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Steuerrechtliche Aspekte in der Insolvenz, Teil 1: 2.1. Die steuerliche Rechtsstellung der Beteiligten - Der endgültige Insolvenzverwalter

Da der Schuldner weiterhin auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Steuersubjekt bleibt, ist der Insolvenzverwalter weder Steuerpflichtiger noch Steuerschuldner. Mit Übergang des Verwaltung- und Verfügungsrechts nach § 80 InsO obliegt ihm aber auch die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten des Schuldners, § 34 Abs. 3 AO.

Der Insolvenzverwalter erbringt im Rahmen seiner vermögensverwaltenden Tätigkeit gegenüber dem Schuldner eine steuerbare und in der Regel auch steuerpflichtige sonstige Leistung. In diesem Zusammenhang ist er somit selbst Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.

Die Verpflichtungen des Insolvenzverwalters umfassen insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen nach § 149 Abs. 1 AO in Bezug auf sämtliche Steuerarten. Der Insolvenzverwalter hat sich hierbei nicht nur auf die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Steuerforderungen zu konzentrieren. Vielmehr hat er auch die Steuererklärungen für die Zeit vor Insolvenzeröffnung zu berücksichtigen, die der Schuldner bisher noch nicht abgegeben hat. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass der Insolvenzverwalter bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch die Geschäftsbücher des Schuldners in Besitz zu nehmen hat und es diesem daher so nicht mehr möglich ist, Steuererklärungen zu erstellen und abzugeben.

Aus diesem Grund obliegt dem Insolvenzverwalter auch die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht, was ausdrücklich in § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO normiert ist. Hierbei hat er die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung im Sinne der §§ 238, 243 HGB zu beachten. Wie auch die Verpflichtung der Abgabe der Steuererklärungen für den Schuldner besteht, hat der Insolvenzverwalter die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten auch für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erfüllen. Diese Pflicht besteht parallel zu der Pflicht nach § 153 InsO, auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Vermögensübersicht zu erstellen. Die steuerrechtlichen Pflichten bleiben daher auch bei Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten bestehen. Dies folgt aus der unterschiedlichen Zwecksetzung beider Pflichten und wird daher auch in § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO explizit zum Ausdruck gebracht.

Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Personengesellschaft, ist der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nach den § 179ff. AO abzugeben. Grund dafür ist, dass der Insolvenzverwalter nur diejenigen Pflichten zu erfüllen hat, die auch der Schuldner ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erfüllen hätte. Die Folgen einer einheitlichen Gewinnfeststellung treffen jedoch die Gesellschafter persönlich. Abgabepflichtig sind daher die Liquidatoren der Gesellschaft und nicht der Insolvenzverwalter. Die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung für die Personengesellschaft bleibt davon aber unberührt.

Einen weiteren wesentlichen Punkt bildet in diesem Zusammenhang die Haftung des Insolvenzverwalters. Denn der Insolvenzverwalter unterliegt sowohl der steuerrechtlichen Haftung nach § 69 AO als auch der insolvenzrechtlichen Haftung nach § 60 InsO. Beide Rechtsgrundlagen stehen unabhängig nebeneinander und schließen sich nicht gegenseitig aus. Denn nach § 60 Abs. 1 InsO ist er allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach der Insolvenzordnung auferlegt werden. Diese Vorschrift greift daher nicht ein, soweit es um die Verletzung steuerrechtlicher Vorschriften geht. In diesen Fällen ist die Haftung nach § 69 AO vorrangig.

Steuerlich haftet der Insolvenzverwalter nach § 69 AO bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten, wenn infolge dessen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Gegen den Insolvenzverwalter kann dann ein Haftungsbescheid nach § 191 Abs. 1 AO erlassen werden.

Während die Haftung nach § 69 AO an enge Voraussetzungen geknüpft ist, bestimmt § 60 InsO einen größeren Umfang der Haftung des Insolvenzverwalters. Denn hier haftet er für alle nur denkbaren Verletzungen der Pflichten, die mit seinem Amt als Insolvenzverwalter einhergehen. Mangels Anwendbarkeit des § 191 AO kann die Haftung nach § 60 InsO nur durch eine Klage im Zivilverfahren gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Kommt dementsprechend der Insolvenzverwalter den ihn treffenden steuerlichen Pflichten nicht oder nicht fristgemäß nach, so können gegen ihn Zwangsmittel nach §§ 328f. AO oder Verspätungszuschläge nach § 152 AO festgesetzt werden. Entrichtet er festgesetzte Steuern zu spät, entstehen kraft Gesetzes Säumniszuschläge nach § 240 AO, bei denen es sich um Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handelt.


 

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Stand: 03/2010


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Normen: § 34 AO; § 69 AO; § 149 AO; § 179 AO; § 238 HGB; § 243 HGB; § 60 InsO; § 153 InsO; § 155 InsO

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