deshalb von der Wirkung der Restschuldbefreiung nicht berührt werden, steht mangels Rechtsschutzbedürfnis kein Antragsrecht zu.
Beispiel:
Der Gläubiger Glatt hat gegen den Schuldner Schubert eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung und hat diese als solche angemeldet. Herr Glatt stellt nun einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wegen einer in § 290 I InsO genannten Gründen. Da Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind, darf Herr Glatt den Antrag nicht stellen. Seine Forderung ist auch bei Erteilung der Restschuldbefreiung gegen den Schuldner vollstreckbar.
Der Antragsteller kann bis zu dem Beschluss über die Ankündigung oder Versagung der Restschuldbefreiung seinen Antrag erweitern oder zurücknehmen.
Formgerechte Antragstellung und richtiger Zeitpunkt
Eine Versagung der Restschuldbefreiung ist vom Insolvenzgläubiger im Schlusstermin (§ 197 InsO), also vor Aufhebung des ,,eigentlichen`` Insolvenzverfahrens zu beantragen. Ein Antrag in schriftlicher Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle ist unzulässig. Derart erklärte Anträge sind lediglich als Ankündigung zu verstehen. Der Antrag muss im Schlusstermin gestellt werden. Dies soll ermöglichen, den Antrag mündlich zu erläutern und Einwendungen irgendwelcher Art sofort in dem Termin zu klären. Ein auf die Gründe des § 290 gestützter Versagungsantrag kann in der Wohlverhaltensperiode nicht mehr gestellt werden. Ein rechtskräftig ergangenen Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung ist bindend.
Beispiel:
Nachdem ein rechtskräftiger Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung ergangen ist, fällt Herrn Glatt auf, dass ein Versagungsgrund nach § 290 I InsO vorgelegen hätte. Schnell stellt er noch einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung. Dieser Antrag ist unwirksam, da ein solcher Antrag nicht mehr in der Wohlverhaltensperiode (,,Treuhänderphase``) gestellt werden kann.
Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung können nicht nach dem Schlusstermin gestellt werden.
Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes
Der Versagungsantrag eines Gläubigers ist nur dann zulässig, wenn der Versagungsgrund vom Gläubiger glaubhaft gemacht worden ist. Die Glaubhaftmachung setzt zunächst voraus, dass ein Versagungsgrund vom Gläubiger schlüssig dargelegt wurde. Eine bloße Behauptung des Gläubigers im Schlusstermin, ein Versagungsgrund läge vor, ist nicht ausreichend. Zur Glaubhaftmachung kann sich der antragstellende Gläubiger nach § 4 InsO i.V.m. 294 ZPO aller präsenten Beweismittel bedienen und sich der Versicherung an Eides Statt bedienen. Eine Beweisaufnahme, welche nicht sofort erfolgen kann, ist dabei unzulässig (§ 294 II ZPO). Mittel zur Glaubhaftmachung kann beispielsweise die Vorlage von Urkunden sein. Hierzu gehören z.B. Kreditunterlagen, unterzeichnete Selbstauskünfte des Schuldners, Drittschuldnererklärungen, eidesstattliche Versicherungen, oder vom Schuldner unterzeichnete Aktenvermerke. Das Gericht ist weder berechtigt noch verpflichtet, ohne entsprechende Glaubhaftmachung Beweis über Tatsachen zu erheben, die der Gläubiger glaubhaft zu machen hat. Die Amtsermittlung nach § 5 InsO greift hier nicht. Es ist ausschließlich die Sache des Gläubigers, bis zum Schlusstermin die zur Glaubhaftmachung notwendigen Beweismittel beizubringen.
Beispiel:
Gläubiger Glatt behauptet, dass einer der Versagungsgründe aus § 290 I InsO vorliegen würde. Er kann dies aber nicht glaubhaft machen, da ihm jegliche Beweise fehlen. Da ein Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung vom Gläubiger glaubhaft gemacht werden muss, ist der Antrag von Herrn Glatt abzuweisen. Wird der Versagungsgrund auf eine unstreitige Tatsache gestützt, ist keine Glaubhaftmachung von Nöten. Hier tritt an die Stelle der Glaubhaftmachung eine schlüssige Darlegung.
Beispiel:
Gläubiger Glatt behauptet, einer der Versagungsgründe aus § 290 I InsO läge vor. Wenn diese Tatsache auch vom Schuldner nicht bestritten wird, so reicht eine schlüssige Darlegung aus. Eine Glaubhaftmachung durch Vorlage von Beweismitteln ist nicht nötig.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Restschuldbefreiung - Schuldenabbau durch Insolvenz (Chancen und Risiken der Restschuldbefreiung)" von Harald Brennecke und Markus Jauch, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-00-3, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-00-7.
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Über die Autoren:
Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
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