Umfang der Auskunftsobliegenheit nach dem Versicherungsfall
Schließt ein Versicherungsnehmer mit einem Versicherer einen Vertrag, so muss er bei den Vertragsverhandlungen alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzeigen (Fußnote). Z.B. muss er beim Abschluss einer Krankenversicherung bereits vorhandene Krankheiten angeben. Diese Anzeigepflicht wird auch Anzeigeobliegenheit genannt. Neben der Anzeigeobliegenheit gibt es noch weitere Obliegenheiten, z.B. Mitteilungs- und Aufklärungsobliegenheiten. Obliegenheiten sind keine Rechtspflichten, die bei Nichterfüllung einklagbar sind oder zu Schadensersatzansprüchen führen. Eine Verletzung einer Obliegenheit kann aber dazu führen, dass der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz verliert. Obliegenheiten begründen für den Versicherungsnehmer also Verhaltenspflichten, die er erfüllen sollte, um seinen Anspruch auf Versicherungsschutz zu sichern. Obliegenheiten des Versicherungsnehmers sind nicht nur vor, sondern auch nach Abschluss des Versicherungsvertrages zu beachten. Sie können sich sowohl aus dem Gesetz als auch aus dem Versicherungsvertrag ergeben. Eine gesetzliche Pflicht ist z.B. die Pflicht, den Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen (Fußnote). Vertragliche Obliegenheiten können z.B. bei einer Wohngebäudeversicherung darin bestehen, dass Gebäude instand zu halten und bestimmte Sicherungsvorschriften einzuhalten. In der Entscheidung des BGH vom 16.11.2005-IV ZR 307/04 ging es um die Frage, in welchem Umfang der Versicherungsnehmer bei einer vertraglich vereinbarten Auskunftsobliegenheit (Fußnote) verpflichtet ist, dem Versicherer Auskunft zu erteilen. Nach Ansicht des BGH bestimmt sich der Umfang der Auskunftspflicht nach Art, Reichweite und Sinn der dem Versicherungsnehmer gestellten Fragen. Der Versicherer soll durch die Auskunft des Versicherungsnehmers in die Lage versetzt werden, Ursache und Umfang des Schadens ermitteln zu können, damit er prüfen kann, ob er den Schaden übernehmen muss. Der Versicherungsnehmer hat daher auf Nachfrage des Versicherers auch solche Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu offenbaren, die dazu führen, dass der Versicherer den Schaden nicht übernehmen muss. Dazu können auch Fragen nach den Vermögensverhältnissen des Versicherungsnehmers gehören, weil sich daraus für den Versicherer Anhaltspunkte für eine genauere Untersuchung des Schadenseintritts ergeben könnten. Z.B. könnte ein hoch verschuldeter Versicherungsnehmer den Schaden absichtlich herbeigeführt haben, um die Versicherungssumme zu erhalten. Grundsätzlich ist es demnach Sache der Versicherung, welche Angaben sie zur Ermittlung für erforderlich hält. In der oben zitierten Entscheidung des BGH ging es weiter um die Frage, ob bei einer Mehrheit von Versicherungsnehmern (Fußnote) die Verletzung einer Obliegenheit durch den einen Versicherungsnehmer dem anderen Versicherungsnehmer zugerechnet werden kann. Nach Ansicht des BGH kann eine Zurechnung dann erfolgen, wenn alle Versicherungsnehmer ein gemeinschaftliches, gleichgerichtetes und ungeteiltes Interesse am Erhalt der versicherten Sache haben und sich die Versicherung auf ein einheitliches Risiko bezieht. Sind z.B. Ehemann und Ehefrau Miteigentümer eines Wohngebäudes und unterhalten gemeinsam eine Wohngebäudeversicherung, so wirkt das Verhalten des einen Ehepartners für und gegen den anderen Ehepartner. Eine Obliegenheitsverletzung wird somit dem anderen Versicherungsnehmer zugerechnet.
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Stand: Juli 2006
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