Unternehmensanleihen - mündelsicher ?
Die Finanzkrise hatte – neben vielem anderem – zur Folge, dass Geldanlagen heute im Hinblick auf die Sicherheit des Kapitals kritischer betrachtet werden als vor dem September 2008. Tatsache ist aber auch, dass sowohl private wie institutionelle Anleger auf der Suche nach attraktiven Möglichkeiten sind, ihre Gelder anzulegen.
Unternehmensanleihen mit Verzinsungen, die zum Teil erheblich über den mit anderen Anlageformen liegen, sind dabei in letzter Zeit zunehmend in den Fokus der Kapitalanleger geraten. Auch aus Unternehmenssicht kann eine Anleihe eine sinnvolle Art der (teilweisen) Unternehmensfinanzierung darstellen.
I. Rechtsnatur von Unternehmensanleihen
Unternehmensanleihen gibt es in vielen verschiedenen Ausgestaltungen. Der klassische – und einfache Fall – einer Unternehmensanleihe sieht folgender Maßen aus:
Der Anleger stellt dem Unternehmen eine bestimmte Kapitalsumme für begrenzte oder unbegrenzte Zeit zur Verfügung – er „kauft“ eine Unternehmensanleihe. Für diese „Zur-Verfügung-Stellung“ erhält er in vorher festgelegten Zeitabständen (z.B. einmal jährlich) Zinszahlungen. Die Höhe der Zahlungen, also der Zinssatz, ist meist festgeschrieben. Am Ende der Laufzeit der Anleihe erhält der Anleger sein Kapital in voller Höhe zurück.
Um es einmal anders auszudrücken: Der Kapitalgeber stellt dem Unternehmen ein verzinsliches Darlehen zu Verfügung.
II. Risiken einer Unternehmensanleihe
Verdeutlicht man sich, dass es sich im Grunde um einen Kredit handelt, der dem Unternehmen nicht von einer Bank, sondern von den Erwerbern der Anleihe zur Verfügung gestellt wird, erschließen sich die Risiken relativ schnell.
Die Zinszahlungen muss das Unternehmen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erwirtschaften. Gelingt das nicht, kann es vorkommen, dass Zinszahlungen verspätet oder gar nicht erfolgen. Das schmälert naturgemäß die Rendite. Für den Anleger ist es jedoch noch schlimmer, wenn das Unternehmen am Ende der Laufzeit der Anleihe nicht in der Lage ist, diese (vollständig) zurück zu zahlen. Das Emissionsrisiko trägt also allein der Anleger. Unternehmensanleihen sind nicht durch Einlagensicherungsfonds oder ähnliche Einrichtungen abgesichert. Allerdings können auch Unternehmensanleihen – wie klassische Kredite – besichert sein, z.B. mit Grundschulden oder Hypotheken an Immobilien besitz des Unternehmens.
III. „mündelsichere“ Unternehmensanleihen ?
Nach den eben aufgezeigten Risiken ist es auf den ersten Blick verwunderlich, dass es Unternehmensanleihen gibt, die sich als „mündelsicher“ bezeichnen dürfen.
a) Mündelsicherheit nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Nach dem BGB darf ein Vormund das Vermögen seines Mündels nur so anlegen, dass das Kapital nicht in Gefahr gerät. Das gilt auch für Betreuer und ggf. für Testaments- und Vermögensverwalter.
Gemäß § 1807 BGB kann Mündelgeld wie folgt angelegt werden:
• 1.in Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder in sicheren Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken;
• 2.in verbrieften Forderungen gegen den Bund oder ein Land sowie in Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind;
• 3.in verbrieften Forderungen, deren Verzinsung vom Bund oder einem Land gewährleistet ist;
• 4.in Wertpapieren, insbesondere Pfandbriefen, sowie in verbrieften Forderungen jeder Art gegen eine inländische kommunale Körperschaft oder die Kreditanstalt einer solchen Körperschaft, sofern die Wertpapiere oder die Forderungen von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind;
• 5.bei einer inländischen öffentlichen Sparkasse, wenn sie von der zuständigen Behörde des Landes, in welchem sie ihren Sitz hat, zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt ist, oder bei einem anderen Kreditinstitut, das einer für die Anlage ausreichenden Sicherungseinrichtung angehört
b) sichere Hypothek
Für Unternehmensanleihen kommt insoweit nur die Nr. 1 in Betracht. Dabei stellt sich naturgemäß die Frage, was „sicher“ im Sinne des Gesetzes bedeutet.
Abs. 2 des § 1807 verweist auf die Landesgesetze. Soweit einschlägige Regelungen bestehen, wird für die Mündelsicherheit eines Grundpfandrechts zumeist verlangt, dass es innerhalb der ersten Hälfte oder der Ersten sechs Zehntel des Grundstückswertes (Verkehrswertes, gemeinen Werts) liegt. Wenn keine landesrechtliche Regelung besteht (so etwa Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein), liegt es nahe, sich an dieser Grenze zu orientieren.
c) Einzelfallentscheidung
Sollte die Anleihe diese Kriterien nicht erfüllen, gibt es noch die Möglichkeit, eine Einzelfallentscheidung nach § 1811 BGB herbei zu führen. Danach kann das Familiengericht dem Vormund eine andere Anlegung als die in § 1807 BGB vorgeschriebene gestatten. Die Erlaubnis soll nur verweigert werden, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen würde.
Diesen Weg sind bereits einige Unternehmen gegangen, um die Mündelsicherheit im Einzelfall u.a. für Hypthekenanleihen feststellen zu lassen.
Eine solche Einzelfallentscheidung kann jedoch nicht abstrakt herbeigeführt werden. Man muss einen Vormund, einen Betreuer oder auch einen Testamentsvollstrecker finden, der für sein Mündel bzw. Betreuten beim zuständigen Familiengericht den Antrag stellt, die jeweilige Unternehmensanleihe als mündelsichere Anleihe zu genehmigen. Ob das Gericht diesem Antrag stattgibt, ist eine Ermessensentscheidung. Dabei wird es u.a. auch in die Entscheidung mit einbeziehen, wie die Entwicklung und die Sicherheit der Anleihe einzuschätzen ist. Da die wenigsten Rechtspfleger, die in diesen Angelegenheiten zuständig sind, über eigene Sachkunde zu diesem Thema verfügen dürften, ist damit zu rechnen, dass Sachverständigengutachten eingeholt werden.
Wird dann die Mündelsicherheit „bescheinigt“ hat der Anleger jedenfalls die Gewissheit, dass sich kundige Sachverständige auch mit der wirtschaftlichen Seite der Anleihe beschäftigt haben.
IV. Fazit
Wird eine Unternehmensanleihe für mündelsicher erklärt, bedeutet das für das Unternehmen sicher ein gewichtiges Verkaufsargument und für den Kapitalgeber immerhin die Gewissheit, dass sich ein unabhängiger, von einem Gericht bestellter Sachverständiger mit der Anleihe befasst hat.
Umgekehrt heißt das aber nicht, dass sich das Unternehmen damit von jedweder Haftung z.B. aus dem Verkaufsprospekt „freikaufen“ kann oder der Anleger so ohne weiteres davon ausgehen kann, dass sein Kapital tatsächlich zu 100 % sicher ist. Beide – Unternehmer und Anleger – sollten auf anwaltliche Beratung in Zusammenhang mit Unternehmensanleihen nicht verzichten.
Dieser Beitrag ist der Zeitschrift „, Mittelstand und Recht“ Ausgabe I / 2011 entnommen.
Kontakt: kontakt@fasp.de
Stand: Mai 2011
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