WEG Verfahren ab dem 01.07.2007 – 1. Teil: Zuständigkeit
WEG-Verfahren ab dem 01.07.2007 – 1. Teil: Zuständigkeit
Durch die WEG-Reform ist das gerichtliche Verfahren grundlegend verändert worden. Früher war das Wohnungseigentumsverfahren (WEG-Verfahren) ein Verfahren der so genannten Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Verfahrensregelungen befanden sich daher im WEG, FGG und der ZPO. Nach der ab dem 01.07.2007 geltenden Rechtslage werden alle Verfahren in Wohnungseigentumssachen unter Anwendung der ZPO im streitigen Zivilprozess geführt, egal ob diese aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ihrem Verhältnis zur teilrechtsfähigen Gemeinschaft oder aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten der Eigentümer untereinander und des Verwalters resultieren.
Zuständigkeiten
Im Zivilprozess unterscheidet man die örtliche und die sachliche Zuständigkeit des Gerichtes. Diese Unterscheidung wurde auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit getroffen.
Wie bereits vor der Reform des Wohnungseigentumsrechts ist im WEG ein Streitigkeitenkatalog enthalten, der für diese Streitigkeiten eine besondere örtliche und sachliche Zuständigkeit begründet.
Gemäß § 43 WEG n.F. ist nunmehr das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt ausschließlich zuständig für
- Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander (§ 43 Nr. 1 WEG n.F.);
- Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern (§ 43 Nr. 2 WEG n.F.);
- Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 43 Nr. 3 WEG n.F.);
- Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer (§ 43 Nr. 4 WEG n.F.);
- Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder gegen Wohnungseigentümer richten und sich auf das gemeinschaftliche Eigentum, seine Verwaltung oder das Sondereigentum beziehen (§ 43 Nr. 5 WEG n.F.);
- Mahnverfahren, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Antragstellerin ist. Insoweit ist § 689 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden (§ 43 Nr. 6 WEG n.F.).
Praxishinweis: Der § 43 WEG n.F. ist nach h.M. auch dann anwendbar, wenn ehemalige Wohnungseigentümer beteiligt sind. Somit haben Ansprüche gegen den ausgeschiedenen Verwalter als auch gegen den Wohnungseigentümer, der der Gemeinschaft nicht mehr angehört, ihre Begründung im Gemeinschaftsverhältnis.
Erstinstanzlich bleibt bei WEG-Streitigkeiten gemäß § 43 WEG n.F. wie früher das Gericht ausschließlich zuständig in dessen Bezirk das Gericht liegt.
Praxishinweis: Es handelt sich auch nach der Reform um eine ausschließliche Zuständigkeit, so dass die Parteien keine andere örtliche Zuständigkeit vereinbaren dürfen.
Nach der WEG-Reform wird im Einleitungssatz des § 43 WEG n.F. nicht mehr vom Amtsgericht, sondern vom Gericht gesprochen. Diese Veränderung beruht auf den Umstand, dass in der freiwilligen Gerichtsbarkeit immer das Amtsgericht sachlich zuständig war. Im Zivilprozess hingegen richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Dieses regelt den Aufbau, die Funktion und die sachliche Zuständigkeit des Gerichtes und bildet somit die Grundlage des Zivilprozessrechts. Das bedeutet:
- in den Fällen des § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG n.F. bleibt weiterhin das Amtsgericht sachlich zuständig gemäß § 23 Nr. 2 c GVG, da dieser die ausschließliche sachliche Zuständigkeit anordnet
- im Fall des § 43 Nr. 5 WEG n.F. ist die Frage der sachlichen Zuständigkeit streitwertabhängig, das heißt beträgt der Streitwert mehr als 5.000,- € ist das Landgericht sachlich zuständig. Für alle anderen Fälle ist das Amtsgericht sachlich zuständig. (vgl. §§ 23,71 GVG)
Beschlussanfechtung
Der in § 43 Nr. 4 WEG n.F. geregelte Fall ist einer der in der Praxis am häufigsten vorkommende Streitigkeit, nämlich der über die Gültigkeit von Beschlüssen.
Vor der WEG-Reform war die Beschlussanfechtung in § 23 Absatz 4 WEG a.F. geregelt. Nach der Überleitung des wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren in den Geltungsbereich der ZPO erfolgt die Anfechtung von Beschlüssen künftig mittels Anfechtungsklage gemäß § 46 WEG n.F.. Dadurch ergeben sich drei Erneuerungen zur bisherigen Rechtslage:
- die Beschlussanfechtung erfolgt mittels Klage, § 46 WEG n.F., bisher: :Antrag
- die Anfechtungsklage muss innerhalb einer Frist begründet werden, § 46 Absatz 1 Satz 2 WEG n.F:, bisher: keine Begründungsfrist
- das Gericht muss auf eine Beschlussnichtigkeit hinweisen, wenn der Kläger eine erkennbare Tatsache übersehen hat, aus der sich die Nichtigkeit des Beschlusses ergibt, § 46 Absatz 2 WEG n.F., bisher: Hinweispflicht ergab sich aus dem Amtsermittlungsgrundsatz ohne besondere Regelung
Die Anfechtungsfrist beträgt gemäß § 46 Absatz 1 Satz 2 WEG n.F. einen Monat. Dabei kommt es nicht auf den Zugang des Protokolls an, sondern auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung. Neu eingefügt wurde die Pflicht des Klägers die Klage innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung die Klage begründen. Das heißt neben die Einlegungsfrist ist nunmehr auch eine Begründungsfrist getreten.
Praxishinweis: Nur in Ausnahmefällen kann bei Fristversäumnis ein so genannter Wiedereinsetzungsantrag helfen. Wichtig dabei ist, dass die Frist unverschuldet nicht eingehalten wurde.
Durch die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten wird das Beschlussanfechtungsverfahren rechtshängig. Die Rechtshängigkeit berührt die Gültigkeit des Beschlusses zunächst nicht. Das heißt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Gültigkeit des Beschlusses entfaltet dieser seine derzeitige Wirksamkeit.
Praxishinweis: Droht im konkreten Einzelfall durch die vorläufige Gültigkeit des Beschlusses die Gefahr das vollendete Tatsachen geschaffen werden besteht die Möglichkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren die Aussetzung der Vollziehung zu beantragen.
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