Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft – Ein Überblick über die Auswirkungen auf die Praxis – 2. Beschlussanfechtung, Verwalterstellung und Forderungen
Dies ist die Fortsetzung des Artikels Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft - Ein Überblick über die Auswirkungen auf die Praxis - 1. Beginn, Umfang und Haftung
3. Beschlussanfechtung
Der BGH hat zwar entschieden, dass die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt ist, sich aber nicht nur auf Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im Außenverhältnis erstreckt, sondern von der Teilrechtsfähigkeit auch im Innenverhältnis jedenfalls dann auszugehen ist, wenn es beispielsweise um die Verfolgung von Beitrags- und Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer geht. Die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen betrifft dagegen nicht den Rechtsverkehr der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern ausschließlich die Willensbildung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie bleibt eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen mit der Folge, dass sich ein Beschlussanfechtungsantrag gegen die "übrigen Wohnungseigentümer" als Antragsgegner richtet. Dies gilt auch dann, wenn durch die Beschlussfassung überhaupt erst die Rechtsgrundlagen geschaffen werden, damit die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter als Organ am Rechtsverkehr teilnehmen kann. Insofern richtet sich auch eine Beschlussanfechtung in Angelegenheiten mit Außenwirkung nicht auf den rechtsgeschäftlichen Verkehr der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Folge, dass Antragsgegner im Beschlussanfechtungsverfahren nicht die Wohnungseigen-tümergemeinschaft ist, sondern stets die übrigen Wohnungseigentümer.
4. Die Verwalterstellung
Im Rechtsverkehr handelt die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiger "Verband" durch den Verwalter. Soweit der Verwalter nicht kraft Gesetzes als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft zu deren Vertretung berechtigt ist, werden seine Kompetenzen durch die der Wohnungseigentümer ergänzt. Sie bevollmächtigen ihn bzw. fassen die Beschlüsse, deren Durchführung dem Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG obliegt. Auch nach Feststellung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bleibt es grundsätzlich dabei, dass Grundlage des Verwalterhandels auch im Rahmen der organschaftlichen Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtsverkehr immer eine entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung bleibt. Neben seiner Organstellung für die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband ist der Verwalter im Übrigen im Einzelfall berechtigt, Individualansprüche der Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG gerichtlich geltend zu machen und insoweit auch einen Anwalt zu beauftragen.
5. Geltendmachung von Forderungen/Ansprüchen der Wohnungseigentümer
Nach bisher herrschender Rechtsauffassung wurden die Wohnungseigentümer als Gläubiger von Forderungen gegen Miteigentümer angesehen, die durch rechtswirksame Beschlüsse über Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung oder Sonderumlagen begründet wurden. Antragsteller bei gerichtlicher Geltendmachung von Hausgeldforderungen waren folglich alle Eigentümer mit Ausnahme des in An-spruch genommenen säumigen Wohnungseigentümers. Die jetzt der Wohnungseigentümergemeinschaft vom BGH zuerkannte Teilrechtsfähigkeit führt dazu, dass nicht mehr die Wohnungs-eigentümer, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft als Partei und Beteiligte im Verfahren gemäß § 43 WEG analog § 50 ZPO anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn es um die Geltendmachung von Forderungen und Verbindlichkeiten geht, die das Ver-waltungsvermögen der Gemeinschaft betreffen. Die Teilnahme am Rechtsverkehr beschränkt sich nämlich nicht nur auf das Außen-verhältnis, sondern umfasst auch die Geltendmachung und Verfolgung von Beitrags- und Schadensersatzansprüchen im Innenverhält-nis, also gegen die einzelnen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft. Nach der BGH-Entscheidung zur Teilrechtsfähigkeit stehen Ansprüche im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht den Wohnungseigentümern zu. Deshalb sind Forderungen grundsätzlich von der Gemeinschaft geltend zu machen, vertreten durch den Verwalter als Organ, ohne dass es dazu der besonderen Bevollmächtigung gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG bedarf. Ungeachtet dessen sind aber auch einzelne oder mehrere Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft prozessführungsbefugt und können Ansprüche aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geltend machen, wenn sie zuvor durch einen Mehrheits-beschluss ermächtigt worden sind. Die Ermächtigung selbst braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen, vielmehr kann sie sich auch aus dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens ergeben.
Wird fortgesetzt in Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft – Ein Überblick über die Auswirkungen auf die Praxis – 3. Grundbuchfähigkeit, Insolvenzfähigkeit und Gerichtsverfahren
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