DAS INSOLVENZGELD FÜR ARBEITNEHMER - EINE EINFÜHRUNG
I. Insolvenzgeld
Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Dieses gleicht das ausgefallene Netto-Arbeitsentgelt aus. Darunter können unter Umständen auch gewisse Sonderzahlungen, wie z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld fallen. Der Eröffnung der Insolvenz gleichgestellt sind die Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse, sowie die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse auch nicht in Betracht kommt.
Einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen auch ausländische Insolvenzereignisse. Der Anspruch steht jedoch nur Arbeitnehmern zu, die im Inland beschäftigt waren. Hierzu zählen auch die Arbeitnehmer, die unter Weitergeltung des deutschen Sozial-versicherungsrechts vorübergehend im Ausland waren. Besteht bzgl. der Arbeitnehmereigenschaft Zweifel, wie z.B. bei geschäftsführenden Gesell-schaftern mit maßgeblichem Einfluss auf die Gesellschaft, sollte der beim Arbeitsamt erhältliche "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlicher Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH" ausgefüllt werden.
II. Maßgeblicher Zeitraum für das Insolvenzgeld
Insolvenzgeld wird nur für den Lohn gezahlt, der aus den letzten drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Arbeitsverhältnis aussteht. Wurde das Arbeitsverhältnis bereits vor dem Insolvenzereignis beendet, umfasst der Insolvenzgeld-Zeitraum die letzten drei Monate. Es zählt dabei nicht der Zeitpunkt der Fälligkeit der Lohnauszahlung (z.B. der 15. des Folgemonats als Lohnauszahlungszeitpunkt), sondern der Zeitraum der Tätigkeit, in der der Lohn verdient wird. Für Arbeitszeitguthaben, die für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung angespart wurden, gilt die Besonderheit, dass hierfür das rückständige Arbeitsentgelt als Insolvenzgeld beansprucht werden kann, das dem Arbeitnehmer nach der arbeitsvertraglichen Entgeltregelung für den Zeitraum zu zahlen gewesen wäre.III. Gesamtsozialversicherungsbeiträge
Neben dem Insolvenzgeld zahlt das Arbeitsamt auch auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) die für den Insolvenzgeld-Zeitraum rückständige Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie die Beiträge zur Arbeitsförderung.
IV. Antragstellung und Auszahlung des Insolvenzgeld
Einen Antragsvordruck auf Zahlung von Insolvenzgeld erhalten Arbeitnehmer bei jedem Ar-beitsamt. Es wird empfohlen, die Antragsunterlagen persönlich bei dem Arbeitsamt abzugeben. Das ist in der Regel das Arbeitsamt, in dessen Bezirk der Arbeitgeber seine Lohnabrechnungsstelle hat. Der Antrag wird zudem von allen anderen Sozialleistungsträgern und allen Gemeinden entge-gengenommen. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des In-solvenzverfahrens zu stellen. Bestehen Schwierigkeiten bzgl. der Feststellung der Entscheidung des Insolvenzgerichts oder den Tag festzustellen an dem der Betrieb seine Tätigkeit vollständig beendet hat, sollte der Arbeitnehmer vorsorglich Insolvenzgeld beantragen. Dadurch kann die Versäumung der Aus-schlussfrist vermieden werden. Die Bearbeitung des Insolvenzantrages setzt zudem eine vom Insolvenzverwalter bzw. vom Arbeitgeber ausgestellte Insolvenzgeldbescheinigung voraus. Sie wird vom Arbeitsamt an-gefordert. Auf Antrag kann ein Vorschuss auf Insolvenzgeld gewährt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die Höhe des Arbeitsentgeltes sowie die Dauer und der Umfang des rückständigen Arbeitsentgeltes durch die letzte vollständige Arbeitsentgeltabrechnung nachgewiesen wird. Zusätzlich wird eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers oder des Insolvenzverwalters angefordert, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt schuldet. Der Vorschuss wird auf das Insolvenzgeld angerechnet. Überbezahlte Leistungen müssen an das Arbeitsamt zurückbezahlt werden. Es wird den Arbeitnehmern empfohlen Vorschussanträge nur dann zu beantragen, wenn sie dringend darauf angewiesen sind, da Vorschussanträge die Bearbeitung der Insolvenzgeldanträge verzögern können. Die beantragten Leistungen werden bargeldlos überwiesen.
V. Zustimmung des Arbeitsamtes zur Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte
Um einerseits arbeitsplatzerhaltende Sanierungen durch eine Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte zu ermöglichen, aber andererseits eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Insolvenzgeld-Versicherung zu vermeiden, besteht ein Insolvenzgeldanspruch aus einem vor dem Insolvenzereignis zu Vorfinanzierung übertragenen oder verpfändetet Anspruch auf Arbeitsentgelt nur dann, wenn das Arbeitsamt der Übertragung oder Verpfändung zugestimmt hat. Die individuelle Vorfinanzierung zugunsten einzelner Arbeitnehmer wird hiervon dagegen nicht tangiert. Sie können daher individuell ihre Ansprüche auf Arbeitsentgelt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch ohne Zustimmung durch das Arbeitsamt vorfinanzieren lassen. Die Banken gewähren eine Vorfinanzierung meistens in der Form, dass der Dispokredit des Girokontos erhöht wird, unter gleichzeitiger Abtretung des Anspruches auf Insolvenzgeldzahlung an die Bank.
VI. Steuerliche Behandlung von Insolvenzgeld
Der Bezug von Insolvenzgeld ist steuerfrei. Das Insolvenzgeld wird jedoch bei der Ermitt-lung des Steuersatzes berücksichtigt, dem das übrige steuerpflichtige Einkommen des Arbeit-nehmers unterliegt. Hierbei wird der Betrag herangezogen, den der Arbeitnehmer vom Arbeitsamt erhalten hat. In der Einkommenssteuererklärung ist daher der Betrag, der im Bewilligungsbescheid bescheinigt wird, anzugeben und die entsprechende Bescheinigung beizufügen.
VII. Insolvenzgeld für Dritte
War das rückständige Arbeitsentgelt im Zeitpunkt des Antrages auf Insolvenzgeld gepfändet oder verpfändet, kann das Insolvenzgeld vom Arbeitnehmer oder auch vom Pfandgläubiger beantragt werden. Es wird aber in beiden Fällen nur an den Pfandgläubiger ausbezahlt. Anträge Dritter sind ebenfalls innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses zu stellen.
VIII. Arbeitslosengeld neben Insolvenzgeld
Als weiteren Anspruch können Arbeitnehmer neben dem Insolvenzgeld Arbeitslosengeld be-antragen Die Gewährung von Arbeitslosengeld ist unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis gekündigt, Insolvenzantrag gestellt oder das Insolvenzverfahren bereits eröffnet worden ist. Wenn das Arbeitsverhältnis ohne Arbeitsleistung und ohne Lohnzahlung fortbesteht, können Arbeitnehmer trotzdem Arbeitslosengeld beziehen.
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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Guido-Friedrich Weiler
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