Die Grundzüge des WEG Verfahren – Teil 1
Die Grundzüge des WEG-Verfahren – Teil 1
Das Wohnungseigentumsverfahren (WEG-Verfahren) ist ein Verfahren der so genannten Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dennoch handelt es sich um ein echtes privatrechtliches Streitverfahren. Vorteile des Wohnungseigentumsverfahrens gegenüber dem normalen Zivilprozess liegen insbesondere in seiner Flexibilität, die sich darin zeigen, dass beispielsweise der Amtsermittlungsgrundsatz die Suche nach einer materiell richtigen Entscheidung erleichtert.
Zuständigkeitsbestimmungen und allgemeine Regelungen für das WEG-Verfahren sind in den $$ 44-50 WEG und im FGG enthalten. Darüber hinaus gelten die Bestimmungen der ZPO, soweit das WEG oder das FGG Sonderregelungen enthalten. Hier kommen insbesondere die Regelungen zur Streitverkündung, für das in WEG-Verfahren mögliche selbständige Beweisverfahren und dem ebenfalls in WEG-Verfahren möglichen Vollstreckungsgegenantrag.
a) Zuständigkeiten des § 43 Abs. 1 WEG
Die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit des WEG-Verfahrens ergibt sich aus § 43 Abs. 1 WEG. Es handelt sich dabei um eine so genannte ausschließliche Zuständigkeit; eventuelle Gerichtsstandsvereinbarungen sind für das Gericht nicht bindend.
Das örtlich zuständige WEG-Gericht ist in der ersten Instanz das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Wohnanlage befindet. Die sachliche Zuständigkeit des WEG-Gerichts ergibt sich im Wesentlichen aus ebenfalls aus § 43 Abs. 1 WEG. Danach ist es zuständig
- auf Antrag eines Wohnungseigentümer über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigen-tums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander mit Ausnahme der Ansprüche im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft(§ 17 WEG) und der Entziehung des Wohnungseigentums (§§ 18, 19 WEG),
- auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder des Verwalters über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,
- auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder Dritten über die Bestellung eines Verwalters im Falle des § 26 Abs. 3 WEG (Notverwalterbestellung),
- auf Antrag eines Wohnungseigentümers oder des Verwalters über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer.
Die Streitigkeiten vor dem WEG-Gericht umfassen somit alle Streitigkeiten, die in dem Gemeinschaftsverhältnis ihren Grund haben. Gibt es Zweifel, ob die Streitigkeit ihren Grund im Gemeinschaftsverhältnis hat, ist das WEG-Verfahren anzuwenden.
Praxishinweis: Nicht in den Bereich des WEG-Verfahrens fallen rein zivilrechtliche Streitigkeiten, deren Gegenstand nur zufällig eine Eigentumswohnung ist. Beispiele: Herausgabeklage gegen den unrechtmäßigen Besitzer einer Eigentumswohnung; Klagen der Wohnungseigentümer gegen Dritte, die nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft angehören, wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten über Konkurrenzverbote zwischen Teileigentümern von Gewerbeeinheiten.
Das Verfahren vor dem WEG-Gericht ist nach h.M. auch dann zulässig, wenn ehemalige Wohnungseigentümer beteiligt sind. Somit haben sowohl der Anspruch gegen den ausgeschiedenen Verwalter als auch gegen den Wohnungseigentümer, der der Gemeinschaft nicht mehr angehört, ihre Begründung im Gemeinschaftsverhältnis.
Praxishinweis: Mit der Feststellung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist sie mittlerweile auch parteifähig i. S. der §§ 50, 51, 56 ZPO. Dies jedoch nur, soweit sie „bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt (BGH, NJW 2005, 2061). Für einen Verfahrensantrag genügt nunmehr die Kurzbezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft; die Aufführung aller Wohnungseigentümer ist nicht mehr erforderlich.
b) Beschlussanfechtung gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG
Das am häufigsten vorkommende Verfahren ist das Beschlussanfechtungsverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG. Ziel dieses Verfahrens ist es, einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung für ungültig zu erklären.
Das Beschlussanfechtungsverfahren dient aber nur zur Überprüfung von Beschlüssen mit einem Regelungsgehalt. Deshalb hat ein Wohnungseigentümer oder der Verwalter bei so genannten Negativbeschlüssen, d.h. über einen Beschlussantrag wurde gar nicht abgestimmt oder er wurde mehrheitlich abgelehnt, nur dann ein so genanntes Rechtsschutzbedürfnis, wenn ihm ein Anspruch auf Beschlussfassung zusteht. Beispiel: Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung.
Der Antrag muss den konkreten Tagesordnungspunkt benennen, der für ungültig erklärt werden soll. Beispiel: Der Beschluss vom 10.10.2006 zu TOP 7 (Fassadensanierung) wird aufgehoben.
Die Anfechtungsfrist beträgt gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG einen Monat. Dabei kommt es nicht auf den Zugang des Protokolls an, sondern auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung. Nur in Ausnahmefällen kann bei Fristversäumnis ein so genannter Wiedereinsetzungsantrag helfen. Wichtig dabei ist, dass die Frist unverschuldet nicht eingehalten wurde.
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Stand: 11/2006
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