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Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 02 – Erfüllung der Wartezeit


Herausgeber / Autor(-en):
Anna Martyna Werchracki
wissenschaftliche Mitarbeiterin


1.2 Versicherungsrechtliche Voraussetzungen

1.2.1 Erfüllung der allgemeinen Wartezeit

Als allgemeine Wartezeit wird die Dauer bezeichnet, während der der Betroffene vor Eintritt der Erwerbsminderung bereits versichert gewesen sein muss, um Anspruch auf eine EM-Rente zu haben. Die Dauer der allgemeinen Wartezeit ist in § 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI geregelt und beträgt fünf Jahre, also 60 Kalendermonate. Ist diese Wartezeit einmal erfüllt, dann gilt sie auch für die Zukunft. Bereits nachgewiesene Zeiten verfallen nicht.

Die allgemeine Wartezeit wird nach §§ 51ff SGB VI erfüllt durch:

  • Beitragszeiten (Pflichtbeitragszeiten) – Dazu zählen unter bestimmten Voraussetzungen auch Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II (01.01.2005-31.12.2010), Krankengeld, Übergangsgeld, Zeiten der Kindererziehung, Zeiten nicht gewerblicher häuslicher Pflege sowie freiwillige Beitragszeiten
  • Ersatzzeiten wie beispielsweise Kriegsdienst, Flucht oder politische Verfolgung in der ehemaligen DDR
  • Zeiten aus einem Versorgungsausgleich bei Scheidung
  • Zeiten aus Zuschlägen für einen „Mini-Job“ (450-Euro-Job)
  • Zeiten aus einem Rentensplitting unter Ehegatten
  • Nach europäischem Recht auch Versicherungszeiten bei einem ausländischen Versicherungsträger innerhalb der EU2, oder einem Staat mit dem ein Sozialversicherungsabkommen besteht (Bsp. Türkei oder Schweiz)

      Beispiel
Die Sekretärin S startet am 01.06.2001 ins Berufsleben und zahlt reguläre Sozialversicherungsabgaben. Am 01.08.2005 gibt S ihre Anstellung jedoch auf, um ihren schwer kranken Vater zu pflegen. Dieser verstirbt zum 15.09.2006. Da S in der Zwischenzeit geheiratet hat und ihr Mann sehr gut verdient, geht S nach dem Tod ihres Vaters keiner weiteren Beschäftigung mehr nach. Die allgemeine Wartezeit für die Erwerbsminderungsrente hatte S zum 01.06.2006 erfüllt.

1.2.2 Vorzeitige Erfüllung der Wartezeit

Der Rentenversicherungsschutz kann in bestimmten Fällen auch dann greifen, wenn die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren noch nicht erfüllt wurde. Dadurch sollen gerade auch Berufseinsteiger vor dem Risiko Lohnausfall durch Unfall oder Krankheit abgesichert werden. Die Wartezeit gilt auch dann als erfüllt, wenn eines der folgenden Ereignisse eintritt:

  • Arbeitsunfall oder Berufskrankheit (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI), wenn zum Zeitpunkt des Eintritts ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis besteht und bereits mindestens ein Beitrag an die Rentenversicherung abgeführt worden ist, oder in den letzen zwei Jahren vor dem Ereignis mindestens ein Jahr lang Pflichtbeiträge geleistet worden sind
  • Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung (§ 53 Abs. 1 Nr. 2,3 SGB VI), wenn bereits mindestens ein Beitrag an die Rentenversicherung abgeführt wurde
  • Politischer Gewahrsam (§ 53 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI)
  • Volle Erwerbsminderung vor dem Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung der Ausbildung eintritt und in den letzen zwei Jahren mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung geleistet worden sind. Dieser zweijährige Zeitraum verlängert sich um die Zeit in der nach dem 17. Lebensjahr eine versicherungsfreie schulische Ausbildung ausgeübt worden ist, allerdings nur bis zu sieben Jahren.

      Beispiel
Die Abiturientin A arbeitet nach erfolgreichem Abschluss ihrer Schulausbildung vom 01.08.2002-30.09.2003 als Verkäuferin im Modegeschäft ihrer Mutter und führt mit ihrem Lohn reguläre Sozialversicherungsbeiträge ab. Ab dem 01.10.2003 beginnt sie ein Studium des Modedesigns und schließt auch dieses erfolgreich zum 30.09.2006 ab. Nach ihrem Abschluss ist A jedoch erstmal lange Zeit arbeitslos und verzweifelt auf der Suche nach einem Arbeitsplatz. Zum 01.08.2008 nimmt A deswegen eine Stelle als Verkäuferin in einer Edelboutique an. Leider wird A nur wenige Tage danach in einen schweren Autounfall verwickelt und ist danach voll erwerbsgemindert. In den zwei Jahren vor dem Autounfall hat sie keine Beiträge an die Sozialversicherung entrichtet. A werden jedoch die drei Jahre Studium angerechnet. Da A also insgesamt in den letzen fünf Jahren über ein Jahr einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, hat sie auch Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.


 

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Herausgeber / Autor(-en):
Anna Martyna Werchracki
wissenschaftliche Mitarbeiterin


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2013


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