Pfändungsschutz privater Altersvorsorge Teil II: Schutzbereich des § 851 c ZPO - Altersrenten
Die frühere Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer und der selbständigen Gewerbetreibenden wurde durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge Selbständiger aufgehoben. Auf Grundlage dessen sind auch Kapitallebens- und Rentenversicherungen Selbständiger unter bestimmten Voraussetzungen vor Gläubigerzugriffen und Pfändungen geschützt.
Die Regelungen des § 851 c ZPO sollen einen Pfändungsschutz für die gebräuchlichsten privaten Altersvorsorge, die Kapitallebens- und die Rentenversicherungsverträge bieten. Der Anwendungsbereich des § 851c ZPO ist aber nicht auf diese Verträge beschränkt;
auch andere Arten von Vorsorgeverträgen, etwa Bank- oder Fondssparpläne, können unter die Vorschrift fallen. Nach § 851c I ZPO können die Ansprüche auf die laufenden Leistungen, die dem Schuldner auf der Grundlage eines die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllenden Vorsorgevertrags zustehen, nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Der Pfändungsschutz privater Altersvorsorge ist lediglich dann sicher ausgestaltet, wenn sich der Schutzbereich auch auf das Deckungskapital des Versicherungsvertrages erstreckt. Dieser Schutz des Vorsorgevermögens wird durch § 851c Abs. 2 ZPO garantiert. So entsteht die Möglichkeit, bei regelmäßiger Beitragszahlung mit Vollendung des 67. Lebensjahres eine Rente zu erwirtschaften, die in etwa der Pfändungsfreigrenze gleichsteht.
Durch den Pfändungsschutz wird dem Vollstreckungsgläubiger der Zugriff auf Vermögen des Schuldners entzogen. Dies ist nur gerechtfertigt, wenn der Schuldner das Vermögen für die Existenzsicherung im Alter benötigt, ausschließlich zu diesem Zweck angelegt hat und auch nur hierfür verwenden kann.
Um dem Pfändungsschutz zu unterliegen, müssen die Verträge daher gemäß § 851 c ZPO folgende Voraussetzungen erfüllen:
Ansprüche auf Leistungen, die auf Grund von Verträgen gewährt werden, dürfen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn
- die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird,
- über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf,
- die Bestimmung von Dritten mit Ausnehme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und
- die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde.
Eine Beschränkung des Befriedigungsrechts der Vollstreckungsgläubiger soll nur auf das Vermögen erfolgen, welches der Schuldner endgültig und unwiderruflich für seine Altersvorsorge angelegt hat. Aus diesem Grund muss der Versicherungsvertrag nach § 851c I Nr. 1 ZPO vorsehen, dass der Schuldner Leistungen aus dem Vertrag erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres oder Eintritt der Berufsunfähigkeit beanspruchen kann. Die Leistung darf nur in Form von periodischen lebenslangen Rentenzahlungen erbracht werden. Ein Kapitalwahlrecht ist unzulässig. Die Zahlung einer Kapitalleistung im Erlebensfall muss nach § 851c I Nr. 4 ZPO ausgeschlossen sein. Nur für den Fall des Todes des Versicherungsnehmers darf gem. § 851c I Nr. 4 ZPO eine - dann an dessen Erben zu erbringende - Kapitalzahlung vereinbart werden.
§ 851c I Nr. 2 ZPO bestimmt weiter, dass über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf. Weder hinsichtlich der Rentenansprüche noch der Ansprüche, die sich auf das Deckungskapital beziehen. Es muss sowohl die Abtretung oder Verpfändung von Ansprüchen an Dritte ausgeschlossen sein, als auch die vorzeitige Kündigung des Vertrags. Folglich können die Verträge nicht als Sicherungsmittel für Kredite oder durch Kündigung vor Eintritt des Versorgungsfalls für einen frei stehenden Zweck verwendet werden.
Pfändungsschutz ist nur für Verträge gerechtfertigt, die der Versorgung des Schuldners selbst oder aber seiner Hinterbliebenen dienen. Es dürfen im Vertrag gem. § 851c I Nr. 3 ZPO außer dem Schuldner nur Hinterbliebene, nicht aber sonstige Dritte als Bezugsberechtigte bestimmt werden. Eine Bezugsberechtigung darf nur für den Todesfall eingeräumt werden. Problematisch ist, dass der Personenkreis der Hinterbliebenen in § 851c I ZPO nicht näher bestimmt wird. In jedem Fall unterliegen Ehegatte, Kinder und die Pflegekinder des Schuldners diesem Personenkreis. Wird hingegen einem Lebensgefährten die Bezugsberechtigung eingeräumt, entfällt der Pfändungsschutz (BGH NJW 2012, 678 Rn.10).
Ansprüche auf Leistungen, die auf Grund eines die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllenden Vorsorgevertrags gewährt werden, dürfen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Die Bestimmungen der §§ 850a bis 850i ZPO und vor allem die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO finden auch auf Rentenansprüche aus privaten Vorsorgeverträgen Anwendung. Sofern der Schuldner neben den vertraglichen Rentenzahlungen noch Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bezieht oder er ein zusätzliches Arbeitseinkommen hat, sind zur Ermittlung des pfändbaren Betrags gem. § 851c Absatz 3 in Verbindung mit § 850e Nrn. 2, 2a ZPO sämtliche Einkünfte auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers zusammenzurechnen. Die Vorschrift des § 850k ZPO ist auch auf Einkünfte im Sinne des § 851c I ZPO anwendbar.
Abgesehen von der regelmäßigen Zahlungen im Rentenalter muss auch die dafür notwendige Ansparleistung vor der Vollstreckung der Gläubiger geschützt werden. Das wird dadurch gewährleistet, dass bis zu einer Summer von 256.000 € insgesamt, jährliche Ansparsummen nicht gepfändet werden dürfen. Die Höhe der jährlichen Freigrenze hängt vom Alter ab.
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Entfaltung des Pfändungsschutzes ist das kumulative Vorliegen aller Voraussetzungen des § 851c Abs.1 ZPO im Zeitpunkt der Pfändung beziehungsweise der Insolvenzeröffnung.
Für Versicherungsverträge, die die obigen Voraussetzungen nicht erfüllen, öffnet § 167 VVG die Möglichkeit einer Umwandlung in einen vor Pfändung geschützten Vertrag. Der Versicherungsnehmer hat das Recht jederzeit die Umwandlung seiner Versicherung, in eine den Kriterien des § 851 c Abs. 1 ZPO angepasste Versicherung zu verlangen. Die Kosten für die Umwandlung gehen zulasten des Versicherungsnehmers. Hierbei muss der Beginn des Pfändungsschutzes beachtet werden. Im Interesse der Gläubigerrechte, der Rechtssicherheit und dem Schutz vor Missbrauch wurde vom Bundesgerichtshof festgestellt, dass sämtliche in § 851 c ZPO geregelten Voraussetzungen zwingend im Zeitpunkt der Pfändung vorliegen müssen (BGH IV ZR 223/15). Dies gilt auch bei vorangegangenem Umwandlungsverlangen. § 167 VVG schafft folglich kein Gestaltungsrecht.
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